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Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft für die Stadt Neusalza-Spremberg
Ausgabe 8/2024
Gemeinde Dürrhennersdorf
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In der Geschichte unseres Dorfes geblättert

Die Gräfin von Kielmannsegge

Teil 12

Als die Gräfin erfuhr, dass Napoleon von Elba zurückgekehrt war, hoffte sie, dass er seine Macht wiedererlangte. Aber wir wissen ja, dass es ihm nicht gelang. Am liebsten wäre sie dem Kaiser nach Sankt Helena gefolgt. Napoleon bat sie, sich der Familie Jérômes anzunehmen. Das tat sie, so gut sie es konnte. Die Verbindung mit anderen Napoleon-Anhängern hielt sie aufrecht. Als sie Jèrôme und Katharina in Schönau besuchen wollte, wurde sie verhaftet. 1818 wurde endlich die Scheidung vom Grafen Kielmannsegge ausgesprochen. Außer den Beziehungen zum Feinde (Frankreich unter Napoleon) konnte ihr Untreue vorgeworfen werden. Nach einer Legende, die immer noch erzählt wird, zeugten Napoleon und die Gräfin von Kielmannsegge einen Sohn. Er wurde am 06. September 1816 in Schmochtitz geboren und am 07. September in Kamenz getauft.

Darüber schreibt Oskar Schwär in unserer Chronik „Ihr Söhnchen „Le petit Henri, Heinrich Schönberg, trug den Vornahmen seines Vaters, des französischen Offiziers Henri Letellier, dem sie ihre leidenschaftliche Liebe geschenkt hatte.

Dieser Carl Heinrich Schönberg, in dem die Leute einen Sohn Napoleons vermuteten, erlernte ein Handwerk. So war das Geheimnis seiner Herkunft am leichtesten zu wahren. Der Förster Lodemann in Dürrhennersdorf zog ihn auf als einen Knaben, der der Gräfin von ihr unbekannten Eltern anvertraut worden sei. Heinrich arbeitete als Böttcher wohl meist auf dem Hofe; denn die Dürrhennersdorfer hießen ihn nur den Hofe-Heinrich. Lang, dunkeläugig war er. Die Leute wussten aber nichts von Letellier, dessen Ebenbild er war. Sie blieben dabei, er wäre ein Sohn des französischen Kaisers. Nach dem Tode der Mutter erhielt er ein Pflichtteil von 10 000 Talern.“

Er heiratete am 25. Oktober 1863 die Johanne Rahel geb. Michel aus Prachenau bei Reichenbach. Die Ehe blieb kinderlos. Er zog nach Ebersbach wo er am 17. März 1870 starb. Das Geheimnis des Vaters blieb jedoch im Dunkeln.

Schon 1821 war die Gräfin in die Oberlausitz gereist, um den Verkauf ihres Grundeigentums zu beginnen. So verkaufte sie Spremberg und Neusalza an den Geheimen Finanzrat von Reibold. Dürrhennersdorf kam erst zum Verkauf, nachdem sie 1829 die Herrschaft Pöring in Bayern erworben hatte. Aus diesem Grunde wurde ein Hauptanschlag gemacht. Dieses Rechnungswerk gibt ein anschauliches Bild von der damaligen Beschaffenheit unseres Rittergutes. Es fängt an mit einer Beschreibung „Das Rittergut Dürrhennersdorf, zu welchem das Dorf Neu-Schoenberg gehört … Es wird die gesamte Rittergutsflur aufgezählt. Auch sämtliche Gebäude werden in Größe und Zustand beschrieben. So wird der wahre Wert des Gutes mit 118 934 Talern angesetzt. Als Vorrechte des Gutes, „dieselben, welche einem jeden Rittergute in der Oberlausitz zustehen“, werden genannt:

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die Ober- und Untergerichtsbarkeit

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das Jus patronatus bei Besetzung der Pfarre und Schule

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die hohe, mittlere und niedere Jagd

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die Dienstbarkeit der Untertanen, „wie solche in dem errichteten und unterm 22. Mart. 1794 confirmierten Urbario festgesetzt worden ist“.

Es war das letzte Mal, dass diese Dienstbarkeit der Untertanen in Dürrhennersdorf verkauft wurde.

1830 kauften gemeinschaftlich das Rittergut Dürrhennersdorf Johann Friedrich von Göttlich auf Strawalde und Fabrikant Karl Gottfried Jeremias aus Ebersbach. Zwar hatte der eine den Adelstitel, aber erst sein Vater, der Brauer war, hatte ihn erhalten, als er 1818 das Allodialrittergut (Als Allodialgut wird auch das Privatvermögen einer fürstlichen Familie im Unterschied zum fiskalischen Besitz, Lehen, Staatsdomäne bezeichnet.) Nieder-Strahwalde erwarb. Und Jeremias war Fabrikant. In Ebersbach stand sein Weberhaus, darin er mit seiner Frau Rahele, einer geborenen Freude, zunächst gewebt, dann Arbeit ausgegeben und den Verkauf der Leinewand betrieben hatte. Jeremias hatte unter anderem auch Ober- und Niederkottmarsdorf gekauft. Er kam mit dem ganzen Dorf immer gut aus, obwohl er auch nicht in Dürrhennersdorf, sondern in Kottmarsdorf wohnte.

Die Gerichtsherrschaft Johann Friedrich von Göttlich und Karl Gottfried Jeremias schloß die Kauf- und Pachtverträge mit Dürrhennersdorfern und Neuschönbergern noch in derselben Form ab, wie es früher geschehen war.

Der Gerichtsdirektor war Carl Ernst Häntzschel, der bei allen wichtigen Regelungen mitwirkte. Die Rittergutsbesitzer wurden in Dürrhennersdorf durch den Förster Jeremias vertreten, der im Hauptgebäude wohnte.

Die Gemeindeältesten waren von der Gerichtsherrschaft, den Rittergutsbesitzern, ganz abhängig gewesen. Das Recht der Selbstverwaltung erlangten die Landgemeinden erst durch die Landgemeindeordnung vom 07. Juli 1838 zurück. In einer Versammlung im Kretscham wurde den Dürrhennersdorfern diese Landgemeindeordnung bekannt gegeben. Da war am 10. März 1839.

Der Gemeinderat sollte bestehen aus dem Vorstand, zwei Gemeindeältesten (ein Bauer, ein Häusler) und zwölf Ausschußpersonen (zwei aus dem Bauernstande, drei Gärtner, fünf Häusler und zwei Unangesetzte). Die Amtsdauer betrug sechs Jahre. Nach zwei Jahren schied immer ein Drittel der Gemeinderatsmitglieder aus.

Hartmut Klinger

Fortsetzung folgt!