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Lübbenauer Stadtnachrichten – Amtsblatt für die Stadt Lübbenau/Spreewald
Ausgabe 6/2023
Im Stadtgespräch
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AG Zeitgeschichte

Teil 6: Ein heißer Tag auf der Mudnitza

Welch' herrlicher Morgen! Wieder fuhren wir an den alten Eichen vorüber, die als Flöße am Eingange zum Spreewalde lagen, während sich unter ihnen die Aeste der darüber hängenden Bäume im Wasserspiegel wie urweltliche Seeschlangen in die Tiefe krümmten und wanden, und wieder gelangten wir nach Lehde. Heute, aber schlugen wir von dort aus einen anderen Weg ein, eine andere Grobla (Spreearm) trug uns weiter. Es war ein heißer Tag; die Insecten durchsummten die zitternde Luft, die blauen und grünen Libellen schossen von Halm zu Halm und Tausende von funkelnden Thautröpfchen, mit denen jedes Gräschen geziert war, konnten der heraufsteigenden Sonne nicht lange widerstehen. Wir schmorten auf unserem Sitze, welcher Zustand fast unerträglich wurde, als wir in einem der künstlichen Canäle das sengende Gestirn gerade vor uns hatten und nur die Kronen junger Bäume einen kärglichen Schatten gaben.

Heut war es lebendiger im Walde; man mähte Gras, schlug Holz, und oft glitten beladene Kähne an uns vorüber und das „guten Morgen“ am Werkeltage klang mir frischer, als an dem Tage Vorher. Nach manchen Kreuz- und Querfahrten kamen wir auf die Mutnitza, den Hauptstrom, der trotz seiner Breite dem Schiffer die meisten Schwierigkeiten macht. Er ist an vielen Stellen sandig und seicht, und oft mußten wir an das hier beinahe unwegsame Ufer, um eine Strecke zu Fuß zurückzulegen. Aber es war doch so schön in dem dickbelaubten, kühlen Urwalde, unter den mächtigen Eichen, Buchen und Erlen, unter denen schon, Gott weiß wer, vielleicht der Wendenfürst Jasko, sein Wesen getrieben haben mag, und die Vögel piepten so lustig über und um uns und Legionen von Sumpfthieren umraschelten uns, aufgeschreckt von dem ungewohnten Feinde. Gegen 10 Uhr gelangten wir endlich an einen Ruheplatz, zu den „drei Eichen“, bei welchen die „Eichschenke“ durch seine corpulente Wirthin ein großes Verdienst für verschmachtende Reisende entwickelt.

Ich weiß von meinen medicinischen Freunden nicht, ob und in welcher Quantität genossen saure Milch schädlich auf die menschliche Natur einwirkt, so viel aber glaube ich jetzt nach dem Bottich voll in der Eichschenke zu wissen, daß das Resultat auch der allergrößten Portion mich nur am Fortbewegen meiner Person hindern, sonst aber durchaus keinen Nachtheil erzeugen würde. Etwas schwerfällig saß ich auf unserer Bank im Kahn allerdings, als wir weiter fuhren den Strom hinauf, und die Transpiration, als wir wieder in der vollen mittäglichen Sonne schwelgten, war auch wohl einer besonders großen Anhäufung von Flüssigkeit zuzuschreiben. Bekanntschaften hatten wir auch gemacht und uns Freunde erworben, denn die Hunde der Eichschenke begleiteten uns noch ein gut Stück durch das Wasser.