In einer Zeit, in der Leipzig im Rauch seiner Fabrikschlote aufging und Chemie noch nach Abenteuer roch, war Hermann Frenkel mehr als nur ein Unternehmer – er war ein Visionär mit Gespür für Farbe, Fortschritt und Verantwortung. Mölkau, heute ein ruhiger Leipziger Stadtteil, verdankt ihm einen Teil seiner industriellen Prägung. Der ein oder andere wird letztes Jahr zur 700jahr-Feier vielleicht auch schon etwas über die industriellen Wurzeln Mölkaus gelesen haben und eben auch über ihn gestolpert sein.
Vom Leipziger Tüftler zum Mölkauer Fabrikanten
Geboren im 19. Jahrhundert, begann Gustav Hermann Frenkel als junger Chemiker in Leipzig-Gohlis zu experimentieren. Mit Wilhelm Alex Galleh gründete er 1877 die Firma Frenkel & Galleh. Bald jedoch trennte sich ihr Weg – Frenkel übernahm die Firma vollständig und verfolgte zielstrebig seine Vision: Lacke, die die Welt haltbarer, schöner und moderner machen würden. Seine Produkte – zunächst einfache Öllacke – fanden reißenden Absatz in einer Zeit, in der Industrialisierung und Infrastrukturaufbau boomten. Lack war nicht nur Schutz – er wurde Symbol von Fortschritt und Gestaltung.
Als Leipzig zu eng wurde, fiel eine weitreichende Entscheidung: Der Umzug der Firma aufs Land – nach Mölkau. Das damals dort verfügbare Ackerland vor den Toren Leipzigs (heute das Gebiet Gutberletstraße/Mühlberg) hatte Entwicklungspotential für industrielle Erweiterungswünsche – nicht zuletzt durch den direkten Anschluss an das Schienennetz. Hier fand Frenkel ein Areal von 53.000 Quadratmeter, wo ab 1911 eine moderne Fabrik mit innovativen Anlagen und großzügigen Werkhallen entstand. 1913 war der Umzug abgeschlossen – Mölkau wurde zum neuen Zentrum der Farben. Die Lackfabrik war zu dieser Zeit ein Leuchtturm der lokalen Industrie. Rund 120 Menschen fanden hier Arbeit – viele von ihnen stammten aus Mölkau und Umgebung. Frenkel galt als streng, aber fair. Ein Unternehmer mit Prinzipien – seiner Belegschaft verlangte er viel ab, aber er zahlte gut und investierte in moderne Arbeitsbedingungen.
Frenkel war kein Fabrikant im Zylinder, der sich nur im Kontor blicken ließ. Er war oft in den Werkstätten anzutreffen, sprach mit Technikern, mischte Proben, testete neue Rezepturen. Besonders stolz war er auf die Entwicklung der „Faktorfarben“ – einer Lackserie, mit der man „nass in nass“ arbeiten konnte. Das revolutionierte die Anstrichtechnik – vor allem in der Möbelindustrie. Seine Firma exportierte mittlerweile nach Frankreich, Schweden und in die Niederlande. Das Mölkauer Werk war Teil eines internationalen Erfolgs.
Während des Ersten Weltkriegs stellte die Fabrik notgedrungen auf kriegswichtige Produkte um. Hermann Frenkel, kein Militarist, aber Pragmatiker, wusste: Nur wer mitmacht, überlebt. Doch er sorgte auch in diesen Zeiten für seine Belegschaft – mit Notküchen, Kleiderausgaben, und einem Sozialfonds für Witwen. In den 1930er-Jahren übergab Frenkel schrittweise die Leitung an jüngere Nachfolger. Doch seine Präsenz blieb spürbar. Die „Alten“ erzählten, wie er, bereits ergraut, noch in den 1940ern durch die Hallen ging, mit wachsamem Blick und einem Hauch Lackgeruch im Mantel. Am 10. April 1945 traf ein verheerender Bombenangriff Mölkau – die Lackfabrik wurde zu 85 % zerstört. Ob Hermann Frenkel das noch miterlebte, bleibt unklar. Die Quellen verlieren sich im Rauch der Kriegsjahre. Doch sicher ist: Sein Lebenswerk wurde bald darauf enteignet und als volkseigener Betrieb unter neuem Namen weitergeführt.
Trotzdem bleibt Hermann Frenkel ein fester Bestandteil der Mölkauer Geschichte. Sein Werk prägte Generationen, sein Mut zur Innovation war beispielhaft.
Heute erinnern nur noch wenige Spuren an die einstige Lackfabrik – doch wer mit offenen Augen durch Mölkau geht, findet hier und da alte Fabrikmauern, stillgelegte Gleise, verwitterte Werkstore. Die Lackfabrik Hermann Frenkel befand sich in Leipzig-Mölkau, genauer am Mühlweg 2. Dies geht aus historischen Unterlagen hervor, die die Adresse im Zusammenhang mit dem Privatanschlussgleis der Firma dokumentieren.
Das abgebildete Foto zeigt zeigt den Briefkopf aus dem Jahr 1931 der Lackfabrik Hermann Frenke und bietet einen authentischen Einblick in die Unternehmensdarstellung jener Zeit. Es ist in den digitalen Sammlungen der SLUB Dresden verfügbar.
digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/346853/1
Das Veikkos-Archiv präsentiert verschiedene historische Reklamemarken der Lackfabrik Hermann Frenkel. Diese Marken, wie beispielsweise „Chromatin feinste Japan-Emaille Farbe“ und „Streichfertige Fußboden-Lackfarben“, illustrieren die Produktpalette und das Marketing des Unternehmens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
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Weitere Details zur Lackfabrik Hermann Frenkel finden sich auch im Sächsischen Staatsarchiv unter archivportal-d.de und auf direktem Weg über den QR-Code