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Stadtanzeiger – Mitteilungsblatt der Stadt Leuna mit den Ortschaften
Ausgabe 8/2024
Aus dem Rathaus
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Thomas Böhme erhält den Walter-Bauer-Preis 2024

Seit 1994 vergeben die Städte Leuna und Merseburg aller zwei Jahre gemeinsam den Walter-Bauer-Preis. Damit soll an einen Schriftsteller erinnert werden, der mit seinem umfangreichen literarischen Gesamtschaffen, mit seiner Botschaft der Menschlichkeit und seinem Bekenntnis zum europäischen Geist zu den namhaften deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts zählt.

Im Rahmen einer Festveranstaltung wird der mit 3.500,-€ dotierte Preis in diesem Jahr am 04. November im Leunaer cCe Kulturhaus an Herrn Thomas Böhme vergeben.

Thomas Böhme wurde 1955 in Leipzig geboren und lebt dort. 1974 legte er das Abitur an der Rudolf-Hildebrand-Schule Markkleeberg ab. Nach vorzeitiger Entlassung aus dem Armeedienst begann er 1976 ein Lehrerstudium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. 1977 wurde er aus politischen Gründen exmatrikuliert. Er arbeitete als Bibliotheksfacharbeiter in der Musikbibliothek Leipzig und als Werberedakteur im Verlag Edition Leipzig. Von 1981 bis 1983 studierte er im Fernstudium am Literaturinstitut "J.R. Becher" in Leipzig.

1983 erschien sein Debüt, der Gedichtband "Mit der Sanduhr am Gürtel" im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar. Seitdem erschienen mehr als 20 Bücher in verschiedenen Verlagen.

Ab 1985 arbeitete Böhme als freischaffender Schriftsteller. Zwischen 1992 und 1997 nahm er teil am Projekt "Freie Hand" der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben in Halle und Magdeburg. Während dieser Zeit entstand ein Mansfeld-Projekt zusammen mit den Künstlern Rosemarie und Klaus Ullrich und mehrere Theaterstücke mit dem Hanns-Eisler-Gymnasium Halle. Böhme arbeitet außerdem als Herausgeber, Kritiker und Fotograf. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und des deutschen Schriftstellerverbandes.

Er ist verwitwet und Vater von zwei erwachsenen Töchtern. Böhmes Werk wurde u.a. gefördert durch Stipendien des Deutschen Literaturfonds und der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen. 1998 war er als Stipendiat in Amsterdam. Er erhielt 1986 den Georg-Maurer-Preis der Stadt Leipzig, 1994 die Ehrengabe der Schiller-Stiftung und 2006 den Literaturförderpreis des Freistaates Sachsen. Zuletzt erschein von ihm im „Poetenladen“ der Roman „Grünlaken“.

In der Begründung zur Verleihung des Preises an Thomas Böhme heißt es:

Thomas Böhme gehörte im letzten Jahrzehnt der DDR zur Autorschaft der im weitesten Sinne alternativen Szene und konnte dennoch auch bereits das erste Buch in einem bedeutenden Verlag publizieren. Nach der Wende erschienen seine Bücher u. a. in der Connewitzer VB, bei Galrev, und seit einer Reihe von Jahren gehört er zur illustren Runde der Poetenladen-Autoren. Die Sprache Thomas Böhmes wurde dabei zum Vorbild und stilbildend für eine Reihe nachfolgender Autoren. Eine ganze Armada dieser Dichterinnen und Dichter beruft sich ausdrücklich auf die Vorgängerschaft Böhmes, etwa die Vertreter der Lyrikschule um Ulrike Almut Sandig, Marlen Pelny und Carl-Christian Elze.

Auch in seiner Generation genießt Böhme, der mit dem Walter-Bauer-Preisträger 2002 Wolfgang Hilbig und vielen weiteren die Ära prägenden Autoren verbunden war und ist, hohes Ansehen. In den vierzig Jahren seines Wirkens hat sich Thomas Böhme eine unnachahmliche Qualität im lyrischen Sprechen, sowohl im unkonventionellen, im seriellen wie im hohen Ton, erhalten können, die Höhe und Tiefe seiner Dichtung nimmt, kann man sagen, mit fortlaufendem Schreiben in der Intensität bis heute noch zu.

Thomas trägt dabei die Dignität und Würde eines Dichters auch im Vortrag, seine Lesungen sind Ereignisse, die der Zuhörer nicht so schnell vergisst. Neben den autarken Bänden gibt es von ihm auch Bücher in Form einer Enzyklopädie aussterbende Gewerke („Heikles Handwerk“) oder vergessene Dinge („101 Asservate. Alter Worte Welt“/„Puppenkino“), die das Herze und den Verstand berührend, beschäftigend und erhebend vorrätig halten. Auch hier sei noch einmal auf die Nähe zur dichterischen Erwägung Walter Bauers, etwa in seinen frühen und auch in seinen späten, sichtenden, ordnenden und deutenden Publikationen verwiesen.

Bisherige Walter-Bauer-Preisträger waren:

1994: Henry Beissel und Dr. Hans-Martin Pleßke

1996: Jürgen Jankofsky

1998: Eva Strittmatter

2000: Wilhelm Bartsch

2002: Wolfgang Hilbig

2004: Prof. Dr. Angelika Arend

2006: Wulf Kirsten

2008: Peter Gosse

2010: Dieter Mucke und Landolf Scherzer

2012: Andre Schinkel

2014: Kerstin Hensel

2016: Matthias Biskupek

2018: Thomas Kunst

2020: Jens-Fietje Dwars

2022: Daniela Danz

Das 2006 eingerichtete Walter-Bauer-Stipendium wird seit 2020 von der InfraLeuna GmbH getragen und geht im Rahmen der Walter-Bauer-Preisvergabe 2024 an die beiden in Halle Germanistik-Studierenden Henriette Baier und Moritz Bense.