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Heidenauer Journal - Amtsblatt und Stadtzeitung der Stadt Heidenau
Ausgabe 18/2023
Das Leben in Heidenau
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Ein irdisches Paradies – Graf Wackerbarths Gartenanlage in Großsedlitz

Reichsgraf von Wackerbarth als Generalfeldmarschall des Kurfürstentums Sachsen, nach 1705, gemeinfrei,

Johann Alexander Thiele: Ansicht auf Schloss Großsedlitz und Obere Orangerie von Süden, 1723, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=17365092

Ansicht der Oberen Orangerie

Luftbild des Barockgartens Großsedlitz von Osten, gemeinfrei,

Als irdisches Paradies hat er es zwar nicht bezeichnet, doch nach eigenen Worten schätzte es Graf Wackerbarth an seinem Bauvorhaben auf dem Lande in Großsedlitz, dass er sich vom Tagesgeschäft entfernen und später mit „aufgemuntertem Gemüt“ dorthin zurückkehren konnte. Fernab der Residenzstadt und ihrer begrenzenden Mauern dachte und plante er in großem Stil – im Hinblick auf die gesamte Anlage und auch bezüglich seiner Passion für das Sammeln von Orangeriepflanzen.

Die spätbarocke Großsedlitzer Gartenanlage wurde nie vollendet, jedoch auch nicht zerstört oder grundlegend umgestaltet. Den besonderen Reiz der Anlage bilden das stark modellierte Gelände mit seinen Terrassen, Stützmauern und Treppen, die Kaskaden und Wasserspiele sowie der alte Pflanzenbestand der Hecken und Bosketts, die langen Sichtachsen sowie die Vielzahl der Gartenskulpturen aus Sandstein. In den großen Zügen, der Terrassierung der Anlage, der Verteilung der Gebäude, der allgemeinen Aufteilung der Gartenräume, den großen Achsen, geht die Gestaltung auf die erste Anlage unter Graf Wackerbarth (1662-1734) zurück, der 1719 mit der Planung beginnen ließ. Auf einer Hochfläche, rund 90 Meter über der Elbe gelegen, bot ein natürliches Tal mit seinen gegenüberliegenden Hängen den ungewöhnlichen Baugrund. Die Anlage vereint Gedanken am Hang gelegener italienischer Gärten mit Prinzipien französischer Gärten, die meist in die Ebene ausgebreitet sind und mit ihren Achsen in die Weite zielen. Zum Vergleich kann man in Sachsen die Anlage von Lichtenwalde (Niederwiesa) bei Chemnitz besuchen, deren Garten jedoch erst nach 1730 entstand und nicht diese weiträumigen Achsenbezüge hat.

Graf Wackerbarth ließ 1719/20 sein Schloss am Ende der Zufahrtsallee durch das Dorf Großsedlitz errichten. Auf ungewöhnliche Weise öffnete sich die dreiflügelige Anlage zum Garten hin. Die Planung sah vor, dass die Symmetrieachse des Gartens durch das Schloss verlaufen sollte, so dass die heutige Gartenanlage nur die östliche Hälfte der Gesamtanlage dargestellt hätte. Zu beiden Seiten des Schlosses waren langgestreckte Gebäude geplant, zwei repräsentative Orangeriebauten. Der Bezug gebende Schlossbau, der bereits im Juni 1720 feierlich eingeweiht wurde, ist heute nicht mehr vorhanden, so dass die Anlage kein Zentrum besitzt. Nach Verfall und Abriss wurde 1872–74 nur der Ostflügel, das sogenannte Friedrichschlösschen, in neubarocken Formen wieder errichtet, 1967–70 in Anlehnung an den ursprünglichen Zustand erneuert. Zusammen mit der einen ausgeführten oberen Orangerie bestimmt das Friedrichschlösschen heute das obere Parterre, von hier greifen die Gartenachsen in die Landschaft aus.

Das Gelände wurde mit umfangreichen Erdarbeiten gestaltet. Aufgrund der Höhenlage des Gartens war es diffizil, die Fontänen und Kaskaden mit Wasser zu versorgen. Zu diesem Zweck wurde ab 1724 an der westlich der Anlage fließenden Müglitz eine Wasserkunst gebaut, mit der das Wasser 60 Meter gehoben und weiter über eine Strecke von 1700 Metern in ein Reservoir hinter der Oberen Orangerie gepumpt werden konnte. Von hier aus sorgte ein verzweigtes Leitungsnetz für die Speisung der Fontänen und Kaskaden.

Statt eines Schlosses dominieren heute zwei große, repräsentative Orangeriegebäude im Großsedlitzer Garten. Während die Obere Orangerie als einziges Gebäude aus der ersten Gartenplanung original erhalten blieb, wurde die Untere Orangerie unter August dem Starken erheblich vergrößert und mehrfach umgestaltet. Doch stammen beide im Grundsatz aus der ersten Gartenplanung unter Wackerbarth.

Förderverein Freundeskreis Barockgarten Großsedlitz e.V.