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Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft für die Stadt Neusalza-Spremberg
Ausgabe 6/2024
Stadt Neusalza-Spremberg
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IG Ortsgeschichte

Brauerei neben dem Kretscham. Foto auf Glasplatte vor 1890 von Golbs(?)

Zum 10. Historiker-Stammtisch stand die Thematik „Gaststätten in Neusalza-Spremberg – einst und jetzt“. Es wären insgesamt etwa 32 Gaststätten im Ort aufzulisten gewesen. Aus dieser Fülle wurden zum Vortrag aus Zeitgründen nur 15 vorgestellt. Als historische Quellen wurden hauptsächlich die Arbeiten und Erkenntnisse von Walter Heinich (†), Dankmar Kaden (†), Horst Wagner und Dr. Jochen Eckhardt herangezogen.

In einem ersten Teil blicken wir in die Geschichte zum

Schank- und Gaststättenwesen in früherer Zeit in unserem Ort.

Die historisch älteste Schank- und Gastwirtschaft in den ehemals beiden Ortsteilen war der Kretscham. Er steht auf Spremberger Flur wo sich ursprünglich eine Spreedurchfahrt befand und in alter Zeit die Wege zusammenliefen.

Der Besitzer hatte das Erbrichteramt inne und besaß eine Reihe von Privilegien, wie die alleinigen Rechte des Bierbrauens, des Branntweinbrennens, des Schlachtens und Backens. Gleichzeitig diente er für die Fuhrleute als Ausspanne.

Nach 1900 hatte der Kretscham mit seiner Gaststätte und einem großen Saal für annähernd 400 Personen über viele Jahrzehnte eine beträchtliche gesellschaftliche Bedeutung für das Vereinsleben, aber auch für Regionale Veranstaltungen.

Der Kretscham und die danebenliegende Brauerei bildeten bis zum Jahre 1661 mit 84 Acker Land das Kretscham- oder Richtergut (nach altem sächsischen Flächenmaß entspricht 1 Acker = 2 Morgen = 0,55 Hektar). Dem Besitzer dieses Gutes stand im Dorfe allein das Recht zu, Bier zu brauen, Branntwein zu brennen, zu schlachten und zu backen. Kein Mensch im Dorfe hatte diese Rechte, die viel Verdienst brachten.

Daneben hatte der Besitzer noch das Erbrichteramt mit seinen Einnahmen und Gebühren. Da ist es wohl kein Wunder, wenn der Erbrichter ehemals eine Art Dorfkönig war.

Diese Vorrechte des Besitzers, sein Amt als Oberhaupt des Dorfes, stammten noch aus der Gründungszeit des Ortes, wobei der Lokator als Lohn für seine Mühe mit diesen Rechten ausgestattet wurde. Der Kretscham war auch die einzige Tanzstätte im Ort. Schon 1578 fanden hier Nachttänze statt.

Am 14.12.1661 kauft die Herrschaft das Anwesen für 1500 Görlitzer Mark (1350 Taler). Die Herrschaft wollte mit dem Kauf sicherlich die genannten Vorrechte an sich bringen. Nach dem Kauf wurden Gehöft und Schank, ohne Brauerei und Felder, für jährlich 100 Taler verpachtet. Um Verkauf und Erwerb gab es übrigens Streit, der bis nach Stolpen ausgetragen wurde. Bis 1781 war der Kretscham verpachtet.

Das Erdgeschoss des Kretschams war zur damaligen Zeit aus Mauerwerk, das Obergeschoss aus Fachwerk. Im Obergeschoss befand sich der Tanzsaal. Auch der „Gerichtsstock“ (das Gefängnis) befand sich im Hause. 1781 verkauft die Gutsherrschaft den Kretscham an Johann Christoph Hofmann.

Als der Kretscham 1661 in die Hände der Herrschaft gekommen war, gab sie zunächst Erlaubnis „in einem Hause unter der Niedermühle gegen die Fuge an hohen Festtagen, Jahrmärkten und Kirchmessen Bier zu schenken“.

So hatte im Jahre 1681 Das Haus Nr. 143 (Taubenheimer Weg) den „Niederen Schank“. Im selben Jahr verkaufte die Herrschaft Haus Nr. 224 (Am Spreepark4) „aber ohne die Keller, wo vormals der obere Schank getrieben“.

Damit scheint in jener Zeit im Ober- und Niederdorf eine Gelegenheit zum Biertrinken bestanden zu haben. Den Gastwirten wurden strenge Vorschriften erteilt: „Bier und selbiges nach der Güte, wie er es bekömmt, den Leuten zu verzapfen und ja nicht zu verpfältschen. Auch sonst mit den Biergästen so umzugehen, daß sie Ursache haben, wieder bei ihm einzukehren!“

Seit 1710 hatte das Haus Nr. 99 (Talstraße 98) am Fuße des Heidelberges das Recht des Bierschankes, zum Backen, zum Schlachten und Branntweinbrennen.

1735 - „Neue Schänke“ in Neuspremberg.

1843 - „Posthörnel“

1866 - „Reichspost“ - ebenso: „Lindengarten“, „Grüner Baum“ und „Gasthaus zum Waldestal“ bzw. „Rote Tonne“

Bierbrauen war früher ein lohnender Gewerbe- bzw. Geschäftszweig.

Die Einführung fremder Biere war nur dem Pfarrer und dem Schulmeister als Haustrunk erlaubt sonst war nur „der Herrschaft Bier“ zu verzapfen und zu trinken gestattet.

Nach Einführung der Gewerbefreiheit (1861) hörte dieser Zwang auf und der Wettbewerb um die Gunst der Biertrinker ließ einzelne Brauereien zu Großbetrieben werden, andere, wie auch unser Brauhaus, aber eingehen.

Als Brauwasser diente in Spremberg das Wasser aus dem Bächlein, das hinter dem Kretscham von den Bergen kommt.

Als 1820 am Lammweg die ersten Häuser gebaut wurden, befürchtete man mit Recht eine Verunreinigung des Wassers. Die Hausbauer mussten die Verpflichtung übernehmen: „Im Wässerchen dürfen weder Wäsche noch Gefäße gewaschen werden, auch darf auf der Hinterseite keine Düngerstätte oder Abtritt angelegt werden, bei 10 Taler Strafe.

(Vorstehende Angaben vor allem aus: „Walter Heinich – Versuch einer Ortsgeschichte des Kirchdorfes Spremberg in der sächsischen Oberlausitz (1918)“

G. Hensel (IGO)