Karol Jonca
Karol Jonca kam am 13. September 1930 im oberschlesischen Dorf Slawentzitz (eingedeutscht „Ehrenforst“, polnisch Slawiecice), Kreis Cosel/Kozle, zur Welt. Er legte - inzwischen mit seinen Eltern „polonisiert“- das Abitur mit Auszeichnung ab und studierte Jura an der Universität Wroclaw.
Diese Stadt, auch von ihm gern „Blume Europas“ genannt, wurde und blieb sein Lebensmittelpunkt, wenngleich er bis zum Ende der achtundsiebzig Lebensjahre Oberschlesien seine Heimat nannte. Karol Jonca promovierte zum Dr. jur, und wurde als Professor an die Fakultät für Recht und Verwaltung Wroclaw berufen, wo er ab 1966 als Prodekan und dann ab 1972 als Dekan hohe akademische Stellungen bekleidete.
Zahlreiche Forschungen betrieb er zum verheerenden Ausgang des verbrecherischen Zweiten Weltkrieges besonders in Schlesien, gab gemeinsam mit seinem Freund Alfred Konienycnie das Tagebuch des Erzpriesters Paul Peikert, St. Mauritius Gemeinde Breslau, heraus und arbeitete das erschütternde Geschehen in und um die sinnlose Festung Breslau auf, zusammengefasst im auch hier mit seinem Freund erarbeiteten Geschichtswerk „Festung Breslau. Documenta obsidionis 16.2.1944 bis 8.5.1945“.
Vor allem ist dies - wir können es kaum genug betonen - eine umfangreiche, eine einmalige Dokumentensammlung zu den letzten Breslauer Kriegstagen Als bescheidene und achtungsvolle Persönlichkeit ging er auf den Festungsgeneral Hermann Niehoff und die Unterhändler bei Festungsübergabe zu, für die deutsche Seite auf Artur Großmann, für die sowjetische Seite auf Omar Jachjajew. Karol Jonca schenkte viel Aufmerksamkeit dem antifaschistischen „Kreisauer Kreis“, jene konspirative deutsche Gruppierung mutiger Männer und Frauen, die vorausschauend über den Neuanfang nach dem Krieg nachdachten. Somit war Karol Jonca als Wissenschaftler fest verbunden mit Prof. Kurt Finker (1928 bis 2015, Ostberlin), und mit Prof. Günter Brakelmann (Jahrgang 1931, Wuppertal), die sich ebenso den „Kreisauern“, namentlich Helmuth James Graf von Moltke, zuwandten und würdigten. „Markenzeichen“ des verdienstvollen und hochgeehrten Historikers Jonca war, dass seine Publikationen stets in beiden Sprachen erschienen sind.
Unser deutsch-polnisches Projekt „Boberhaus - Dom nad Bobrem“ trat mit Prof. Dr. Jonca nachträglich in Beziehung, entstanden aus den Ergebnissen seiner Widerstandsforschungen zur Diktatur der NSDAP und deren Gliederungen. Auch In Karol Joncas Buch „Denken mit Moltke - Gedanken über Kreisau und Krzyzowa (2005)“ und im Aufsatz „Die Idee der Jugendarbeitsgemeinschaften in der Weimarer Republik“ werden die Bedeutung des Boberhauses in Löwenberg/Schlesien und die dort erprobten freiwilligen Arbeitslager für Arbeiter, Handwerker, Bauern und Studenten als Keimzelle des „Kreisauer Kreises“ deutlich.
Obwohl wir uns nicht persönlich kennenlernen konnten, besteht zu ihm unsere moralische Verbindung und respektvolle Verpflichtung. Das unermüdliche Recherchieren des Boberhauses im weiten Sinn hat uns auch zu Herrn Professor Karol Jonca in der Universität Wroclaw geführt - seines 15. Todestages am 13. Januar 2023 haben wir uns würdevoll erinnert.