Modelldiorama im Maßstab 1/87 Plagwitzer Windmühle
Modellübergabe von Rainer Dierchen mit Werner und Inga Guder
Modellübergabe von Werner Guder (links) an Robert Zawadzki in Polen
Seit 2019 schreibt Herr Werner Guder Artikel über das Boberhaus in Lwowek Slaski/Polen.
Von Beginn des Modell-Nachbaus des Original Boberhauses an bis zur anschließenden Übergabe des fertigen Modells "Boberhaus-Diorama" Anfang 2021 an den dem Städtepartnerschaftsverein Heidenau e.V. verbundenen Heimatverein im polnischen Lwowek Slaski (LTR) durften ihn die Leser dabei begleiten und zahlreiche historische Fakten erfahren.
Mit seiner akribischen Recherchearbeit zum Boberhaus und dessen Menschen sowie weiteren Modellprojekten mit Bezug auf die Geschichte im Großraum Löwenberg/ehemals Schlesien, entstanden aus seiner Hand geschriebene sehr interessante Aufsätze und Vorträge, die großen Anklang bei den Medien in Sachsen und der Region Lwowek Slaski/Polen gefunden haben. Aus der Zusammenarbeit des Städtepartnerschaftsverein Heidenau e.V. mit dem LTR in Polen entstand eine länderübergreifende Zusammenarbeit beim Modellprojekt "Boberhaus“ mit persönlichen Freundschaften und Visionen, die bis heute anhalten.
In Würdigung der Arbeit von Werner Guder habe ich ein Modelldiorama mit Bezug auf die Region Löwenberg in dreifacher Ausführung gebaut: die historische Windmühle von Plagwitz, oberhalb vom Fluss Bober und der Stadt Löwenberg gelegen. Am 12.09.2025 habe ich zusammen mit meinem Freund Dieter Schulz (der das Boberhaus in 3D konstruiert und sein Sohn Roy in 3D gedruckt hat) das Plagwitzer Windmühlendiorama in zweifacher Ausführung bei einer genüsslichen Kaffeerunde dem Ehepaar Guder als Geschenk übergeben.
Werner Guder hielt mit dem Diorama ein Stück Erinnerung an die Heimat seiner Eltern im Maßstab 1/87 in den Händen, seine Freude darüber kann man mit Worten nicht beschreiben.
Das zweite Diorama war gut in einem Karton verpackt, um die Reise nach Polen als Geschenk für unseren Freund beim LTR, Herrn Robert Zawadzki, unbeschadet zu überstehen. Das Ehepaar Guder trat am 17.09.25 persönlich die Reise nach Polen mit dem PKW an und nachmittags kam ein Foto aus Polen bei mir an, das den Moment der Übergabe des Dioramas an Robert Zawadzki zeigt. So ist aus einem Modellprojekt des Städtepartnerschaftsvereins Heidenau e.V. im Jahr 2019 eine lange und gute Freundschaft über die Ländergrenze hinweg entstanden.
Im Ergebnis des Mühlenprojektes hat Werner Guder zur Geschichte der Plagwitzer Windmühle umfassend recherchiert und seine gewonnenen interessanten Fakten in einem kleinen Aufsatz zusammengetragen, der hier nachfolgend abgedruckt ist.
1756 brach der Siebenjährige Krieg, auch dritter Schlesischer Krieg genannt, aus, in den alle europäischen Großmächte verwickelt waren und mit dem das Königreich Preußen den Habsburgern das Schlesierland endgültig für sich abrang. Im selben Jahr errichtete ein Bauer aus Ludwigsdorf dank der „Concession“ des Königs Friedrich II. auf einer Plagwitzer Anhöhe nahe des Bober und der Löwenberger Stadttore - später wird diese Erhöhung „Windmühlenberg“ heißen - eine Bockwindmühle.
Sie ist so beschaffen, dass sie ihre Flügel nach der Windrichtung auszurichten vermag. Diese Neuerung ist nicht nur für die Plagwitzer Bevölkerung eine bedeutende Erleichterung, sondern auch für umliegende Dörfer. Dennoch: Der Bau einer weiteren Windmühle wie die in Plagwitz war keine schlesische Besonderheit mehr - insgesamt wurden sie auf annähernd fünfhundert geschätzt - und konnte somit keine historische Bedeutung erlangen.
Diese trat erst 1813 mit den unerbittlichen Befreiungskriegen der von Blücher geführten Preußisch-Russischen Armee gegen das Heer Napoleons ein. So kam es am 29. August 1813 im direkten Umfeld der Plagwitzer Windmühle zur letzten Schlacht, in deren Folge Schlesien endgültig von den gehassten Franzosen befreit wurde, begünstigt von heftigen Regenfällen und vom Hochwasser des Bober.
Generalfeldmarschall Blücher hielt sich mehrfach an der Windmühle auf, um die Truppenbewegungen im Blick zu behalten und eindeutige militärstrategische Befehle erteilen zu können. Diese schwerwiegenden Handlungen und die Dankbarkeit der schlesischen Einwohnerschaft sind oft und ausführlich erörtert worden, insbesondere die Schlacht an der Katzbach, die Schlacht von Plagwitz, das Verlegen des preußischen Hauptquartiers, an dessen Spitze Generalfeldmarschall von Gneisenau stand (er hatte Jahre zuvor in der Garnison Löwenberg als Sekundarleutnant gedient) von Holstein nach Löwenberg, das endgültige Vertreiben der Franzosen über den Queis, seinerzeit die westliche Grenze Schlesiens, der abendliche Gottesdienst am 1. September 1813 in der evangelischen Kirche zu Löwenberg mit in der Reformationszeit geschaffenem Choral „Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen...“ Wohl gemerkt sind es tiefgreifende Ereignisse, die sich innerhalb acht Tagen und Nächten vollzogen haben, „unsere“ historische Mühle von Plagwitz dabei, inmitten der heftigen Gefechte mit wenig Schäden davongekommen und seitdem als Denkmal geltend. Haben wir somit zur Mühle schon alles gesagt? Nein, ihr Schicksal und das ihres arbeitsamen Besitzers Knappe 102 Jahre später ist unbeschreiblich und dramatisch:
In der Nacht des 10. Juni 1905 brannte plötzlich ein Wirtschaftsgebäude auf dem Plagwitzer Windmühlenberg, dessen Flammen rasch auf die Windmühle überschlugen, so dass diese total niederbrannte. Am Morgen danach fand man den verkohlten Leichnam des betagten, angesehenen und wohlhabenden Mühlenbesitzers Knappe, neben sich einen ausgebrannten Revolver, den er immer als Schutz bei sich hatte, denn er war nachts allein in der Müllerstube (Feise genannt, die eigentlich den Gesellen galt).
Der Tod des Müllers Wilhelm Knappe bewegte ganz Schlesien; es wurden Vermutungen zu Tathergang, Täter und Motiven geäußert. Der Chef des Berliner Königlich-Preußischen Polizei-Präsidiums erteilte Kriminalkommissar Wehn, sich des Falles anzunehmen, den Tod eines Menschen und das totale Niederbrennen dieser „uralten“ Windmühle (sie war zu diesem Zeitpunkt lediglich 149 Jahre alt) zu untersuchen. Wie ein Nachbar bald dem Kommissar berichtete, habe ihm Walter Knappe erzählt, dass in der zurückliegenden Nacht (9. Juni 1905) ein Einbruch über das brüchige Mühlendach verübt worden war, aber erfolglos endete. In der Folgenacht war dann das Fenster eingeschlagen worden; Müller Knappe wurde im Bett erstickt. Diese grausame Tat wurde wenige Wochen nach Arbeitsbeginn des neuen Gesellen August Sternickel mit seinen Komplizen Lorenz und Walter Pietsch verübt. Über Sternickel war dem Kriminalkommissar Wehn längst bekannt, dass dieser kein redlicher Mensch war und landauf, landab steckbrieflich gesucht wurde. Immer war er auf der Flucht und trug nie - gleich wo er war - Papiere bei sich. Immer fand er irgendwo Unterschlupf. In Braunschweig erkannte ihn zwar die Gendarmerie, doch der Mörder war wiederum schneller. Die Zeit ging ins Land, weitere Verbrechen mit Sternickels „Handschrift“ kamen hinzu, schließlich auch in Ortwig bei Letschin im Oderbruch.
Dort war er gegenüber Gutsbesitzern - acht Jahre nach dem Mord an Müller Knappe in Plagwitz - ähnlich vorgegangen und hatte sich somit verraten. Einen papiernen Ausweis hatte er auch hier nicht dabei, jedoch seinen verkrüppelten Finger wie im Steckbrief deutlich formuliert. Die Handschellen schnappten nun zu, und am 30. Juli 1913 wurde Sternickel nach Gerichtsentscheid auf dem Hof des Gerichtsgefängnisses Potsdam erschossen.
Wilhelm Knappe ist auf „seinem“ Windmühlenberg nordwestlich des Sauerborn ein Gedenkstein mit Inschrift gesetzt worden. Offen bleibt, ob es diese gewesen sein könnte: „Man bricht des Mörders Glieder! Allein die Tat ist schon verübt!“. Dieser Gedenkstein ging vollkommen zu Bruch am Ende des Zweiten Weltkrieges. Auf Ansichtskarten ist er platziert. Noch habe ich keine Idee für das Beibringen der historischen Schriftzüge.
(bearbeiteter Text des Gerhard Dresler, früher Friedeberg am Queis, um 1940)