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Heidenauer Journal - Amtsblatt und Stadtzeitung der Stadt Heidenau
Ausgabe 9/2023
Das Leben in Heidenau
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Zitrus aus Sachsen?

Herkules Farnese im Barockgarten Großsedlitz, um 1730, Foto 2021

Historische Zitrussorte Citrus medica var. sarcodactylis, 'Buddhas Hand'   

Historische Zitrussorte Citrus medica 'Pera', Birnenförmige Zitronatzitrone

Historische Zitrussorten auf einem Teller bei den Sächsischen Zitrustagen

Am Wochenende 3. und 4. Juni finden die 9. Sächsischen Zitrustage im Barockgarten Großsedlitz statt. Aber warum eigentlich Zitrustage, was haben die wärmeliebenden, nicht winterharten Zitruspflanzen hier zu suchen?

Sicher kennen Sie den Barockgarten im Heidenauer Ortsteil Großsedlitz! Diesen reizvollen unvollendeten Garten, eine barocke Schönheit, die nie grundlegend umgestaltet wurde. Dann ist Ihnen bestimmt aufgefallen, dass die streng gegliederte Anlage mit ihren weiten Blickachsen kein zentrales Schloss besitzt, das, wie in den meisten barocken Gärten, die Anlage beherrscht und die Ordnung der Gartenräume bestimmt. Stattdessen dominieren zwei große Orangeriegebäude in diesem stark bewegten Gartengelände. Ein drittes Gebäude, das „Friedrichschlösschen“, verweist darauf, dass einst ein Schloss vorhanden war. Der östliche Flügel des verschwundenen Schlosses wurde hier im 19. Jahrhundert neu errichtet. Von den vielen herrlichen Skulpturen, Wasserspielen und anderen Besonderheiten soll an dieser Stelle nicht die Rede sein.

Beide Orangeriegebäude wurden durch August Christoph Graf von Wackerbarth (1662-1734) bereits bei der ersten Gartenplanung 1719 angelegt. Die obere Orangerie, 1719-20 errichtet, erweiterte das ehemals dreiflügelige Schloss im Sommer um nutzbare Räumlichkeiten. Im Winter wurde in ihr die stattliche Orangeriepflanzensammlung des Grafen Wackerbarth überwintert, die im Sommer den Garten zierte. Zu dieser Sammlung gehörten neben Zitrus auch weitere fremdländische Gewächse. Die untere Orangerie stand an gleicher Stelle, war aber kleiner als das heutige Gebäude. Vor ihr lag ein Küchengarten, in dem verschiedenste Kräuter, Obst, Gemüse gezogen wurden. Auch diese Orangerie war das Überwinterungsgebäude für empfindliche Pflanzen, vor ihr waren Treibkästen angelegt. Als August der Starke 1723 die Anlage von seinem Minister mitsamt der Pflanzensammlung übernahm, ließ er beides erweitern und reich ausgestalten.

Eine ganz besondere Beziehung verband barocke Persönlichkeiten mit den Zitruspflanzen. Die Pomeranzen, die Bitterorangen, galten als die Goldenen Äpfel der Hesperiden, die der Sage entsprechend Herkules aus dem Garten der Götter geraubt hatte. So konnte sich ein barocker Fürst, dem es gelang, diese empfindlichen Früchte in seinem Garten zu überwintern, als neuer Herkules sehen, als besonders tugendhafter Held, als Herrscher in einem goldenen Zeitalter des Friedens und Wohlergehens. Letztlich waren es seine Gärtner, die das Wunder vollbrachten, die nicht frostfesten Pflanzen über die kalten mitteleuropäischen Winter zu bringen.

Folgerichtig ziert eine Nachbildung des Herkules Farnese, der berühmtesten antiken Darstellung des Helden, den Barockgarten Großsedlitz. Herkules steht im Rondell im östlichen Boskett, jenseits des unteren Orangerieparterres, das Überwinterungsgebäude im Blick und die goldenen Früchte in seiner Hand.

Zitruspflanzen und ihre Früchte waren Prestigeobjekte, dienten zur Dekoration von Schloss und Garten, wurden als Zutat in der fürstlichen Küche, auf der Tafel und in den Hofapotheken verwendet. Man legte Wert auf eine große Sortenvielfalt - und diese unterschied sich wesentlich von dem, was wir heute als Zitrusfrüchte kennen. Bei den Sächsischen Zitrustagen informieren wir über den Reichtum dieser alten Sorten und die barocke Orangeriekultur, in einer Anlage, die Ausdruck dieser Kultur ist und erneut einen stattlichen Bestand von Bitterorangen und historischen Zitrussorten beherbergt.

Simone Balsam
Förderverein Freundeskreis Barockgarten Großsedlitz e.V.