Titel Logo
Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft für die Stadt Neusalza-Spremberg
Ausgabe 11/2024
Gemeinde Dürrhennersdorf
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

In der Geschichte unseres Dorfes geblättert

Arbeiter auf dem Rittergut um 1920

Teil 15

Martin Erich Schubert wurde am 22.09.1894 in Rodewisch – Untergöltzsch in Sachsen als Sohn des Pfarrers Martin Schuber geboren. Er besuchte das Gymnasium in Zwickau, studierte kurze Zeit in Genf. Im I. Weltkrieg wurde er zu einem Feldartillerie – Regiment einberufen. Mai 1919 wurde er als Oberleutnant aus dem Militärdienst entlassen. Nun begann er seine landwirtschaftliche Ausbildung als Scholar in Trünzig. Zuletzt war er in Gailsdorf als Inspektor tätig. Am 01.07. 1923 übernahm er die Bewirtschaftung des Rittergutes in Dürrhennersdorf zunächst als Pächter und nach dem Tode seiner Tante Hede Hoffmann am 14. 10.1928 als Eigentümer. Mit sehr viel Geschick, Sachverstand und Energie hatte Erich Schubert trotz des schwierigen Anfangs während der Inflation das Gut bald wieder zu einem leistungsfähigen Musterbetrieb entwickelt. Dabei hat ihn seine Frau Theodora Schubert, geb. Quaas, tatkräftig unterstützt. Sie heirateten am 05.03. 1922 in Dresden. Der Betrieb wurde bald nach der Übernahme zur Saatgut - Vermehrung, zur

Lieferung von Vorzugsmilch und zur Ausbildung männlicher und weiblicher Lehrlinge von der Landwirtschaftskammer anerkannt. Im der „Oberlausitzer Dorfzeitung und Tageblatt“ in der Neugersdorfer Ausgabe vom 13. Juli 1927 stand eine Annonce des Dürrhennersdorfer Rittergutes. „Geschäfts-Eröffnung Am 15.Juli wird in Neugersdorf, Ecke Fünfhäuserweg und Rosenstraße, ein Spezialgeschäft für Molkereiprodukte, Eier und Geflügel eröffnet. Rittergut Dürrhennersdorf“.

Martin Erich Schubert´s Sachverstand und sein Einsatz für den Berufsstand fanden Anerkennung durch die Übertragung vieler Ehrenämter. Er war Mitbegründer des Versuchsringes, war unter anderem Vorsitzender der Vorzugsmilcherzeuger im Kreis Löbau, Vorstandsmitglied der Maschinenzentrale und Vorsitzender der Zentralmolkerei Löbau. Er war führend in der örtlichen Feuerwehr und war lange Zeit als Stellvertreter des Bürgermeisters und kurze Zeit sogar als Bürgermeister tätig, ohne jemals einer Partei angehört zu haben. Auch war er Vorsitzender des Kirchenvorstandes von Dürrhennersdorf. Im II. Weltkrieg musste er als Offizier wieder Dienst leisten. Zeitweise leitete er das Wehrkreiskommando Rumburg. Da er sich in dieser Zeit nicht mehr ausreichend um die Bewirtschaftung des Hofes kümmern konnte, musste er den Hof vorübergehend an Emil Peuckert verpachten. Als dieser Ende 1944 verstarb, übernahm er den Hof wieder in Eigenbewirtschaftung.

In den letzten Wochen des II. Weltkriege wurde durch die Instandsetzungsabteilung der SS Falschirm – Division Hermann Göring ein Panzerreparatur – Stützpunkt, für kurze Zeit, auf dem Rittergut eingerichtet.

Auf Grund der Bodenreformverordnung vom 10.09.1945 begangen in Sachsen die Enteignungen. Dies betraf auch Erich Schubert und seine Familie.

Sein hohes Ansehen und seine große Hilfsbereitschaft für Andere gehen auch aus der Tatsache hervor, dass die Mitarbeiter des Hofes und die Vertriebenen ( Flüchtlinge, Umsiedler und Vertriebenen aus Ost Preußen, Schlesien und dem Sudetengau ), die zunächst auf dem Hof untergekommen waren und später eine Siedlerstelle vom Gut abbekommen sollten, ihn baten den Hof weiter zu bewirtschaften wie bisher.

Fürsprecher von ihm und der Familie fuhren nach Dresden. Aber es hatte nichts geholfen, wie so viele Deutsche, musste auch die Familie Schubert beraubt ihres Eigentums, der Heimat, ohne Hab und Gut, kurz vor Weihnachten 1945 binnen 24 Stunden Dürrhennersdorf verlassen. In der Nacht vom 20.12. zum 21.12.1945 verließ Familie Schubert Dürrhennersdorf. Das Schicksal dieser Menschen und der Vertriebenen muss uns heute noch berühren. Manchmal denunziert, zu Unrecht beschuldigt, einfach vom „Sieger“ von Haus, Hof, Gut vertrieben, kann man sich das heute noch vorstellen?

Ein Mensch, der unser Dorf mit geformt hat, Martin Erich Schubert, ist am 06.Mai 1968 in Garßen bei Celle in Niedersachsen gestorben, ohne noch einmal sein geliebtes Dürrhennersdorf wiedergesehen zu haben.

Auf Anordnung des russischen Kommandanten, der in der Kommandantur in Großschweidnitz seinen Sitz hatte, musste unser damalige Bürgermeister Richard Müllrich das Gesamtbild des Hofes verändern. So wurde der schöne Mittelbau mit Turmuhr und Glocke weggerissen. Der Deich zwischen dem Hof und der Gärtnerei Günzel wurde zugeschüttet.

Das Rittergut umfasste eine Gesamtfläche von 133,33 ha, davon waren 4 ha Wald.

Von da ab übernahm die Ortsbodenkommission ( sie nannte sich auch Ortslenkungskommission ) die Verantwortung über das enteignete Gut. Als Mitglieder der Ortsbodenkommission waren unter anderem tätig : Max Marschner, Robert Röthig, Reinhold Weber. Der Boden wurde nun an Landarbeiter, Umsiedler und Vertriebene verteilt. Das Waldstück unterhalb des Hutberges zum Bahnhof hin wurde als Bauland an den Rat der Gemeinde vergeben. Der neue Friedhof und der spätere Kinderspielplatz gingen ebenfalls aus der Bodenreform hervor. Das Gelände der jetzigen Deiche ( ehemals das sogenannte „Alfred Schebitz Bad ) am Fuße des Kuhberges wurde für Kleingärten zur Verfügung gestellt. Auch vor dem Gelände, wo sich heute die Silos befinden, waren gegenüber dem ehemaligen Spielplatz Kleingärten angelegt.

Bis Ende Januar 1946 waren die ausgemessenen Landflächen von Neubauern übernommen worden. Etwa zu diesem Zeitpunkt wurde das vorhandene Nutz- und Zugvieh des ehemaligen Rittergutes an die Neubauern vergeben. Ebenso wurden Maschinen und Geräte verteilt. Der Wald unterhalb des Seidelberges wurde ebenfalls an die Neubauern verteilt. Die Landflächen der Neubauern betrug ungefähr 5 – 6 ha. Dazu kamen etwa 0,20 ha Wald, der ca. 20 Jahre alt war.

Hartmut Klinger

Fortsetzung folgt!