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Neustädter Anzeiger - Amts- und Heimatblatt der Stadt Neustadt in Sachsen
Ausgabe 20/2023
Kulturelles
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Zirkel Schreibender

Zirkel Schreibender

Der ehemalige Verein der Neustädter Autoren begeht in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum. Aufgrund der Auflösung des Vereins wurde der „Zirkel Schreibender“ ins Leben gerufen. Die nachfolgende Geschichte und das Gedicht stammen von Brigitte Weigelt.

Wie die Polenzer zum Wartburgsaal kamen

Im Jahre 1897 kaufte Erwin Beyer das Grundstück des heutigen Erbgerichtes, mit einem in die Jahre gekommenen Wohnstall- und Scheunengebäude. Noch im gleichen Jahr ließ er die Gebäude abreißen.

Er wollte ein modernes Erbgericht schaffen, das herausragt aus den üblichen Dorfgasthöfen. Größer sollte es sein, mit vielen Gasträumen.

Erwin Beyer hatte von dem Festsaal auf der Wartburg gehört, von den Sängerfestspielen und Konzerten, von der guten Akustik.

Mit seinen Visionen lief er von Unternehmer zu Unternehmer. Wurde belächelt. In dem Baumeister F. H. Caspar aus Oberottendorf fand er endlich einen Verbündeten. Mit ihm fuhr er nach Eisenach.

Als der Burgvogt für seine Gäste den Wartburgsaal aufschloss, huschten die Burgvogtskinder Max und Anna als erste durch die Tür. Sie spielten Verstecken, riefen sich Kinderreime zu, lachten und sangen.

Der Polenzer Gastwirt war als Mitglied des Männergesangvereines so angetan von der Akustik des Saales, dass er den Kindern einen Groschen schenkte. Die kleine Anna wollte nicht mehr aufhören zu singen. Sie hoffte wohl auf einen weiteren Groschen.

Für den Gastwirt aus Sachsen stand fest, dass es im Polenzer Erbgericht einen großen Saal nach den Bauplänen des Wartburgsaales geben muss, mit umlaufender Verandakonstruktion aus Holz. 220 Sitzplätze mit Theke und Bar, ein kleiner Saal sollte sich anschließen. Wohnräume und Fremdenzimmer im Dachgeschoss.

Im Erdgeschoss eine Gaststube mit Theke und ein Versammlungsraum. Eine Fleischerei mit Schlachthaus im Hof. Eine Bäckerei mit Backstube im Keller. Unabhängig wollte er sein.

In nur einem Jahr Bauzeit wurde die Idee von Erwin Beyer umgesetzt. Für die Bauleute zu den damaligen Verhältnissen eine enorme Leistung.

Das Erbgericht Polenz konnte zur Kirmes 1898 eingeweiht werden. Der Eröffnungsball fand unter großem Jubel statt. Nicht jeder bekam einen Platz.

Flammender Herbst

Leuchtende Bäume soweit der Blick trägt,

zitronengelb bis schokobraun,

ein leises Ticken,

wenn ein Blatt sich löst

die Erde berührt.

Der Wind singt ein raues Lied.

Brigitte Weigelt