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Spreeauen-Bote - Amtsblatt der Gemeinde Malschwitz
Ausgabe 2/2025
Schulen und Kindertagesstätten
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Schule Baruth - Erinnerungen aus den 70er- und 80er-Jahren

Alte Schule Baruth

Das Jahr 1980/81 mit einer Reise zurück und den Start des Schullebens nach dem II. Weltkrieg – Teil 1

Das Schuljahr 1980/81 brachte das letzte Dienstjahr für die Grundschullehrerin Margret Ssyckor. Seit Januar 1946 war sie Lehrerin in Baruth, also 5 Jahre bevor meine Existenz als Zentralschule hier in Baruth begann. Weil ich annehme, dass ihr, liebe Leser und Leserinnen, auch etwas über das Schulleben nach dem Ende des 2. Weltkrieges erfahren wollt, gestattet mir heute diesen kleinen Rückblick: Überall herrschte große Not, Trauer um die im Krieg getöteten Menschen, zerstörte Städte und Dörfer, zerstörte Industrie und Landwirtschaft, Wohnungsnot, Hunger und Kälte, besonders im Winter 1945/46. Mit großer Hoffnung auf ein besseres Leben begannen die Menschen mit dem Wiederaufbau. Dazu gehörte auch, dass die Schuljugend endlich einen geordneten Unterricht bekam. Die Grundlage in der russisch besetzten Zone legte man dafür am 18.10.1945 mit der Demokratischen Schulreform. Neue Lehrbücher, ohne faschistisches Gedankengut, wurden gebraucht. So erschienen in dem 1945 gegründeten Verlag Volk und Wissen bis 1949 39 Millionen Schulbücher. Lehrer/-innen, die in der Nazizeit unterrichtet hatten, durften ab 1946 keinen Unterricht mehr geben, denn wie hätten sie z.B. die Forderung „gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder unseres Volkes“ und „Erziehung zur Völkerfreundschaft“ erfüllen können? In diesem Umwälzungsprozess mussten sich Zehntausende bewähren, die in ihrem Leben kaum daran gedacht hatten, einmal Lehrer zu werden. Natürlich war eine gute Schulbildung die Voraussetzung, ebenso wie sie kein Mitglied der NSDAP während der Zeit des Faschismus, 1933 – 1945, gewesen sein durften. Bereits mit dem Schuljahr 1945/46 begannen 15000 Neulehrer ihre Arbeit. Meist besaßen sie keine oder nur eine sehr kurze pädagogische Ausbildung. Heute würde man sie „Quereinsteiger“ nennen. Weil die Zeit für die Ausbildung zum Neulehrer, meist nur ein paar Wochen, natürlich nicht ausreichte, erforderte das Bestehen vor den Klassen neben pädagogischem Gespür, ständiges Weiterbilden im Selbst- oder Fernstudium. Ich erwähnte eingangs, dass Frau Ssyckor im Januar 1946 erstmals als Neulehrerin vor einer Klasse stand. Sie war damals 25 Jahre alt. Anlässlich ihres 80. Geburtstages, im März 2001, gab Herr Müller einen Rückblick über ihr Leben. Diese Ausführungen nehme ich heute als Stütze und kann euch berichten, dass Frau Ssyckor und der Altlehrer Herr Jenke im Januar 1946 130 Schüler und Schülerinnen unterrichteten. Nach nur 2 Wochen, also noch im Januar 1946, wurde Herr Jenke entlassen, denn auch er war während der Hitlerzeit Lehrer gewesen. Plötzlich stand Frau Ssyckor allein mit 130 Kindern, darunter Johanna Graf, spätere Lehrerin Kosk, Horst Gärtner, ebenfalls späterer Lehrer und Hans-Joachim Schmidt da. Und das als Anfängerin! Sie war Neulehrerin, Schulleiterin und Sekretärin zugleich. Sechs Wochen dauerte diese schlimme Zeit für sie. Am 1.März kam Herr Koban als Retter. Damals war er 18 Jahre alt und hatte, wie Frau Ssyckor, nur eine kurze Ausbildungszeit zum Neulehrer hinter sich. Und die Disziplin? Herr Koban‘s Größe war unter anderem die Voraussetzung dafür, dass die Schüler ihn respektierten.

Beide Lehrer teilten die 130 Schüler wie folgt auf: 1. und 2. Klasse, sowie 3. und 4. zusammen in einem Zimmer, die 5. Klasse allein und die Klassen 6-8 lernten wieder zusammen in einem Raum.

Beide Lehrer meisterten alle Anfangsprobleme, auch den vielen Nachmittagsunterricht. Leichter wurde es für sie, als das Schulamt in Bautzen Herrn Suschke und Herrn Nagel als zusätzliche Lehrkräfte schickte, das war aber erst 1947. Auch der Altlehrer Jenke kehrte an seine Schule zurück und durfte, bis zu seiner Pensionierung 1951, wieder unterrichten. Dafür war Herr Koban aber nicht mehr an der Schule. Er kam erst am 2.10.1952 zurück, da er ein Direktstudium im Pädagogischen Institut Kleinwelka zum Mittelstufenlehrer absolvierte.

Weil die alte Schule für die Schüler zu eng wurde, mussten einzelne Klassen den Saal im Jugendheim, heutige Kita „Eichhörnchen“ und 2 Räume im ehemaligen Schloss, welches 1950/51 abgerissen wurde, nutzen. Der Sportunterricht fand auf dem Baruther Saal im Gasthof Müller statt. Das alte Schulgebäude neben dem Friedhof, an der Dubrauker Straße, ist seit 1953 nur noch Wohnhaus. Einige zugemauerte Fenster an der Straßenseite erinnern an die einstigen 2 Klassenzimmer in Parterre, der dritte Klassenraum besaß, in einem kleineren Anbau auf der Hofseite, einen Eingang extra. Die Schülertoiletten befanden sich im Hof am Schluss der Schuppen in einem hölzernen Verschlag. Es waren sogenannte „Plumpsklos“. In der oberen Etage des Schulhauses gab es 2 Lehrerwohnungen. Die Lehrer Jenke und Pannach wohnten dort mit ihren Familien zur Miete. Frau Pannach hatte nach dem Tod ihres Mannes 2 Räume an Lehrer untervermietet, wobei das Wohnzimmer, bis zu meinem Neubau, als Lehrerzimmer genutzt wurde. Frau Pannach war mit ihrer Tochter für die Ofenfeuerung in den Klassenräumen verantwortlich, ebenso für die Säuberung der Räume.

Im nächsten Spreeauenboten berichte ich in einem 2. Teil weiter aus dieser Zeit.

Bis dahin, grüßt euch,
eure Schule