Hallo meine Leser, da bin ich wieder!
Letztens habe ich euch erzählt, wie viele freiwillige Tätigkeiten durch meine Lehrer durchgeführt wurden und ich glaube, dass eine große Portion „Einsicht in Notwendigkeiten“ und sicher, manchmal auch, das Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse gefordert wurde. Frau Kosk möchte ich hier, als ein Beispiel für viele, nennen. Schon kurz nach dem Beginn ihrer Tätigkeit als Lehrerin in meinen Gemäuern, ließ sie sich überzeugen, den Musikunterricht bis zur 10. Klasse zu erteilen, obwohl sie nur als Unterstufenlehrerin ausgebildet war. Die Argumente des Direktors waren: „Uns fehlt zurzeit ein Musiklehrer. Bis auf Weiteres kann uns keiner helfen. Du leitest den Schulchor, spielst Klavier, kennst die Noten und recht gut singen kannst du auch - bitte, hilf uns!“ Tja, was sollte sie denn da noch für Gegenargumente bringen? Sie hatte ein Einsehen und übernahm den Unterricht.
Herr Müller musste sich als Rentner später immer wieder einmal von seiner Frau anhören, dass er es mit seinem Kollegium doch sehr guthatte, denn jeder gab sein Bestes. Vielleicht ist aber dieser Einsatz auch ein Grund dafür, dass ich, die kleine Schule in Baruth, zu den Besten im Kreis Bautzen gehörte. Wurden unsere ehemaligen Schüler an der EOS (erweiterte Oberschule, heute Gymnasium) oder als Lehrling in den Betrieben gefragt, von welcher Schule sie kämen, so merkten sie an der Reaktion der Fragenden, dass ihnen mein guter Ruf vorausgeeilt war. Auch in der „Sächsischen Zeitung“ erschienen oft Artikel und man berichtete über die Aktivitäten hier in Baruth.
Zum Schluss habe ich heute ein Winterferienerlebnis vom Februar 1970 für euch. Wieder einmal war eine Wanderfahrt zum Skilauf und Rodeln nach Geising (Osterzgebirge) geplant. Meine 9. Klasse wurde vom Ehepaar Müller begleitet. Frau Müller war seit 2 Jahren die Klassenlehrerin der Klasse, die davor durch Herrn Nelamischkis betreut wurde. Der kleine Müller, 3-jährig, war dabei und ließ sich liebend gern von den großen Schülern tragen und verwöhnen. Als die Truppe gegen 6.00 Uhr morgens auf dem Bahnhof starten wollte, ahnte keiner, dass sie erst abends gegen 19.00 Uhr in Geising ankommen würden und das noch nicht einmal vollzählig. Was war passiert? Alle Schüler warteten in Baruth auf dem Bahnhof auf den Zug aus Löbau, der die Gröditzer Schüler bringen sollte. Doch, gewaltige Schneemassen verwehrten diesem die Fahrt nach Baruth. Unser Zug aber konnte nicht länger warten und so stiegen die Baruther ein und kamen auch relativ pünktlich in Bautzen an. Dort stiegen sie um und dann ... quälte sich der Zug langsam auf den tiefverschneiten Gleisen einige Kilometer voran. In Rattwitz allerdings verlor er den Kampf gegen die Schneemassen und steckte fest. Drei Stunden dauerte die Befreiungsaktion. Währenddessen machten sich meine Lehrer Sorgen um die Gröditzer Schüler. Waren sie angekommen und sicher und was ist denn mit der Jugendherberge „Hanno Günther“? Hatten die Mitarbeiter durch das Radio vom Schneechaos in der Lausitz erfahren? Ja, damals gab es noch keine Handys, die man einfach aus der Tasche gezogen hätte und kurz Bescheid gegeben hätte. Ehrlich, kaum vorstellbar, aber es gab ja noch nicht einmal Telefone. In Baruth, zum Beispiel, gab es nur auf der Post am Markt, in der Schule und in der Arztpraxis ein Telefon und wer telefonieren wollte, der musste sich dorthin begeben. Nach Schulschluss war also der Direktor für niemanden erreichbar und deshalb beantragte Herr Müller dann später in den 80 er Jahren einen Telefonanschluss für seine Wohnung, das aber einfach nur am Rande erwähnt. Zurück zur Geisingfahrt! Je weiter sich meine Wintersportleer von Bautzen entfernten, desto besser wurden die Wetterverhältnisse. Als sie abends in Geising ankamen, wartete schon ein Telegramm, abgeschickt von den Gröditzern, auf sie.“ Ankunft mit dem nächstmöglichen Zug“. Meine „Tausendsassas“ hatten sich bei der Bahnpolizei gemeldet und dort, ihr wetterbedingtes Missgeschick geschildert. Daraufhin konnten sie ohne Fahrschein ihrer Klasse hinterherfahren und Frau Müller holte sie schließlich in Geising ab. Alle waren überglücklich und nun konnten die schönen Ferientage in Geising, Altenberg und in Zinnwald beginnen. Ich habe erst später in den Klassenzimmern von dieser aufregenden Reise erfahren. Die Schüler bekamen die Aufgabe einen Aufsatz zu schreiben. Der Titel zum Aufsatz lautete: „Baruth - Rattwitz in 3 Stunden“.
Tja meine lieben Leser, es war immer aufregend und spannend hier. Hier habe ich noch 2 alte Zeitungsartikel für euch.
Vielleicht erkennt sich ja jemand auf den alten Fotos. Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und ich konnte eure Erinnerungen schüren … Seid gegrüßt von eurer Schule.