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Lübbener Stadtanzeiger mit Amtsblatt für die Stadt Lübben (Spreewald)
Ausgabe 12/2025
AUS DEM RATHAUS | Z RADNICE
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BÜRGERMEISTER JENS RICHTER IM INTERVIEW

Thema: Defizit im Ergebnishaushalt

Was bedeutet ein Defizit von 4,5 Millionen Euro im Ergebnishaushalt konkret?

Zunächst möchte ich erklären, dass wir zwei Haushalte haben: den Finanzhaushalt und nach der Doppik den Ergebnishaushalt. Der Finanzhaushalt ist vielen bekannt. Er zeigt die tatsächlichen Ein- und Auszahlungen. Diese Zahlen machen deutlich, dass wir in naher Zukunft Kassenkredite in Anspruch nehmen müssen, um unsere laufenden Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können.

Der Ergebnishaushalt hingegen zeigt, ob unsere laufenden Einnahmen ausreichen, um die laufenden Ausgaben künftig zu decken – darunter fallen etwa Abschreibungen, Unterhaltungskosten oder prognostizierte Umlagen.

Ein Defizit von 4,5 Millionen Euro bedeutet daher: Wir geben deutlich mehr aus, als wir dauerhaft einnehmen. Bildlich gesagt: Wir leben über unsere Verhältnisse. Das ist kein kurzfristiges Problem, sondern ein langfristiges, strukturelles. Es zwingt uns dazu, unsere Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich neu auszurichten.

Könnte ein Überbrückungskredit helfen, die Situation zu entspannen?

Nein. Ein Kredit würde das strukturelle Problem nicht lösen. Er würde uns nur kurzfristig Geld verschaffen, aber die Schieflage im Ergebnishaushalt bliebe bestehen.

Wir müssen an die Ursachen heran – das bedeutet vor allem: Wir müssen unsere Ausgabenstruktur verändern. Nur so kann der Ergebnishaushalt wieder ins Gleichgewicht kommen.

Welche Ursachen haben zu diesem Defizit geführt?

Es kommen mehrere Entwicklungen zusammen: geringere Schlüsselzuweisungen des Landes, steigende Kosten für Energie, Gebäude und Dienstleistungen, sinkende Steuereinnahmen, höhere Personalkosten durch Tarifsteigerungen, eine steigende Kreisumlage, auf die wir keinen Einfluss haben, zu hohe Ausgaben im freiwilligen Bereich.

Gerade die externen Belastungen treffen derzeit viele Kommunen und führen zu Defiziten in den Haushalten. Wir stehen vor einem strukturellen Problem.

Sie sprechen von einem strukturellen Problem. Was genau meinen Sie damit?

Strukturell bedeutet: Es handelt sich nicht um eine einmalige Ausnahmesituation, sondern um eine dauerhafte finanzielle Schieflage. Weniger Landesmittel, höhere Kreisumlagen, steigende Betriebs- und Personalkosten sowie rückläufige Steuereinnahmen – all diese Faktoren wirken jedes Jahr erneut.

Solange sich diese Rahmenbedingungen nicht grundlegend ändern, wird das Defizit immer wieder auftreten, wenn wir jetzt nicht konsequent gegensteuern.

Ich führe hierzu zahlreiche Gespräche – zuletzt auch in der Landeshauptstadt Potsdam – und muss feststellen, dass Kommunen keine zusätzlichen Hilfen von Bund oder Land erwarten können, obwohl sehr viele von ähnlichen Problemen betroffen sind.

In der Vergangenheit hatte Lübben einen hohen Bestand an Zahlungsmitteln, wo sind diese geblieben?

Wir haben in den vergangenen Jahren bewusst und sinnvoll in unsere soziale Infrastruktur investiert. Dazu gehören Erweiterungen der Grundschulen, der Neubau von Kitas, Investitionen in die Feuerwehren und in die allgemeine Infrastruktur. Damals waren die Schlüsselzuweisungen und Einnahmen ausreichend, um diese Investitionen zu tragen.

Heute kämpfen wir mit Kostensteigerungen und müssen die laufende Unterhaltung dieser Einrichtungen sicherstellen. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass unsere Rücklagen inzwischen aufgebraucht sind. Unser städtisches Konto ist leer.

Wir wird die Verwaltung mit dieser Lage umgehen?

Wichtig ist mir zuerst: Unsere Pflichtaufgaben werden wir weiterhin erfüllen. Dazu gehören Bildung, soziale Pflicht-Leistungen und die grundlegende Infrastruktur. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass wir viele freiwillige Leistungen haben, die wir derzeit nicht mehr im bisherigen Umfang finanzieren können. Hier wird und muss es Veränderungen geben. Wir prüfen außerdem, wie wir unsere Pflichtaufgaben wirtschaftlicher und sparsamer erfüllen können. In der Vergangenheit konnten wir großzügiger agieren – das war gut für die Menschen, aber diese Mittel stehen uns heute nicht mehr zur Verfügung.

Was sind die nächsten Schritte, um den Haushalt auf solide Füße zu stellen?

Unser Kämmerer hat bereits im Herbst erste Maßnahmen eingeleitet, unter anderem Haushaltssperren für einzelne Positionen, um unsere Zahlungsfähigkeit im Jahr 2025 sicherzustellen. Parallel dazu arbeiten wir am Nachtragshaushalt 2026, der im ersten Quartal 2026 der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt wird. Dieser Schritt ist entscheidend, um den Weg zur finanziellen Stabilität einzuschlagen. Alle Mitarbeitenden sind aufgefordert, mögliche Einsparpotenziale aufzuzeigen. Wir überprüfen unsere Aufgaben, analysieren Ausgaben und bestehende Verträge kritisch, identifizieren Einsparungen, prüfen zusätzliche Ertragsmöglichkeiten und achten insgesamt sehr bewusst auf einen verantwortungsvollen Einsatz der Ressourcen.

Eines ist jedoch klar: Diese Aufgabe können Verwaltungsspitze, Kämmerei und Mitarbeitende nicht allein bewältigen. Wir bitten auch unsere Bürgerschaft um Verständnis für die anstehenden Entscheidungen. Denn es geht darum, unsere Pflichtaufgaben zuverlässig zu erfüllen und gleichzeitig freiwillige Leistungen zu erhalten, die für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Attraktivität des Stadtlebens wichtig sind.

Was ist Ihre zentrale Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger?

Wir leben in mehreren Bereichen über unseren finanziellen Verhältnissen, und das zeigt sich sehr deutlich eben im Ergebnishaushalt. Ein Kredit würde uns nicht helfen, weil er die strukturellen Ursachen nicht beseitigt. Deshalb werden wir alle die Veränderungen spüren – durch Einschränkungen bei freiwilligen Leistungen oder eine sparsamere Wahrnehmung unserer Pflichtaufgaben.

Mir ist wichtig, dass wir offen und transparent darlegen, wo wir stehen, und dass wir diesen Weg gemeinsam gehen. Nur so können wir die finanzielle Zukunft unserer Stadt sichern.

In der nächsten Ausgabe informieren wir in dem Interview zum Thema „Einnahmesituation“.