Dieser alte Druck zeigt uns noch die alte Kirche, bevor sie 1873 abgerissen wurde. Ganz rechts am Rande erkennt man noch die „Alte Schule“
Teil 3
Ein Pfad, den Jäger getreten hatten, leitete sie weiter. Nun mußten die Männer bald die Äxte gebrauchen. Langsam drangen sie an einem Qellbache des lobawschen Wassers vorwärts. Das Tal war zuerst breit. Dann wurde es eng. Das Wasser rauschte zwischen felsigem Gestein. Sie waren schon durch manche Hohle gezogen, aber in diesem Grunde, darin sich der Bach so wild gebärdete und darin sich kaum noch ein Weg bahnen ließ, kamen sie sich vor wie in einer Hölle. Glücklicherweise war die nicht lang! Dann weitete sich das Tal wieder. Der Wald stieg rechts und links je nach einem Berg und geradeaus nach zwei Hügeln empor. Hier wären sie am Ziehl, sagte der Führer. Die Leute atmeten auf.
Die Tiere fanden im Busche Gras und Laub und taten sich wohl daran. Nachts mußten einige Männer Wache halten, damit nicht Bär und Wolf und Eber das Lager überfielen. In und zwischen den Wagen ruhten die Wandermüden. Als die Morgensonne in das feuchte Waldtal drang, erwachten alle zum Werke, Axtschläge erschollen, und Sägen kreischten. Krachend stürzten die ersten Bäume. Rodehacken und Spaten halfen Raum Schaffen für ein besseres Lager. Und dann erst konnte die planmäßige Siedlungsarbeit beginnen.
Herr Heinrich kam. Er war der Mann, dem der Grundherr aufgegeben hatte, in diesem Tale ein Dorf zu gründen. Ob sie mit dem Landpreis und den anderen Bedingungen, die ihnen der Werber mitgeteilt hatte, einverstanden wären, fragte er. Als sie es bejaht hatten, ging er mit dem Landmesser und einigen Siedlern daran, für jeden geplanten Hof ein Grundstück abzumessen. Nicht unten am Bache begann man. Der tiefste Streifen des Tales, durch den das Wasser sich in hundert Schleifen wand, sollte Dorfaue werden. An den erhöhten Rändern sollten die Höfe stehen. Von hier aus mußten Beil und Säge Bahn schaffen, damit die Männer mit Ruten und Seilen in den Bergwald vorschreiten konnten. Hufen wurden abgeteilt. Eine Hufe ist ein altes deutsches Flächenmaß, das in unterschiedlichen Gegenden unterschiedliche Größe aufweist. Meist zwischen 30 bis 80 Morgen; also 7,5 bis 20 ha. Die Hufe bezeichnet sowohl die Hofstelle, das Eigentumsrecht und die Nutzungsrechte an der Allmende, die einem Mitglied der bäuerlichen Gemeinde zustanden, als auch die von ihm bewirtschaftete Fläche. Von den gedachten Hofstellen aus verliefen sie in fast geraden Streifen nach den beiden Bergseiten. In der alten Heimat der Siedler waren die Felder in langjähriger und streng geordneter Bearbeitung ertragreich gemacht worden, da gab eine kleine Landstelle das Brot für eine Familie her. Auf dem Boden „aus wilder Wurzel“ mußten die Siedler eine größere Fläche haben, um sich von ihr nähren zu können. Neun Hufen, die später den Grundbesitz der Großbauern ausmachten, umfaßten mehr als siebzig Scheffel. Neun Stellen hatten geringeren Flächeninhalt …
Gleichzeitig schafften fleißige Hände auf den Hofplätzen. Aus Bohlen und in Fachwerk wurden Wohnhaus und Viehstall errichtet und danach die Scheune im rechten Winkel dazu. Ein dickes Schobendach (Stroh) saß zuletzt wie eine warme Pelzmütze auf jedem Gebäude.
Noch war alles grob und roh und nicht für die Dauer bestimmt. Noch fehlt das, was in den alten deutschen Dörfern das Wohnhaus schön und den ganzen Hof stattlich machte. Aber eine Heimstätte bildete so ein Siedelhaus doch schon. …
Als dann die Saaten grünten und neue Felder in braunen Furchen lagen, da erhielten die Bauernhufen ihre bunten Muster. Es breitete sich von nun an ein farbiges, frohes Licht über die Talsiedlung zwischen den Wäldern.
Diese wurden mit jedem Jahr weiter zurückgedrängt nach den Höhen. Aber der letzte Teil jeder Hufe, der an der Dorfmarkung draußen, fiel der Axt nicht zum Opfer. Der Hof brauchte seinen Bauernbusch. Der mußte Streu und Feuerung liefern, auch die Stämme, daraus man Haus- und Wirtschaftsgeräte herstellen und die Bohlen zur Erweiterung des Gehöfts gewinnen konnte. Der Sinn war immer auf das Zukünftige gerichtet. Die Erhaltung großer Waldstreifen hatte wohl auch der Jagdherr gewünscht, damit nicht das Wild seinen Schutz verlor.
Heinrich, der Ortsgründer, hatte sich einige große Hufen zumessen dürfen. Das war der Lohn, den ihm der Grundherr gewährte. Als die Anlegung des Dorfes geschehen war, waltete Heinrich als Richter. Er beriet und betreute seine Siedler also auch weiterhin. Unter seinem Vorsitze versammelten sich die Bauern um die Gewohnheiten, die Willkür (Verhalten und Handeln nach eigenem Gutdünken, Eigenmächtigkeit', mhd. wille-, wilkür, (md.) wil(le)kur, -kor 'freie Willenswahl, freier Wille, freiwillige Entschließung, Neigung, Zu-, Übereinstimmung, Gutdünken' ist zusammengesetzt aus dem unter Wille behandelten Wort und mhd.), zu errichten. Es wurde etwas bestimmt, dass der gerodete Streifen an der Bach entlang als Aue für das Kleinvieh der Allgemeinheit dienen sollte. Am Schönbacher Wasser hinaus wurde Grasland als Gemeindeviehwig erhalten. Auch an verschiedenen anderen Stellen blieben Stücke als Kuhtreeben oder Viebige liegen. Die meisten Hutungen (Hutungen sind oft verunkrautete, unregelmäßig beweidete Weide- und Wiesenflächen ohne Wachstumsförderung. Sie können auch in lichten Wäldern liegen.) waren draußen vor den Bergwäldern. So hatten den die beiden Berge ohne besondere Beratung darüber ihre Namen bekommen: die eine Hofreihe hatte ihren Hutberg, die andere ihren Kühbuschberg, später kurz Kuhberg genannt. Für die Benutzung des Weidelandes galten Gewohnheiten.
Fortsetzung folgt!