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Kirchberger Nachrichten
Ausgabe 12/2025
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Radio Barth in Kirchberg: Ein Jahrhundert voller Technik, Service und Tradition

Dieter Barth mit seiner Frau Hanna und Sohn Falko im Geschäft in der Auerbacher Straße 16.

Spricht man von „Radio Barth“ nicken die Kirchbergerinnen und Kirchberger wissend. Das Geschäft an der Auerbacher Straße 16 ist eine Institution in der Stadt und wirklich jedem ein Begriff. Kein Wunder. Seit 60 Jahren ist Dieter Barth, mittlerweile 86 Jahre, der Inhaber des Fachladens für Rundfunk- und Fernsehgeräte.

Die Unternehmensgeschichte der Familie reicht aber noch weiter zurück und nimmt in Saupersdorf ihren Anfang. Dort nämlich betrieben die Großeltern von Dieter Barth einen Eisenwarenhandel. Ihr Sohn Walter, der 1893 geboren wurde, machte zunächst eine Ausbildung als Elektriker in Berlin und studierte dann Elektrotechnik. Doch der erste Weltkrieg machte seine weiteren Pläne zunichte. Er wurde eingezogen und geriet in französische Gefangenschaft. Erst 1924 kehrte Walter Barth nach Saupersdorf zurück. Der Eisenwarenhandel der Eltern warf allerdings nicht genug ab, um die ganze Familie über Wasser zu halten, so dass sich Walter Barth entschied, innerhalb des Ladens eine Abteilung Rundfunk zu gründen, genau am 24.10.1924 – also vor mehr als 100 Jahren. Mit der Gründung gehörte er zu den Pionieren auf diesem Gebiet, denn erst ein Jahr zuvor hatten die ersten offiziellen Rundfunkübertragungen überhaupt stattgefunden. Walter Barth arbeitete sich tief in die Materie ein. Er verkaufte Radios, aber vor allem reparierte er sie. Und er sorgte mit seinen selbst gebauten Antennen für ordentlichen Empfang. Denn die Sendeleistung der damaligen Radios war eher schwach.

Schließlich heiratete er seine Frau Elfriede und kaufte in den 1930er Jahren das Haus an der Auerbacher Straße. „Eine Bruchbude war das damals, wie man mir erzählte“, sagt Dieter Barth und lacht. Nach und nach bauten die beiden das Haus aus. Es entstanden Wohn- und Geschäftsräume sowie eine Werkstatt. Nachwuchs stellte sich ein: Gabriele wurde 1932 geboren, Dieter 1939. Das Geschäft ging gut. Zwischenzeitlich beschäftigte Walter Barth fünf Gesellen, die sich hauptsächlich um die Reparatur von Elektrogeräten kümmerten. Dann aber kam der zweite Weltkrieg und änderte alles. „Unweit von unserem Laden schlugen Bomben ein. Vieles wurde zerstört oder beschädigt. Unser Haus war unbewohnbar“, erinnert sich Dieter Barth. Die Familie floh erst nach Burkersdorf, später nach Wolfersgrün. Doch Walter Barth gab nicht auf. Er kehrte nach dem Krieg mit seiner Familie nach Kirchberg zurück und baute alles wieder auf. Die Waren suchte er in der Umgebung zusammen. Dabei waren seine Wege oft abenteuerlich. Nach Glauchau fuhr er auf der Anhängerkupplung eines Lasters mit, um in der Stadt nach brauchbaren Geräten und Gegenständen zu suchen. In Zwickau ergatterte er defekte Kunststoff-Lampenschirme, die er gemeinsam mit seiner Familie wieder instand setzte. „Das Militär hatte zudem vieles zurückgelassen, das wir verwenden konnten. Ich kann mich zum Beispiel erinnern, dass wir Funkgeräte in Seitengräben gefunden haben“, so Dieter Barth. Nach und nach erholte sich das Geschäft. Neben der Reparatur hatte Walter Barth auch Modelleisenbahnen im Programm – eine seiner Leidenschaften. „Ich weiß noch wie er eine kleine Ausstellung von Modellbahnen in unserem Ladenfenster aufbaute. Der Andrang vor dem Geschäft war zwischenzeitlich so groß, dass die Polizei den Verkehr regeln musste“, erzählt Dieter Barth und lacht bei dieser Erinnerung. Er selbst hat bereits als Kind die Lokomotiven repariert. Als Dieter Barth alt genug war, lernte er im elterlichen Betrieb. „Da gab es gar keine Diskussion. Es stand von Anfang an fest, dass ich das Geschäft übernehme.“ 1964 bestand er seine Meisterprüfung, ein Jahr später meldete er das Gewerbe auf seinen Namen an. Dieter Barth konzentrierte sich fortan wie sein Vater auf die Reparatur von Elektrogeräten und den Antennenbau. Denn ein Handel mit Radios und Fernsehgeräten war zu DDR-Zeiten nicht möglich. Der Staat genehmigte lediglich den Verkauf von einem Fernsehgerät pro Monat. 1968 heiratete Dieter Barth seine Frau Hanna. Auch sie stieg in das Geschäft ein und kümmerte sich um die Materialbeschaffung und die Buchhaltung. 1977 erblickte Sohn Falko das Licht der Welt. Walter Barth starb im selben Jahr.

Nach der Wende lief das Unternehmen gut. „Das Handelsverbot war aufgehoben und wir konnten endlich wieder Radios und Fernsehgeräte verkaufen“, erzählt Dieter Barth.

Sohn Falko beendete die Schule, machte ab 1993 in Zwickau eine Lehre als Informationstechniker und arbeitete im elterlichen Laden mit. „Er trat also auch in die Fußstapfen seines Vaters“, resümiert Dieter Barth. Doch das Geschäft wurde schwieriger. Denn immer mehr Elektro-Großmärkte siedelten sich in der näheren Umgebung an. Die vielen Regeln und neuen Vorschriften taten das Übrige. „Leicht ist es bis heute nicht, aber wir punkten bei unseren Kunden mit unserem umfangreichen Service“, sagt Falko Barth, der 2004 die Geschäftsführung übernahm, weil sein Vater kürzer treten wollte. Bis heute kümmert sich „Radio Barth“ um die Reparatur und die Installation von Radio- und Fernsehgeräten. Der Laden ist immer noch fest in Familienhand. Falko Barth hat die Geschäftsführung inne und kümmert sich um den Verkauf, die Reparatur und Installation der Geräte. Seine Mutter macht nach wie vor die Buchhaltung und unterstützt ihn im Laden. Und wenn ein altes Röhrenradio repariert werden soll, ist Dieter Barth in seinem Element. Die Geschichte von Radio Barth ist also längst noch nicht zu Ende erzählt.

Katrin Uhlig,
Öffentlichkeitsarbeit