wie den meisten von Ihnen sicher bekannt ist, hat der Gemeinderat im Juni 2023 mit entsprechenden Beschlüssen die Türen für zwei zukunftsweisende Investitionen auf unserem Gemeindegebiet geöffnet. Am Standort der ehemaligen Brikettfabrik Großzössen könnte demzufolge ein hochmodernes Rechenzentrum entstehen, das erweitert mit einem Batteriespeicher und einer Wasserstoffproduktionsanlage ca. 120 neue Arbeitsplätze für unsere Region in Aussicht stellt. Für die netzunabhängige Energieversorgung dieses Betriebes, ist auf einem Feld am Südufer des Hainer Sees die Errichtung einer modernen Freiflächenphotovoltaikanlage vorgesehen.
Beide Investitionen versprechen bei Umsetzung einen wichtigen Ausgleich für Steuereinnahmen und Arbeitsplätze, die uns nach dem Ende der Energieerzeugung aus Braunkohle in unserer Region ab dem Jahr 2035 nicht mehr zur Verfügung stehen.
Ab Juni 2023 wurden der Gemeindeverwaltung von Einwohnern der Gemeinde insgesamt sieben Bürgerbegehren angemeldet, die sich hauptsächlich gegen die oben erwähnten Gemeinderatsbeschlüsse richten. Fünf Bürgerbegehren wurden Anfang September mit ausreichend Unterstützungsunterschriften an die Gemeindeverwaltung übergeben. Auf die Einreichung von zwei Bürgerbegehren wurde verzichtet.
Mit Übergabe der ersten Unterschriftenlisten war es Aufgabe der Beschäftigten im Hauptamt unserer Gemeindeverwaltung, allen voran dem Einwohnermeldeamt Unterschriftenlisten und Daten der Unterzeichner auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen (Alter, wohnhaft im Gemeindegebiet und deren Dauer, Staatsangehörigkeit) zu prüfen. Nach dem Gesetz ist für diese Prüfung keine Bearbeitungsfrist gesetzt.
Parallel dazu wurden durch eine von uns beauftragte Rechtsanwaltskanzlei die sachlichen Grundlagen der Bürgerbegehren auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen geprüft.
Die Bearbeitung von fünf Bürgerbegehren, sicherlich bisher einzigartig im Freistaat Sachsen, stellt sich als große Herausforderung für unsere kleine Gemeindeverwaltung dar. Unser Einwohnermeldeamt war zu diesem Zeitpunkt krankheitsbedingt nicht voll besetzt. Parallel dazu musste jederzeit der tägliche Betrieb im Einwohnermeldeamt abgesichert sein.
Umbesetzungen innerhalb der Gemeindeverwaltung sind hier nicht ohne Weiteres möglich. Das Einwohnermeldeamt ist aus Gründen des Datenschutzes ein sensibler Bereich. Spezielle Berechtigungen für die Datenverarbeitung sind ebenfalls erforderlich. In dieser Situation hat sich die Gemeinde frühzeitig mit einer Stellenausschreibung für das Einwohnermeldeamt bemüht, Abhilfe zu schaffen. Das war auch erfolgreich. Die Stelle konnte aber erst ab Anfang Januar 2024 mit einem neuen Mitarbeiter besetzt werden.
Die Initiatoren der Bürgerbegehren wurden von uns schriftlich über diese Situation informiert. Von Beginn an wurde ihnen unsererseits Kooperationsbereitschaft angeboten.
Dennoch wählt man gegenüber der Gemeinde einen Kurs der Konfrontation, der von Vorwürfen und Beschimpfungen geprägt ist. In der letzten Publikation der Initiatoren werden uns als Gemeinde Neukieritzsch pauschal verschiedene Vorwürfe unterstellt: Um das Interesse der Bürger an der Thematik untergraben, Sie als Bürger „mürbe“ machen, und Ihr Recht auf Bürgerentscheid schwächen zu wollen, würde unsererseits eine „Verzögerungstaktik“ angewandt. Die Unterstellung gipfelt in der Behauptung, die Gemeinde würde Sie „für blöd verkaufen“ wollen.
Ich möchte Ihnen hiermit als Bürgermeister versichern, dass die benötigte Bearbeitungszeit der Bürgerbegehren ausschließlich aus den von mir genannten Gründen aufgewendet werden musste.
Selbstverständlich erkennt die Gemeinde mit Verwaltung, Gemeinderat und Bürgermeister den Bürgerwillen und das Recht auf Bürgerentscheid in vollem Umfang an. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 19. Dezember 2024 die Zulässigkeit von vier der fünf eingereichten Bürgerbegehren einstimmig beschlossen.
Das fünfte Bürgerbegehren war abzulehnen, weil es mit dem angestrebten generellen Verbot von Freiflächensolaranlagen einen Verstoß gegen geltendes Bauleitplanungsrecht zum Inhalt gehabt hätte. Es richtete sich nicht gegen ein konkret zu benennendes Vorhaben, wie bei den anderen vier Bürgerbegehren.
Die Gemeinde muss und wird nun bis spätestens März 2024 die Durchführung der vier zulässigen Bürgerentscheide ermöglichen. Hier ist vom Gesetz her eine Frist gesetzt.
Die pauschalen Vorwürfe an die Gemeinde, Bürgerwillen zu untergraben, die Bürger „mürbe“ zu machen, und sogar „für blöd verkaufen“ zu wollen sind unerhört und entbehren jeder Grundlage. Diese Wortwahl lässt alle Sachlichkeit vermissen und macht einen vernünftigen Dialog eigentlich unmöglich. Sie ist Zeichen von Respektlosigkeit, nicht nur gegenüber den Menschen, die in der Verantwortung für die Gemeinde stehen.
Diese Art populistischer Meinungsmache passt in das Bild aggressiver Auseinandersetzung, wie sie seit einiger Zeit an anderer Stelle zu den verschiedenen politischen Reizthemen geführt wird. Wer sich daran beteiligt und andere derart diskreditiert, ist nicht an einem gemeinsamen Miteinander interessiert. Nicht selten mündeten solche „Umgangsformen“ in der Vergangenheit sogar in Hass und Gewalt, die sich dann gegen die derart Angefeindeten richtete. Deshalb muss solcher Ausdrucksweise auch vehement widersprochen werden.
Natürlich soll man verschiedene Ansichten austauschen und gern auch Kritik äußern. Dann aber bitte in dem Ton, den man sich für sich selbst von seinem Gegenüber wünscht!
Ich hoffe, dass sich die große Mehrheit der Menschen in unserer Gemeinde nicht von Unsachlichkeit und Respektlosigkeit anstecken lässt. Denn auch nach den Bürgerentscheiden wollen wir gemeinsam ein gutes Miteinander pflegen, so wie wir es in unserer Gemeinde bisher gewohnt waren.