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Amtsblatt für die Gemeinde Kolkwitz
Ausgabe 3/2025
Informationen aus dem Rathaus
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Einweihung der Gedenktafel zu Marjana Domaškojc in Zahsow

Im September wurde in Zahsow mit einer Frauenorte-Gedenktafel an Marjana Domaškojc gedacht.

Nach mehrfacher Bewerbung bei FrauenOrte Brandenburg erhielt die Gemeinde Kolkwitz die Möglichkeit eine Gedenktafel für Marjana Domaškojc zu errichten. Dies freute uns sehr, da wir nun endlich dieser besonderen Frau aus Zahsow ein Denkmal setzen konnten.

Dieses wurde im September 2024 feierlich, durch den Bürgermeister Karsten Schreiber Gemeinde eingeweiht.

Zur Persönlichkeit:

Marjana Domaškojc – 150. Geburtstag

*28.2.1872 in Zahsow †11.6.1946 in Zahsow

Am 28.2.1872 wurde dem Industriearbeiter und Kleinbauern Matej Dommaschk und seiner Frau in dem kleinen und zu der Zeit noch vollständig wendischen Dorf Zahsow/Cazow die zweite Tochter Marjana geboren. Beide Schwestern, die etwas ältere Lisa (*1869) und Marjana, wuchsen behütet auf, besuchten die Volksschule und gingen dann ab dem 14. Lebensjahr in die Cottbuser Textilfabrik zur Arbeit, Lisa 33 Jahre und Marjana 44 Jahre! Sie arbeiteten in den ersten Jahren 12 Std/Tag, dann 9 und nach dem 1. Weltkrieg 8 Std/Tag. Wenn sie abends müde von der schweren Arbeit und dem Fabrikslärm nach Hause kamen, wartete die Arbeit auf dem kleinen Feld und im Haus auf sie. Nach dem Tod der Mutter blieb Lisa zu Hause, besorgte den Haushalt, den Garten sowie das Feld. Marjana ging weiter in die Fabrik. Die Schwestern blieben unverheiratet und hatten so zeitlebens ein sehr enges Verhältnis. Beide waren wachen Geistes, interessiert an allem, was um sie herum geschah, lebten dennoch christlich und traditionsbewusst. Die ganze Familie sprach natürlich wendisch und die Frauen trugen zeitlebens ihre wendische Tracht, auch bei der Fabriksarbeit. Sie waren bescheiden und akzeptierten ihr Leben, das typisch für die einfache Landbevölkerung war. Zu ihrem kleinen Bekanntenkreis gehörten u.a. die wendische Trachtenschneiderin Pawlina Krawcowa (1890-1941) und die Dichterin und Publizistin Mina Witkojc (1893-1975), mit welchen sie über all das reden konnten, was sie bewegte, auch über wendische Themen. Vor allem Mina Witkojc war gern bei ihnen zu Gast und erkannte, dass beide Gesprächspartnerinnen dichterisches Talent in sich trugen und ermunterte sie zum Schreiben. Von Lisa (Liza) Domaškojc kennen wir auch einige Gedichte, aber vorrangig von Marjana Domaškojc. Sie verfasste 1925 ihr erstes Gedicht „Škobrjonk“ (Die Lerche), welches noch im gleichen Jahr im damaligen Serbski Casnik abgedruckt wurde. Die Natur beobachtend entstanden einige weitere Gedichte und kleinere Aufsätze. Als der Serbski Casnik seine Leser aufrief, sich in einem Bühnenstück zu versuchen, dachte Marjana Domaškojc nicht lange nach und ging ans Werk. Und das hätte wohl niemand getan, der nicht ein Bedürfnis danach verspürt hätte. Auf diesem Wege entdeckte Marjana in der Dramatik ihre Leidenschaft, worauf wir heute in der Niederlausitz sehr stolz sein können, denn das war für damalige Verhältnisse, vor allem im sorbischen Leben, ganz ungewöhnlich, dass eine einfache “unstudierte” Frau Literatur verfasste. Aus der Feder von Marjana Domaškojc entsprangen zwei Theaterstücke, 1929 das sozial-kritisches Stück “Z chudych žywjenja” (Aus dem Leben der Armen) und 1930 “Šwickojc pytaju źowku” (Die Schwitzers suchen eine Magd), ein Stück aus dem wendischen Volksleben. Eigentlich wurde keines der Stücke in der Lausitz originalgetreu aufgeführt, „Aus dem Leben der Armen“ jedoch drei Mal in der Tschechischen Republik, davon einmal in Prag. Marjana Domaškojc war unter den Zuschauern und erfuhr dort endlich das ihr gebührende Lob und die verdiente Ehre. In diesem Stück bewies sie den Mut, sich einerseits mit einem korrupten wendischen Bürgermeister auseinanderzusetzen, als auch sich auf die Seite des jüdischen Trödelladenbesitzers Aaron zu stellen, der der Protagonisten in der Not half. Das beweist, welche Courage diese einfache aber charakterstarke Frau besaß.

Inzwischen herrschte in Deutschland der Nationalsozialismus, dieser hatte ihre Freundin Mina Witkojc aus der Lausitz vertrieben und Pawlina Krawcowa war an den Folgen ihres Gefängnisaufenthaltes verstorben. Auch Marjana war denunziert worden und wurde mehrere Male von der Polizei verhört.

Ihre geliebte Schwester Lisa war 1935 verstorben und Marjana lebte von da an allein in dem kleinen Lehmhäuschen am Wall. Doch bald darauf wurde sie kränklich. Marjana Domaškojc durfte noch das Ende des Zweiten Weltkrieges erleben, verstarb jedoch kurz danach am 11. Juni 1946 infolge eines Schlaganfalls.

Erst spät nach ihrem Tod haben sich die Wenden und auch die Domowina der wendischen Frau mit dem schriftstellerischen Talent erinnert, im Jahre 1951 wurde ihr Grabdenkmal auf dem Zahsower Friedhof errichtet und

hier ruht Marjana Domaškojc nun schon 75 Jahre.

Aber es ist aber nicht das Grab, was uns an sie erinnert, sondern es sind ihre Gedichte, Reportagen und vor allem Theaterstücke, die sie dem sorbischen/wendischen Volk geschenkt hat und womit sie die wendische Kultur in der Niederlausitz bereichert hat. Marjana Domaškojc schrieb aus ihrer Lebenserfahrung heraus, mit einem starken Bewusstsein von Ungerechtigkeit, der Pflicht von christlicher Nächstenliebe und natürlich auch wendischer Bodenständigkeit. Wir können heute mit Fug und Recht stolz auf diese Frau sein, die mit Geschick und Mut, Leidenschaft und Phantasie ihre Gefühle und Gedanken in Worte gefasst hat – und diese leben für uns lange nach ihrer Zeit.

Madlena Norberg