Schon längere Zeit war es um seine Gesundheit nicht gut bestellt. Dennoch reiste er noch einmal in seine alte schlesische Heimat. Auf der Rückreise nach Berlin, wo er gewöhnlich die Winter verbrachte, erkrankte er wieder und trotz ärztlicher Behandlung verstarb er am 09. Januar 1801. Nach seiner Überführung nach Dieskau wurde er am 18. Januar hier „im hiesigen Erbbegräbnis bis auf den linken Bestuhl über der Erde im 2ten Bogen in der Mitte des Gewölbes an der Wand“ in der Kirche St. Anna beigesetzt: Carl Christoph von Hoffmann, uns bekannt als der Auftraggeber für die Anlage des Dieskauer Parks und Kanzler der alten Friedrichs-Universität in Halle. (1)
Nicht zuletzt auch durch seine Funktion als Kammerdirektor des Prinzen Heinrich von Preußen, dem Bruder Friedrich II., ist wohl mit Recht die Auffassung zu vertreten, dass von Hoffmann in Preußen zur gesellschaftlichen Elite zu zählen war. Durch sein Studium an der Universität in Halle und durch die väterliche Arbeit als Wirtschaftshauptmann auf verschiedenen Gütern im Schlesischen angeregt sowie ausgedehnte Reisen nach Italien und in die Schweiz vermochte sich Hoffmann ein fundiertes Wissen auf dem Gebiet der Wirtschaftsführung anzueignen, was ihm bei der Leitung seines Dieskauer Gutes natürlich sehr zum Nutzen war! Neuen Ideen in der Wirtschaft soll er durchaus offen gegenüber gestanden haben. Angedeutet wird in der Forschung so zum Beispiel, dass von Hoffmann auf seinem Gut erste Versuche zur Zuckergewinnung aus Runkelrüben durchgeführt haben soll. (2) Denkbar ist es auf jeden Fall, da gerade gegen Ende des 18.Jahrhunderts durch einen Sklavenaufstand in Santo Domingo, dem damals größten Produzenten von Rohrzucker, Lieferschwierigkeiten von Rohrzucker nach Europa auftraten und dadurch verstärkt nach Alternativen zur Zuckerherstellung gesucht wurden. Auf immer mehr Gutshöfen wurde experimentiert, warum also nicht auch in Dieskau? Zumindest konnte auf eine Verfügung des preußischen Königs vom 04. Dezember 1799 Bezug genommen werden: „dass die Syrup- und Rohzucker-Bereitung aus Runkelrüben ein freyes Gewerbe und selbst den Bewohnern des platten Landes in dem Maaße gestattet seyen soll, dass jedem vergönnt ist, nicht nur sein eigen Bedarf sich zu versorgen und zuzubereiten, sondern auch das, was darüber verfertigt, in die Städte zu bringen.“ (3)
Was ebenfalls wenig bekannt ist, dass der Herr Gutsbesitzer in Dieskau eine Spinn- und Strickschule für die Kinder einrichtete, in der er Wolle seiner Schafe und den Flachs seiner Felder zugleich verarbeiten lassen konnte – gleichsam eine Art pädagogische Maßnahme gegen den Müßiggang mit Aussicht auf Gewinnmaximierung seiner Wirtschaft! (4) Unabhängig davon lobten Zeitgenossen von Hoffmanns Einsatz für eine solide Schulbildung der Dieskauer Jugend. (5)
Erwies sich Hoffmann so durchaus als findiger Unternehmer auf seinem Gut und kluger Förderer in der Gemeinde, sah er sich als Kanzler der Universität nicht allein als deren wirtschaftlicher Verwalter. Auch wenn seine Kanzlerschaft lediglich vier Jahre betrug (1786-1790), hinterließ er doch deutliche Spuren, die bis in die Gegenwart ausstrahlen. Nicht ganz unschuldig wird wohl daran sein alter Studienkollege Karl Abraham von Zedlitz, der spätere preußische Justiz- und Kultusminister, gewesen sein. Kaum war Hoffmann vom preußischen König Friedrich Wilhelm II. 1786 zum Geheimrat und Kanzler berufen, wurde er wenige Wochen später in den Adelsstand erhoben und von von Zedlitz 1787 in sein Amt eingeführt. (Heute würde wohl jener rasante Aufstieg sicherlich gleich von den Medien hinterfragt werden….)
Von Zedlitz war es ebenfalls, der dem Kanzler Carl Gotthard Langhans, den Erbauer des Brandenburger Tores, für den Bau der Sternwarte 1787/88 im Botanischen Garten der Universität vermittelte. Überhaupt schien der Ausbau des Botanischen Gartens eine Herzensangelegenheit des Kanzlers gewesen zu sein, genauso wie die dort errichtete Sternwarte. (6) Von Hoffmann nutzte auch sogleich die Gelegenheit und ließ seinen Festsaal im Dieskauer Schloss von Langhans dekorieren! (7)
Von Hoffmann wäre nicht von Hoffmann, wenn er nicht gleichfalls auf die studentische Ausbildung geschaut hätte. Und hier regte ihn auf, „dass sich unter den jungen Leuten, welche die Universität besuchen, beständig eine nicht geringe Anzahl von Subjekten befindet, die nicht allein in den gelehrten Sprachen, sondern auch in den übrigen noch wichtigeren Kenntnissen, die sie von der Schule mitbringen sollten, so unwissend sind, dass ihre Unwissenheit bald Mitleid, bald Widerwillen erregen muss.“ Von Hoffmann war zwar nicht der einzige kritische Beobachter des Bildungsgeschehens, der sich über den mangelhaften Bildungsstand zukünftiger Studenten beschwerte, aber durch seine Verbindung zu seinem alten Studienkollegen und –freund von Zedlitz darf durchaus angenommen werden, dass seinem Wort besonderes Gewicht zukam. Auf jeden Fall fiel sein Schreiben von 1787 an die preußische Kultusverwaltung unter von Zedlitz auf fruchtbaren Boden. Jener erließ am 23. Dezember 1788 im Namen Königs das „Reglement für die Prüfung an den Gelehrten Schulen“, das den Zugang zur Universität regeln sollte. So heißt es darin: “Es ist daher beschlossen worden, dass künftig alle von öffentlichen Schulen zur Universität abgehenden Jünglinge schon vorher auf der von ihnen besuchten Schule öffentlich geprüft werden und nachher ein detailliertes Zeugnis über ihre bei der Prüfung befundene Reife oder Unreife zur Universität erhalten sollen.“ (8) Mit diesem „Reglement“ wurde Preußen zum Vorreiter für alle deutschen Länder im damaligen Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation! Allerdings blieb es vorerst bei einem Versuch, denn durch die massiven Proteste der adligen und bürgerlichen Elternschaft scheute die Regierung zurück. Es sei „keineswegs beabsichtigt, die bürgerliche Freiheit zu beschränken, dass nicht jedem Vater frei stehen sollte, einen unreifen Jüngling zur Universität zu schicken“, hieß es dann kleinlaut in einer Veröffentlichung. (9) Das Geld entschied also weiterhin über den Eintritt in die Universität und nicht der Verstand. Zumindest aber erhielten Vertreter ärmerer Bevölkerungsschichten durch ein Abitur wenigstens die Möglichkeit, ein Stipendium zu beantragen, um ebenfalls an einer Universität aufgenommen zu werden. Ganz abgesehen davon, blieben natürlich die Universitäten für die weibliche Jugend verschlossen. Dennoch! Die kritischen Stimmen verantwortungsvoller Männer wurden während des 19.Jahrhunderts vielfältig wieder aufgegriffen und schließlich in zahlreichen Reformen umgesetzt. Sie initiierten einen Prozess, der selbst heute wohl noch nicht abgeschlossen ist, wenn man die verschiedenen Abiturregeln in unseren 16 Bundesländern betrachtet!
Liebe Leserinnen und Leser, meine Ausführungen zu Carl Christoph von Hoffmann erheben selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollen lediglich den Blick lenken auf einen vielseitig interessierten und aktiven Mann, einen Mann, der sich nicht allein auf die Schaffung eines verwunschenen Parks in unserer Gemeinde eingrenzen lässt. Was mich allerdings nicht daran hindert, Sie gerade zu einem Spaziergang in diesen Park zu ermuntern.
| Literatur: | |
| (1) | nach Schaaf, Karl, Dieskau – Eine Chronik, Rottweil a.N./Dieskau 1975, Manuskript Bd. 1 S.76 |
| (2) | Schaal, Dirk, Rübenzuckerindustrie und regionale Industrialisierung, Münster, 2005, S.82 |
| (3) | nach ebd., S.26 |
| (4) | vgl. Kertscher, Hans-Joachim, Der vierte hallische Universitätskanzler Carl Christoph von Hoffmann, MLU Halle-Wittenberg, 2003, S.22 |
| (5) | vgl.ebd., S. 21 |
| (6) | vgl. ebd., S. 28 |
| (7) | https://de.m.wikipedia.org/wiki/Schloss_Dieskau (21.11.2023) |
| (8) | nach https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag8052.html (08.11.2023), S. 1 |
| (9) | ebd., S.1/2 |