Abriss der „Schwarzen Kuh“ im März 2016, Foto: Werner Thalheim
Das fast fertiggestellte Quartier V bereits in Teilnutzung im Jahr 2017
Ehemaliges Heizhaus im Februar 2018, Foto: Werner Thalheim
Sprengung des Schornsteins am 24. September 2019
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Vor zehn Jahren, am 2. November 2015, erhielt die Stadt Neustadt in Sachsen einen Zuwendungsbescheid vom Freistaat Sachsen in Höhe von rund 6,15 Millionen EUR. Die Fördermittel, welche im Rahmen der Bund/Länder Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) bereitgestellt wurden, waren der finanzielle Startschuss für die Revitalisierung des Gebietes an der Kirschallee. Das 14 Hektar große Areal, welches seit Anfang der 1990er brach lag, war ehemals Werksgelände des Kombinates Fortschritt Landmaschinen. Zur Übergabe des Fördermittelbescheids erfolgte der erste Baggerhub, den Bürgermeister a. D. Peter Mühle persönlich vornahm.
Die Pläne, dieses Gebiet zu revitalisieren, gab es jedoch schon Jahre zuvor. Im Früher 2014 erfolgte der Grunderwerb für das Gesamtareal und der Kauf.
Umfangreiche Vermessungsarbeiten, Altlastenunter-suchungen sowie Erschließungsplanungen wurden beauftragt und schrittweise umgesetzt. Die naturschutzrechtlichen Analysen nahmen einige Monate in Anspruch bis im September 2014 der entsprechende Förderantrag gestellt werden konnte.
Für die weiteren Bebauungsmöglichkeiten wurde ein Bebauungsplan beschlossen und in Bearbeitung gegeben. Damit begann ein anspruchsvolles und wichtiges Vorhaben, welches Bürgermeister a. D. Manfred Elsner gemeinsam mit dem damaligen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich, der die Industriebrache am 28. August 2014 besichtigte, startete.
Nach gut zwei Jahren war die Revitalisierung abgeschlossen und damit eine Industriebrache von ca. 14 Hektar Fläche mit ruinöser Bausubstanz, Vermüllung und mit Wildwuchs bedeckten und stark versiegelten Flächen beseitigt.
Entstanden sind im Zuge der Neuerschließung geländebedingt terrassierte Gewerbeflächen mit allen notwendigen Medien- und Verkehrsanbindungen. Bereits im gleichen Jahr wurde eine erste Fläche verkauft. Bis zum Jahresende 2017 erfolgten abschließende Arbeiten, wie der Stützwandbau im nordwestlichen Teil des Quartiers II, die Fertigstellung des Regenrückhaltebeckens und im südlichen Teil des Quartiers V die Spritzbetonwand, Absturzsicherungen, Zufahrten sowie die Bepflanzung der Böschungen.
Am 26. Januar 2018 luden Bürgermeister a. D. Peter Mühle und Frank Beyer, damaliger Geschäftsführer der Industrie-Center Neustadt GmbH (ICN), ins Industriegebiet Kirschallee zum offiziellen Abschluss der Revitalisierung der Industriebrache des ehemaligen Kombinates Fortschritt Landmaschinen ein. Viele Gäste aus Politik und Wirtschaft, Beteiligte am Bauvorhaben sowie Stadt- und Aufsichtsräte folgten der Einladung zu einem Rundgang durch das gesamte Gewerbegebiet.
Damit war die Bautätigkeit in diesem Gebiet aber nicht beendet, denn es sollte weitergehen. Das angrenzende nordöstlich gelegene 5,2 Hektar große Areal wurde ebenfalls erschlossen. Das alte Heizhaus, der Schornstein und das Gebäude des ehemaligen Schrotthandels konnten durch die ICN GmbH erworben werden. Ein Fördermittelantrag für dessen Erschließung wurde gestellt. Im Februar 2018 wurde auf der Fläche, die zwei Ebenen umfasst, mit der Beseitigung des Wildwuchses begonnen, um schnellstmöglich die alten Ruinen abreißen zu können.
Zur Finanzierung stellte die ICN GmbH bei der Landesdirektion Sachsen ebenfalls ein Antrag auf Förderung. Aufgrund unvorhersehbarer Altlasten im Bodenbereich kam es zu höheren finanziellen Aufwendungen und einer neuen Kostenausweisung im Fördermittelantrag. Die positive Antwort dazu erhielt die Stadt am 24. Mai 2019 mit dem Bescheid für das Vorhaben „Revitalisierung der Industriebrache Kirschallee 2“ und mit einer 85%igen Förderung. Schlussendlich beteiligte sich der Freistaat Sachsen an der Beseitigung der Altlasten und an der Schaffung eines neuen Industriegebietes auf dem 5,2 Hektar großen Grundstück mit 4,1 Millionen EUR.
Ein besonderes Datum, dass noch allen in Erinnerung ist, war die Sprengung des letzten Zeitzeugens, des 102 Meter hohen Schornsteins, am 25. September 2019, um 14:00 Uhr mit sechs Kilo Sprengstoff. Über viele Jahrzehnte hinweg war er das sichtbare Wahrzeichen der Kirschallee. Das Heizhaus mit dem Schornstein diente zur Versorgung des Fortschritt Landmaschinenbetriebes sowie der Wohnbaugebiete Heinrich-Heine-, Maxim-Gorki- und Friedrich-Engels-Straße. Das Kesselhaus wurde in den Jahren 1982/1983 und der Schornstein 1984/1985 im Auftrag des Fortschrittkombinates erbaut.
Nach dem Rückbau aller ehemaligen Ruinen und Gebäude, auch die auf der oberen Ebene, erfolgten anschließend die Verlegung der Schmutz- und Regenwasserkanäle, der Trinkwasserleitung, die Erweiterung des Regenwasserrückhaltebeckens, der Bau einer Löschzisterne sowie der neuen Erschließungsstraße, die am 30. Juni 2020 asphaltiert wurde.
Mit der verkehrstechnischen Erschließung der Grundstücke der oberen Ebene Kirschallee 2 wurde das Gesamtvorhaben fertiggestellt und die Grundstücke konnten veräußert werden.
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Heute ist das gesamte Industriegebiet fast voll belegt. So haben sich die Unternehmen Capron GmbH,
Müller Pflasterbau GmbH und die Spedition Reize GmbH angesiedelt. Auch die LGI Deutschland GmbH hat einen ihrer Standorte in der Kirschallee und der Zweckverband Oberes Elbtal (ZAOE) wird voraussichtlich nächstes Jahr von der Werner-von-Siemens-Straße dorthin umziehen.
Abschließend kann man sagen, dass mit der insgesamt 19 Hektar geschaffenen Gewerbefläche die Industrietradition, einst durch das Kombinat Fortschritt Landmaschinen geschaffen, an diesem Standort in anderer Form weiterlebt.