Teil 10
Das kleine Stück Land lohnte ihre Mühe. In den Stuben dröhnten die Webstühle. Auch hier war ein Webstuhl frei, für jeden weiteren wurden sechs Groschen Stuhlgeld entrichtet.
Der Obere Hof mit Jägerhaus und Schafstall erhielt sich wohl noch eine Zeit, aber es wurde stiller um ihn. Denn als man auch die nördliche Hälfte seiner Flur zerschlug, wurde ihm der Lebensgrund entzogen. Das ging freilich langsamer vor sich, da der Frau Mutter- Busch und der Eichbusch ihre Ausläufer ein Stück am Wasser entlang zogen und das Freiland durch Rodung erweitert werden musste. Dann aber reihten sich wie auf der südlichen auch auf der nördlichen Seite die Häuser, bis das ganze Dörflein in seinem vierten Jahrzehnte 59 Hausbesitzer hatte. Nur fehlten der Tochtersiedlung die Bauernhöfe mit Waldhufen. Die Landstreifen der Gärtner und Häusler endeten vor dem Busche. Zwischen beiden Häuserreihen ist noch, wie früher in Dürrhennersdorf die Aue, das Wiesenland.
Damit auch die Neuschönberger die fröhliche Geselligkeit pflegen konnten, gab es bald einen Kretscham. Sicher die Gaststätte die viele noch im Volksmund als „Dreckcher Ärmel“ kennen. Freilich konnten sie nicht zechen wie die Großbauern, sie mußten ihre Groschen sparen und machten den Kretschmer nicht fett. Um 1820 zahlte er nur einen Taler und sechs Groschen Zapfengeld fürs Jahr, während der Dürrhennersdorfer Kretschmer zur gleichen Zeit sechs Taler Zapfengeld abführen mußte. Der Neuschönberger Kretschmer lebte in Wahrheit von der Arbeit auf seiner kleinen Scholle, und zur Zeit der Feldbestellung und der Ernte mag sein Kretscham manche Tage geschlossen gewesen sein.
Eine Schule und Kirche konnte der kleine Ort sich nicht leisten. Die Kinder liefen die weite Strecke zur Dürrhennersdorfer Schule. So beschreibt uns auch Oskar Schwär in der Chronik „Sonntags gingen die Neuschönberger denselben Weg zur Kirche nach Dürrhennersdorf. Manchmal zogen sie in schwarzer Tracht langsam hinter einen Sarg her. An einem der letzten Tage des Jahres 1820 trugen sie den Jäger i.R. Droßky, der im Oberhof wohnte, zu Grabe. Sein Denkmal, das eigenartigste des Kirchhofs, erzählt auf den zwei Schrifttafel, die an einem Säulenstumpf mit gekrönter Urne hängen.
Hier ruhet Johann Gottfried Droßky, geb. zu Bornsdorf d. 13.Oct. 1741. Sein Vater war Mstr. Johann Gottfried Drosky, Pachtmüller zu Bornsdorf, die Mutter Fr. Anna Maria gb. Conrad. 1744 ehelichte Er Jgfr. Christiana Sophia gb. Thomii in Neusalz. Sie zeugten 1 Sohn, 1 Tochter, erlebten 2 Enkel. 1788 kam er als Jäger hier nach henersd. In Herrschaftlichen Dienst, wo Er zuletzt noch pensinirt ward. Er starb d. 28. Dec. 1820 – Wir liegen und schlaffen.“ Diesen Text kann man heute nicht mehr lesen, zu verwittert ist die Schrift im Sandstein.
Zwei seiner Nachkommen finden wir in dem „Verzeichnisse der Verpflichtungen der Bauern, Gärtner und Häusler zu Dürrhennersdorf gegen dasige Gerichtsherrschaft“
mit demselben Verzeichnisse für Neuschönberg vom 26.Oktober 1836. Die Namen sind in der Reihenfolge der damaligen Hausnummernder aufgeführt. Es sind die der ersten oder zweiten Neuschönberger Hausbesitzer. Zusammen sind es 59 Besitzer, und sie zahlen 550 Taler Erbzins.
Auguste Charlotte war die älteste Tochter des Gutsherrn Peter August von Schönberg. Im Schlosse Hermsdorf bei Dresden wurde sie geboren. Da ihr Vater als Verwalter der kurfürstlich sächsischen Schlösser meist in Dresden weilen mußte, sich aber im Sommer meist auf seinen Oberlausitzer Gütern Schmochtitz, Spremberg und Dürrhennersdorf aufhielt. Damals wahrscheinlich besonders oft in Dürrhennersdorf, wo die Tochtergründung auf der Flur des oberen Gutes seine Anteilnahme erforderte. So mußte die Erziehung der Kinder ganz der Mutter überlassen werden. Sie eine geborene Gräfin von Hoym, war im Herrnhuter Geiste erzogen worden und eine Frau, deren vornehme Erscheinung bannte. Als sie 1789 starb, wurde die zwölfjährige Auguste, ein sehr empfindsames Kind, in den ersten schweren seelischen Aufruhr gestürzt. Kaum das sie sich erholte, bereits zwei Jahre darauf, verlor sie auch den Vater. Zwar nahm eine nahe Verwandte, eine siebzigjährige Gräfin von Hoym in Hermsdorf, die Waisen in Obhut, doch war war die streng herrnhutische Erziehung nicht geeignet, ihnen die innere Ruhe zu geben.
Nach des Vaters Tode waren die Oberlausitzer Güter an die beiden Töchter gefallen. Der erste Mitbelehnte Johann Wilhelm Traugott von Schönberg auf Luga, Amtshauptmann des Budissinschen Kreises, trat schon 1792 das Lehn an Auguste Charlotte und ihre Schwester Marianne Amalie ab. Sie übernahmen also Dürrhennersdorf als „ein von ihnen neuakquiriertes Mannlehn“.
Auguste Charlotte vermählte sich schon mit neunzehn Jahren mit dem Grafen Rochus August zu Lynar, dem Besitzer der freien Standesherrschaft Lübbenau im Spreewald. Sie schenkte im drei Kinder, von denen Hermann und Louise Alexandra am Leben blieben. Die Ehe war nicht aus Neigung geschlossen worden und trübte sich sehr schnell. „Ich weinte aus dem Gefühl meiner Unerfahrenheit heraus an der Wiege meiner Kinder, besah mit einem Schauder die Turmspitze der Lübbenauer Stadtkirche und dachte, dass es mir sechzig Jahre lang bestimmt sein könne, in dieser geistlosen Langeweile diesen unbeweglichen Punkt zu beschauen.“
Ihr Gut Dürrhennersdorf hatten die Schwestern bereits 1794 an sechs Hauptpächter verpachtet, 1799 wurde der Vertrag erneuert. Auguste Charlotte unter Beitritt ihres Ehegemahls des Reichsgrafen Rochus August zu Lynar, und Marianne Amalie von Schoenberg als Verpachterinnen schlossen den Vertrag ab mit Gottlob Pursche, Christian Freunde, Großbauern, Gottfried Schneider, Kleinbauer, Christian Paul, Großgärtner, Gottlob Wagner, Häusler, als Pächter.
Fortsetzung folgt!