Grundsteinlegung Rathaus Mügeln
Rathaus Dresdner Straße 1911
Beim Umbau des 100 Jahre alten Gebäudes wartete so manche Überraschung auf die Handwerker.
Der neue Anbau im Juni 2012, in dem sich nach Fertigstellung der Fahrstuhl sowie das Treppenhaus befinden.
Grundsteinlegung
Am 6. August 1910 fand die Grundsteinlegung des Mügelner (später: Heidenauer) Rathauses statt. Bei der Volkszählung am 1. Dezember 1890 hatte der Ort Mügeln 1.346 Einwohner, die sich durch Zuzug bis zur Volkszählung am 1. Dezember 1900 auf 5.085 und bis 6. August 1910 auf etwa 7.000 vermehrt hatten. Diese Bevölkerungszunahme erforderte auch eine Vermehrung der Verwaltungseinrichtungen.
Bevölkerungszuwachs bedingt Verwaltungsgebäude
Bis 1892 konnten die Geschäfte der Gemeindeverwaltung von einem nicht berufsmäßigen Gemeindevorstand wahrgenommen werden. Durch den oben genannten Bevölkerungszuwachs wurde die Anstellung eines berufsmäßigen Gemeindevorstandes unbedingt notwendig. Es mussten Verwaltungsbeamte angestellt und ein eigenes Verwaltungsgebäude errichtet werden.
Der örtliche Verwaltungsausschuss machte dem Gemeinderat am 23. Juni und am 3. Juli 1899 den Vorschlag, ein eigenes Rathaus zu erbauen. Bis zu diesem Zeitpunkt befand sich die Geschäftsstelle der Gemeindeverwaltung immer mit in der Wohnung des jeweiligen Gemeindevorstandes.
Beschluss des Gemeinderates
Der Gemeinderat erhob den Vorschlag zum Beschluss und es kam dann in den Jahren 1899, 1900 sowie 1901 zum Ankauf des Hauses von Frau Marie Grundig (bisheriges Gemeindeamt) für 22.000 Mark und des weiterhin zum Bauplatz benötigten Landes von Herrn Gutsbesitzer Max Kaiser für 7.687 Mark. Auch der Austausch von Landstücken mit Herrn Gutsbesitzer Oswald Möbius war notwendig zum Bau des Heidenauer Rathauses. Ein Bauplatz war zwar nun vorhanden, aber es sollte noch ein Jahrzehnt vergehen, ehe es zum Bau des neuen Rathauses kommen konnte.
1910 Grundsteinlegung des Rathauses
Nachdem der Beginn des Baues durch Verzögerung der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde und durch eine 12-wöchige Arbeiteraussperrung im Baugewerbe einen Aufschub erlitt, konnte endlich Ende Juli 1910 mit demselben begonnen werden und somit am 6. August 1910 der Grundstein gelegt werden.
Gegenstände der Grundsteinlegung
Neben dem üblichen Ortsstatut der Gemeinde sind z.B. ein Ortsgesetz über die Erhebung von Lustbarkeitsabgaben, eine Armenordnung und eine Polizeiverordnung über das Ziehkinderwesen eingelagert.
Weitere in den Grundstein eingelagerte Gegenstände sind z. B. das Regulativ über die Ausschließung säumiger Abgabenpflichtiger von öffentlichen Vergnügungsorten und der Haushaltplan über die Gemeindekasse auf 1910 sowie der Haushaltplan über die Armenkasse auf 1910.
Außerdem wurde 1 Hand voll Hafer und 1 Hand voll Roggen vom Gutsbesitzer O. Möbius aus der 1909-er Ernte in den Gefäßen von Beckmann & Weis sowie 1 Couvert vom Baumeister Alfred Demmler mit Sportliteratur, Motorfahrer, Sozialpolitische Schriften, Mittelstandszeitschriften und die Lage der Haus- und Grundbesitzer betreffender Literatur enthalten.
Gemeindevorstand
Zur Zeit der Grundsteinlegung regierte in Deutschland Kaiser Wilhelm II. Der erste berufsmäßige Gemeindevorstand von Heidenau war Carl Beyer von 1893 bis 1900. Unter ihm wuchs die Gemeinde von 1.300 bis auf 5.000 Einwohner, sie geriet aber auch durch unsinnige Steuerwirtschaft und übertriebene Steuerungssucht in eine schwierige Finanzlage. Nach Carl Beyer wurde im Mai 1901 Otto Gräf und im Mai 1903 Otto Reinhold Bundesmann Gemeindevorstand, welcher auch bei der Grundsteinlegung das Amt bekleidete.
1911 Einweihung des Rathauses
Die Einweihung des Rathauses von Mügeln fand am 16. September 1911 statt. Aus diesem Gebäude wurde ab 1. April 1920 das Rathaus der Industriegemeinde Heidenau. Die Industriegemeinde Heidenau bestand zu dieser Zeit aus den Gemeinden Mügeln, Heidenau und Gommern.
2011 – 2013 Modernisierung und Umbau
100 Jahre später - von September 2011 bis Januar 2013 - wurde das 1910 erbaute Rathaus modernisiert und umgebaut. In diesem Zusammenhang musste auch der Containerbau direkt neben dem Rathaus weichen. Aus bautechnischen Gründen war eine weitere Nutzung des 20 Jahre alten Containerbaus nicht möglich und es musste eine neue Lösung gefunden werden.
Gleichzeitig sollte auch das Rathaus brandschutztechnisch auf den neuesten Stand gebracht werden. So bot sich die Gelegenheit, das Rathaus barrierefrei zu modernisieren und auch die Neuaufteilung der Verwaltungsräume zu gestalten. Letztendlich wurde erreicht, dass alle Ämter und Aufgabenbereiche der Heidenauer Verwaltung im Rathaus Dresdner Straße 47 sowie im Rathaus Nordstraße 27 untergebracht werden konnten. Wobei das auf der Nordstraße befindliche Bauamt sowie das Amt für Schule und Familie seit September 2021 im Brunneneck, von-Stephan-Straße 4, zu finden sind.
Überraschungen beim Umbau
Der Verlauf des Umbaus des 100 Jahre alten Gebäudes blieb für alle Beteiligten nicht ohne Überraschungen. Überraschungen der unangenehmeren Art, wie z. B. der vorgefundene Hausschwamm in verschiedenen Bereichen, gerissene Fußböden oder fehlende Wärmedämmungen. Die Handwerker meisterten aber auch diese „Hürden“ und so waren die kleineren statischen Herausforderungen beim Umbau des Ratssaales und einzelner Büroräume kein Problem.
Seit diesem Umbau des Rathauses sitzen die Besucher im Ratssaal jetzt am anderen Ende des Saales in einer freigelegten Nische. Aufgrund wiedergefundener Unterlagen konnte bewiesen werden, dass an dieser Stelle bei der Erbauung des Rathauses eine Empore vorhanden war. Schon damals haben dort wahrscheinlich die Zuschauer Platz genommen.
Außenbereich mit Stahltreppe
Auch der Außenbereich des Rathauses bekam mit der Stahltreppe auf der Rückseite ein neues „Gesicht“. Dies war eine Forderung des Brandschutzkonzeptes und als zweiter Rettungsweg zwingend notwendig. Mit dem neuen Fahrstuhl an der Hofseite des Gebäudes (ausgelegt auf eine Traglast von 14 Personen oder 1.050 kg) sind nun alle Bereiche barrierefrei erreichbar.
Auch das Thema Denkmalschutz war während des gesamten Umbaus immer wieder präsent. Letztendlich umfasste die Rundumerneuerung des Rathauses auch noch die Neuverlegung der Elektroleitungen und die Erneuerung der Heizung sowie der Sanitärbereiche im gesamten Gebäude.
Quellen: Stadtarchiv Heidenau, Rede zur Grundsteinlegung, Verzeichnis der in den Grundstein eingelagerten Gegenstände aus Akte Gemeindeverwaltung Mügeln I. Band
Lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben: „Gemeindevorsteher und Bürgermeister von Heidenau“