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Amtsblatt der Gemeinde Kabelsketal mit den Ortsteilen
Ausgabe 3/2025
Ortschaft Gröbers
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185 Jahre Eisenbahn in Gröbers – Fortsetzung

Im Jahr 1849 wurde, 10 Jahre nach Aufnahme des Eisenbahnverkehrs, eine erste, sehr positive Bilanz gezogen. Nicht nur für die Entwicklung des Streckennetzes in den deutschen Ländern, sondern auch für Europa.

Im Hallischen. Patriot. Wochenblatt - 51. Stück. - von 1849 (S. 1889 – 1892) konnte man dazu den folgenden Artikel lesen:

Deutschlands Eisenbahnen.

Ein Aufsatz in der „Europa" veranschaulicht in übersichtlicher Weise, wieweit sich die Eisenbahnen, diese Ergebnisse des bürgerlichen Fleißes auf deutschem Boden, erstrecken. Folgendes wird für die Leser des Wochenblatts von Interesse sein.

Die Deutschen können sich in Beziehung auf die Eisenbahnen England und Amerika an die Seite stellen, Frankreich sind sie sogar voraus; wiewohl es ihnen keineswegs so leicht gemacht war, Einheit und Zusammenhang in die Schienenwege zu bringen, als den Franzosen. Für Frankreich ist es ein einfaches Verhältniß, daß Paris in Allem den Mittelpunkt macht: dorthin also, wo alle Strahlen ein - und auslaufen, haben auch die Eisenbahnen zu münden. Für uns Deutsche, denen ein Paris fehlt, mußten Wien, Frankfurt, Köln, Hannover, Magdeburg, Hamburg, Berlin, Leipig solche Knotenpunkte werden, sollte ihr Bau dem Verkehr und bürgerlichen Geschäftsgange entsprechen. (Es gehören zu diesen Knotenpunkten auch Augsburg, Basel, Aachen, Bamberg, Halle, Dresden und demnächst Lüneburg. H a l l e und L e i p z i g zusammen werden den H a u p t k n o t e n p u n k t des deutschen Eisenbahnwesens bilden. Durch die natürlichen Verhältnisse des Landes und Terrains sind auch einige andere unbedeutendere Orte gehoben oder werden allmälig groß gezogen, wie Wittenberg und Wittenberge, Lauenburg oder Boizenburg, Carlshafen und Minden an der Weser, noch andere verdanken ihr Aufblühen willkührlichen Entschlüssen, wie Lehrte, Cöthen, Kohlfurt (Zwischen Dresden und Breslau).

Wir haben jetzt in Deutschland 850 Meilen Eisenbahnen, 540 Meilen allein in Norddeutschland, darunter 326 Meilen in Preußen. In Süddeutschland wird man, sind die begonnenen Bauten vollendet, bald 310 Meilen geschiente Wege zählen können. 280 Meilen sind in Deutschland jetzt Staatsbahnen; 41 Aktiengesellschaften bauten und verwalten die übrigen Strecken. Ist die hessische Bahn vollendet, so werden die deutschen Bahnen mit den belgischen und französischen dergestalt ineinander greifen, daß sie mit denselben ein zusammenhängendes Netz bilden. Die europäischen Westpunkte Tours, Havre, Dieppe, Boulogne, Ostende, Antwerpen sind mit dem Osten Europas bis Krakau, Posen, Stettin, Kiel und Rendsburg direct in Verbindung gesetzt.

Von Norden nach Süden stellen sich in Deutschland drei große Eisenbahnlinien fest.

1) Eine Verbindung der Ostseehäfen mit dem adriatischen Meere, so daß Stettin durch Berlin, Frankfurt a. d. O., Breslau und Wien mit Trieft verbunden sein wird, sobald die Strecken von Laibach bis Triest, über den Sömmering und von Dresden bis Prag vollendet sind. Natürlich wird auch die Nordsee mit dem adriatischen Meere dadurch verbunden.

2) Neben dieser östlichen Bahn von Norden nach Süden läuft durch Mitteldeutschland eine zweite Nordsüdbahn, deren einer Knotenpunkt Magdeburg ist, von wo seit Anfang Juli jetzt über Wittenberge der Schienenweg nach Hamburg eröffnet wurde. Eine Hauptader in diesem Verkehr ist die Linie von Leipzig nach Lindau durch Baiern; doch fehlt in ihr noch die Strecke von Plauen bis Rechenbach (die Ueberbrückung des Gölzschthals bietet bedeutende Schwierigkeiten), und die Strecke von Kaufbeuern bis an den Bodensee.

3) Die dritte Linie von Norden nach Süden geht durch das Rheinthal, mit Dampf theils zu Lande, theils zu Wasser die Niederlande mit der Schweiz verbindend. Von Köln gelangt man in 12 Stunden nach den belgischen Häfen. Die Verbindung mit Holland fehlt noch. Von deutschen Hafenstädten liegen nur noch Danzig und Lübeck außerhalb des Eisenbahnnetzes.

Von Westen nach Osten.

1) Durch die Köln - Mindener Bahn wird die Rheinthallinie mit der mitteldeutschen und mit der ostdeutschen in Verbindung gebracht. Diese von Westen nach Osten durch Norddeutschland streichende Bahn geht vom Rheinlande durch Westphalen, Hannover, Braunschweig nach Magdeburg, Berlin, Stettin und Posen. Die bezweckte große preußische Ostbahn, welche Königsberg mit Deutschland in Conner bringen soll, fehlt noch zur Vollendung dieser großen norddeutschen Bahn, die den Osten mit dem Westen verbindet.

2) Mitteldeutschland von Westen nach Osten durchschneidend läuft eine zweite Eisenbahnlinie von Mainz und Frankfurt durch Hessen und Thüringen nach Leipzig, Dresden, Bautzen, Görlitz, in die schlesische Bahn mündend, die den Verkehr der norddeutschen und süddeutschen Küstenländer, die Nord- und Ostsee mit dem adriatischen Meere vermittelt. Aus der alten Meßstraße zwischen Frankfurt und Leipzig fehlt noch das Stück von Hanau über Kassel nach Eisenach.

3) In Süddeutschland ist ein Schienenweg von Westen nach Osten erst noch im Beginnen. Die würtembergische Bahn (von Heilbronn bis Göppingen) soll sich der badischen anschließen.

Baiern ist noch sehr zurück im Eisenbahnverkehr; König Ludwig hatte andere Dinge zu bauen. München und Augsburg sind verbunden, schon länger Nürnberg und Fürth. Liegt es wirklich im Interesse Baierns, sich an Oesterreich, statt an den deutschen Zollverein anzuschließen, so thäte ihm eine Bahn noth, welche München der Kaiserstadt näher brächte.

Die rasante Entwicklung des Eisenbahnverkehrs in Europa wurde durch nationale Interessen und auch Kriege immer wieder unterbrochen. Auch die Strecke Halle – Leipzig war da mitten drin und davon betroffen. Ein herber Rückschlag war der Rückbau des 2. Gleises und der Oberleitungen im Zuge der Reparationsleistungen an die Sowjetunion.

Diese Technik wurde in die Sowjetunion gebracht und dazu auch noch die E-Lokomotiven. Dort „verrotteten“ sie.

Über ein Regierungsabkommen wurde eine Rückführung geregelt.

Die Lokomotiven kehrten im Januar 1953 zurück, allerdings in einem derart schlechten Zustand, dass sich die ursprünglich geplante Instandsetzung von 40 Lokomotiven erheblich verzögerte. Auf der Strecke Halle – Köthen wurde dann1955 der Betrieb aufgenommen.

Der erste Zug mit einer E-Lok rollte in Dezember 1958 durch den Bahnhof Gröbers. Den haben wir als Schulklasse (48 Kinder und eine Lehrerin), vom Mühlweg aus winkend, begrüßt.

Der Wiederbeginn der Deutschen Reichsbahn in der DDR war also schwer und er gelang. Die Strecke Halle – Leipzig war eine der zentralen und wichtigsten für den Personenverkehr und besonders auch den Güterverkehr. Die Bahn hatte hier einen Anteil von 77%. Es waren 102 Personenzüge und sicher ebenso viele Güterzüge, die täglich durch den Bahnhof Gröbers rollten.

Nach dem 1990 für uns die Grenzen gefallen waren, zeichnete sich eine weitere Etappe ab. Im Jahr 1996 stellten die Projektmanager der Bahn im Gemeinderat Gröbers das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8 (VDE 8) vor und erläuterten den ICE-Knoten Gröbers. Das VDE 8 sollte ein Teil der schnellen Verbindung von Berlin nach Verona werden. Der Knoten Gröbers war ein Knackpunkt, weil die Schnellfahrstrecke über den Altbergbau führt, eine besondere und sehr anspruchsvolle Herausforderung im Bahnbau. Die aufwendigen Bauarbeiten begannen im März 1997. Mit der Eröffnung des Tunnels im August 2003 war ein wesentlicher Teilabschnitt fertiggestellt.

Im Dezember 2015 wurde die ICE-Trasse Leipzig – Erfurt dann feierlich eröffnet und die nach Nürnberg 2017. Das Gesamtvorhaben, eine schnelle Eisenbahnverbindung Berlin – Rom – Palermo, wurde zu einem EU-Projekt. Dieses ist in einigen Abschnitten gut vorangekommen. Der Brennertunnel ist im Bau und soll 2032 in Betrieb gehen. Nur in Bayern klemmt es mal wieder. Die Streckenführung von München bis zum Brennertunnel ist noch nicht einmal endgültig festgelegt.

Aber von Gröbers kommt man über Leipzig und Frankfurt in 8 Stunden schon mal nach Paris, ohne lästige Grenzkontrollen. Und dazu rauscht man im ICE mit 240 km/h in 10 Sekunden über den Knoten Gröbers.

Von der Eröffnung der Strecke Halle - Leipzig 1840 bis zum Bau der ICE- Trasse hat es am Bahnhof Gröbers viele Veränderungen gegeben. Um diese soll es am Heimatabend am 14.3.2025 gehen.

Eckhart Nietzschmann