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Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft für die Stadt Neusalza-Spremberg
Ausgabe 8/2025
Gemeinde Dürrhennersdorf
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In der Geschichte unseres Dorfes geblättert

Belegschaft der Firma Ernst Jähne um 1910

Die Geschichte der Weberei in Dürrhennersdorf

Teil 3

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert´s wurde in Großschweidnitz eine Bleicherei von einem englischen Fabrikanten errichtet. Deshalb heißt sie bis heute „Engelei“.

Auch Dürrhennersdorfer gingen dort zur Arbeit. Einige auch nach Ebersbach und Neugersdorf. Eine neue Zeit brach an. Durch den Eisenbahnbau Löbau – Ebersbach – Rumburg hatte Dürrhennersdorf die Verbindung mit der Welt bekommen. Gleich nach dem Deutsch-Französischen-Krieg 1870 – 1871 wurde mit dem Bahnbau begonnen. Zur Überwindung der großen Steigung von Großschweidnitz her musste die Strecke einen weiten Bogen nach Neucunnersdorf machen. Auch mussten im Ort einige Brücken gebaut werden. Ungefähr zwischen der Höhe des Wohnhauses von Familie Krause, vorher vielen noch bekannt als der Familie Schröder, bis zum Haus der Familie Hiecke musste ein Viadukt gebaut werden.Dieser Viadukt mit 4 Bögen wurde am 08. Mai 1945 gesprengt. Am 1. November 1873 verkehrte der erste Zug von Löbau nach Ebersbach. Am 31. Oktober 1892 wurde dann die Kleinbahnstrecke Dürrhennersdorf, Schönbach, Beiersdorf, Oppach und Taubenheim eingeweiht. Die Bahnverbindung förderte das Leben unseres Dorfes. Viele Männer, die schon beim Bau der Strecken beschäftigt worden waren, fanden Anstellungen bei der Bahn. Einige auf der Bahnmeisterei und andere auf der Station. Schließlich bildete die Verkehrserleichterung durch die Eisenbahn auch die Bedingung zur Gründung der Fabrik E. Jähne bei uns in Dürrhennersdorf. Ernst Jähne aus Schönbach wollte die Fabrik zunächst in Schönbach errichten. Er hatte jedoch im Ort viele Gegenspieler, die die Bauern überredeten, ihm kein Land zu verkaufen. So wurde aus dem Plan nichts. Ihm wurde geraten, doch in Dürrhennersdorf zu bauen. Ernst Jähne, den viele Dürrhennersdorfer kannten, fand allgemeine Zustimmung, als er sich zum Bau der Fabrik in Dürrhennersdorf entschloss. Nun würden viele nicht mehr den Weg in die Engelei oder bis nach Ebersbach wandern müssen. Mancher Hausweber würde Gelegenheit zu höherem Verdienst erhalten. Die meisten wollten ihre Arbeit am Handwebstuhl treu bleiben. Die Jüngeren unter ihnen jedoch wollten an die mechanischen Stühle in den Fabriken. Von dem Bahnbeamten Gottlieb Wünsche kaufte Jähne das Haus, in das er Wohnung und Kontor einrichten wollte. Das an der Bahnstrecke gelegene Feldstück kaufte er von Bauer Krauße. 1898 begannen die Vorarbeiten. Die erste richtige Fabrik sollte in Dürrhennersdorf entstehen. Es wurde Baumaterial angefahren, vermessen, abgesteckt und der Grund wurde ausgehoben. Der Bau wuchs, ein Scheddbau vollendete sich. Ein Scheddbau ist eine Dachform, die vor allem bei Bauten mit großen Grundflächen wie zum Beispiel Fabrik-, Ausstellungs- und Mehrzweckhallen konstruiert wurde. Die Scheddächer sind Mitte des 19. Jahrhunderts bei Fabrikbauten in England aufgekommen. Ihr Vorteil ist, dass eine Ausleuchtung durch den natürlichen Lichteinfall aus Norden blendfrei ohne Bildung von Schlagschatten ermöglicht wird. Ein zusätzlicher positiver Effekt der Ausrichtung der Scheddächer nach Norden ist die Minimierung unerwünschter Hitze; die direkte Sonneneinstrahlung ist verhältnismäßig gering. Schlank und hoch überragte die gelbe Esse den Bau. Ein neues Wahrzeichen unseres Ortes war entstanden. Es bewies, dass die Industriealisierung an unserem Ort nicht vorbeigegangen war.

Monteure aus einer westsächsischen Stadt ( wahrscheinlich Glaucha, weil es damals einen Webstuhl, -Jacquardmaschinen und Webutensilien-Fabrik Hermann Gentsch, Inhaber M. Poege in Glauchau i/Sachsen gab. ) quartierten sich ein. Nun kamen die ersten Maschinen. Der Dampfkessel, die Dampfmaschine und die ersten mechanischen Stühle wurden aufgebaut. Die Transmissionen und die Dampfheizungsröhre wurden angelegt. Nun kam der Tag an dem der Kessel zum ersten Mal geheizt und die Dampfmaschine in Gang gesetzt wurde. Ein großer Moment war auch als der große Generator ausprobiert wurde. 1902 erfolgte die Inbetriebnahme der Fabrik mit zunächst 25 Webstühlen. Zubereitet wurde hinter einer Bretterwand in einer Ecke des großen Saales. Das Spulen und Treiben besorgten zunächst noch die Heimarbeiter. Reinleinene Sachen, vor allem die nach der Firma benannten J-Wischtücher, halbleinene und baumwollene Stoffe, Inletts und die auf Jacquardstühlen hergestellten Bettzeuge mit eingewebten Schriften fanden guten Absatz. Es mussten neue Webstühle aufgestellt werden, 54 Webstühle waren dann in Betrieb. Inzwischen war Ernst Jähne mit seiner Frau in das erworbene Haus ( Hausnummer 149 jetzt Straße des Friedens 7 ) gezogen. Er und seine Frau betreuten das Geschäft. Es konnte ein besonderer Anbau zur Veredlung der Webwaren errichtet werden. Kalander, Stärkmaschine, Spannrahmen zum Trocknen und die Appretur kamen hinein. Das Unternehmen entwickelte sich gut. So haben wir zwei Urkunden von der Handelskammer Leipzig und des Rates der Stadt Leipzig, vom 28 August 1911, gerichtet an Ernst Jähne.

„ ….Wie wir erst jetzt in Erfahrung bringen konnten, haben Sie zur vergangenen Ostermesse die Leipziger Textilmesse zu hundertsten Male in ununterbrochener Reihenfolge besucht.

Wir benutzen die Gelegenheit, um Ihnen zu Ihrem nunmehrigen 101. Messebesuch unsere herzlichen Glückwünsche und unseren Dank für Ihre Treue und Ausdauer auszusprechen. Es ist ein seltener Beweis treuer Anhänglichkeit, ein Beweis, welch enges Verhältnis sich zwischen Ihnen und den hiesigen Messen herausgebildet hat und ein neues Zeichen dafür, welch feste Beziehungen zwischen den Herrn Messebesuchern und unserer Stadt Leipzig besteht.

Möge es Ihnen vergönnt sein, Ihre Messebesuche noch recht lange fortzuführen.

Das ist unser herzlichster Wunsch

Die Handelskammer Leipzig“

Hartmut Klinger

Fortsetzung folgt!