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Kirchberger Nachrichten
Ausgabe 6/2024
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Endlager-Suche: Kirchbergs Bürgermeisterin trifft sich mit Experten

Ein Atommüllendlager in unserer Region? Den Gedanken schieben viele weit von sich. „Wenn ich mit unseren Bürgerinnen und Bürgern rede, merke ich, dass die meisten sich gar nicht bewusst sind, dass wir zu einem der 90 ausgewiesenen Teilgebiete gehören. Oder sie tun es mit einem ‚wird hier nicht passieren‘ ab“, wundert sich Bürgermeisterin Dorothee Obst. Das hat sich selbst nach einem großen Zeitungsbericht in der Freien Presse am 7. Mai kaum geändert. Darin ging es um die Frage, ob die Schwarmbeben im Vogtland einen Einfluss auf Kirchberg als möglichen Standort für ein Lager für hochradioaktiven Müll haben.

Die Stadtchefin selbst begleitet den Prozess der Standortsuche von Anfang an und wird nicht müde, darüber zu informieren, auch weil sie glaubt, dass fehlende Widerrede die Entscheidung beeinflussen könnte. „Ich habe auf verschiedenen Foren bereits meine Bedenken unsere Region betreffend geäußert und werde das auch weiterhin tun“, sagt sie.

Nach dem Erscheinen des Zeitungsartikels hat sich Stefan Buske, Professor für Angewandte Geophysik an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg bei ihr gemeldet. Er schlug ein gemeinsames Treffen mit Frank Meier von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) sowie Thomas Günther vom Leibniz Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) vor, das Anfang Juni in Kirchberg stattfand.

Die BGE ist mit der Standortsuche für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle beauftragt worden. „Uns geht es aber auch darum, in die breite Öffentlichkeit zu gehen, Ängste zu nehmen und aufzuklären“, erklärt Frank Meier. Momentan sind die Experten der BGE damit beschäftigt, anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse aus den bestehenden 90 Teilgebieten, die 54 Prozent des Bundesgebietes umfassen, etwa zehn Standortregionen herauszufiltern. Um eine geeignete Methodik zu finden, die Regionen miteinander zu vergleichen, werden derzeit beispielsweise in Langenweißbach zusammen mit der Bergakademie verschiedene Erkundungsverfahren erprobt. Die Gemeinde Langenweißbach spielt bei der Endlagersuche eine bedeutende Rolle, ohne selbst als Standort für das Endlager für hochradioaktive Abfälle infrage zu kommen. Das Gebiet im Erzgebirge lässt aufgrund von früherer bergbaulicher Tätigkeit und einer Störungszone, dem so genannten „Roten Kamm“ keine sichere Lagerung von hochradioaktiven Abfällen zu. Die Geologie in der Region ist dennoch sehr gut geeignet für die Weiterentwicklung von Messverfahren in kristallinem Gestein, zu dem auch der Kirchberger Granit gehört. Mit Hilfe von seismischen Messungen am Boden und elektromagnetischen Messungen aus der Luft sollen im September weitere Messungen durchgeführt werden, mit dem Ziel den Verlauf der Störungszone „Roter Kamm“ abzubilden. Störungen sind Verwerfungen im Untergrund, die durch natürliche Plattenbewegungen der Erde entstehen können. Die methodischen Verfahren zum Auffinden dieser Störungszonen werden mit den Messungen weiterentwickelt. „Das ist so zusagen dann unsere Blaupause für weitere Erkundungen“, so Stefan Buske. Die Befliegungen werden auch von Kirchberg aus zu sehen sein. Auch deshalb sind die Experten hier. „Bei den Messungen aus der Luft handelt sich um einen Hubschrauber, an dem an einem langen Seil ein delfinförmiges Gerät – eine Magnetiksonde – hängt“, so Thomas Günther. Das ist ein recht ungewöhnlicher Anblick. Die Bewohner sollten einfach wissen, um was es sich handelt.

Eine Störungszone in Langenweißbach, seismische Aktivitäten im Vogtland und Kirchberg mittendrin – ist das Gebiet dann tatsächlich noch im Rennen? „Wir leiten die Suche aus rein wissenschaftlicher Sicht. Wir sammeln Daten, führen Messungen durch und schlagen die zehn Standorte anhand dieser Ergebnisse vor“, erklärt Frank Meier von der BGE. Bis 2027 sollen die Standortvorschläge feststehen und dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung zur Prüfung vorgelegt werden. Das Bundesamt wird in allen dann vorgeschlagenen Standortregionen Regionalkonferenzen gemäß § 10 Standortauswahlgesetz einrichten. Damit wird eine umfassende Beteiligung auch der kommunalen Gebietskörperschaften vor weiteren Festlegungen ermöglicht. Nach der Beteiligung der Öffentlichkeit und Prüfung der gesetzmäßigen Vorgehensweise entscheidet der Bundestag, welche potenziellen Standortregionen vertieft auf ihre Eignung für ein Endlager untersucht werden sollen. „Wir sind derzeit im gesamten Bundesgebiet unterwegs. Zum einen wegen unserer wissenschaftlichen Erkundungen, zum anderen, um den Dialog mit den Bürgern zu suchen. Der ganze Prozess soll so transparent wie möglich sein. Wir bieten Fachvorträge an und erklären gern öffentlich das komplette Verfahren“, so Frank Meier. Bürgermeisterin Dorothee Obst ist von diesem Ansinnen angetan und hat die Experten für den Herbst nach Kirchberg eingeladen. „Ich bin der Meinung, dass umfassende Informationen essentiell sind. Und dieses Wissen hilft uns auch bei der Argumentation gegen ein Endlager in unserer Region“, sagt sie. Wann genau die Veranstaltung stattfindet, wird zeitnah bekannt gegeben.

Katrin Uhlig,
Öffentlichkeitsarbeit