Webstuhl im Reiterhaus: Ausschnitt eines Fotos von I. Semichin
Anlässlich der „langen Nacht im Museum“ zu der das Team des „Reiterhauses“ die Türen am 18. August 2023 von 19 bis 23 Uhr extra öffnete, boten die Mitspieler unserer Theatergruppe „Die MundArtigen“ in der Blockstube kurze lustige Episoden, Sketche, Lesungen und Musikstückchen in Mundart zur Weberei und angrenzenden Themen.
Daher hier ein ganz kurzer Überblick zur Hausweberei …
Das Haus ist 1670 gebaut worden. Heute ist es “Baudenkmal und Museum”. Am 26. November 1671 ist der erste Bewohner benahmt: Matthes Cretzschmar – ein Weber. Der musste für das Anwesen jedes Jahr 2 Reichstaler an die Grundherrschaft zahlen – hatte aber das Privileg, kein Stuhlgeld zahlen zu müssen und brauchte auch keinen Frondienst zu leisten.
In der Blockstube Stube stand alsbald auch ein Webstuhl – so war es in vielen Umgebindehäusern im 17., 18. bis ins 19. Juhrhundert (auch schon eher) üblich.
Und da saßen nun die Weber am „Gezehe“, wie der Webstuhl in der Oberlausitz auch benannt war, mit ihren Familien und webten in der Hauptsache Lein/Flachs. Von früh bis spät rattert der Webstuhl und surren die Räder - nur verdient wurde wenig. Weber sein war damals nicht gerade das größte „Vergnügen“.
Der Takt des Webstuhls, das „de tschicke de tschacke“, bestimmte den Rhythmus des Tages.
An so einem „Gezehe“, wie er im Reiterhaus heute zu sehen ist, konnten je nach Dichte und Fadenstärke ungefähr 60 Zentimeter Gewebe in der Stunde geschafft werden.
| Rudolf Gärtner schrieb dazu ein Lied: | |
| Dr Moan an Gezehe macht tschicke di tscheck, | |
| zahnviertelchte wirkt ar, s gitt langsn vun Fleck. | |
| Noa raichts hie, noa links hie, an Strickl ar zeugt | |
| dr Schütze noa doohie und durtehie floigt: | |
| Tschicke di tschecke, di tschicke di tscheck, |
| tschicke di tschecke, di tschicke di tscheck. |
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| De Frooe tritts Spulroad, doas stiehn ocke bleibt | |
| wenn dr Foadn gerissn; dr Junge, dar treibt. | |
| De Radl, die surren und schnurren oack su, | |
| Dr Zeis’g an Gebauer, dar singt’n derzu. | |
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| Su gitts a dr Wuche, wenn oalle senn fleis’g. | |
| An Sunnt’g oack is stille, bis uffm klenn Zeis’g. | |
| Do isses Gezehe mit an Tuch zugedackt | |
| und de Radl, die senn a de Hoalle gestackt. | |
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| Do is nu de Stube gescheuert und blank, | |
| ’s Gezehladl o und de Ufmbank. | |
| Dr aale Seeger schwenkt und schwenkt | |
| de blitzblanke Schleuder und denkt und denkt: | |
| Tik-tak – Feiertag, |
| tik-tak – Feiertag. |
| Gezehe = | Webstuhl |
| Gezehladl = | Lade am Webstuhl (für das Schiffchen/den Schützen) |
| Zahnvirtelche = | zehn viertelellen breite Leinwand ( entspr. etwa 1,5 m; 1/4 Elle = rd. 14 cm) |
| wirkt = | webt |
| treibt (treiben) = | das Treibrad drehen |
| Hoalle = | die Halle (Abstellraum) |
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| Und hier noch einige mundartliche Redewendungen in Verbindung zur Textilherstellung: | |
| • | A dar Ziche näh’ch dr ne mitte. – Das mache ich nicht mit. |
| • | a de Wolle kriegn – in Streit geraten |
| • | ann gudn Foadn minander spinn – miteinander gut auskommen |
| • | Anne gude Warfte hoast! – Ein großes Mundwerk hast Du! (Warfte = Webkette) |
| • | a Zänkl zurickesteckn – nachgeben (Zänkl = kleine Zacke des Kammrades am Webstuhl) |
| • | Do besst de Maus kenn Foadn oab. – Da wird nichts draus. |
| • | dinne wie a gemästr Zwirnsfoadn – sehr schlank, dürr |
| • | Du spinnst wull. – Du erzählst verrücktes Zeug. |
| • | Immer dr Quare rieber, doaß dr Länge noach woas fartch wird! – Gehen wir an die Arbeit! |
| • | kenn gudn Foadn droalussn – schlecht machen |
| • | is Pfuckenickl derheeme hoann – nicht ganz richtig im Kopf sein (Pfuckenickl = verschiedene Garnabfälle zu einem einzigen Knäuel zusammengeballt) |
| • | ’n Foadn verliern – beim Sprechen nicht weiterwissen |
| • | nischt an Schusse hoan – nichts in Ordnung haben (Schuss = eingeschossener Querfaden) |
| • | oaadrähn – aufschwatzen, aufhalsen (oaadrähn = Fäden der neuen mit der alten Webkatte verknüpfen) |
| • | verhooster Zwickl – verrückter Kerl (verhoost = verfitzt) |
| • | verzwirnt – schlecht gelaunt, verbittert |
| • | ze Fache komm – zurecht kommen |
| • | Wirtln – Wirtl = Schwunggewicht am unteren Ende der Handspindel, das immer in Bewegung war. (Verrichtung einer regen Tätigkeit) |
| • | Zwirnkupp – verwirrter Mensch |
| • | … durchhechln, Geduldsfoadn, ich vertroi anne Noaht, ze Hoampf finn, doas zwirnt … |
Empfehlung: In seinem 2023 im „Via Regia Verlag“ erschienene Buch „Der Oberlausitzer und seine Mundart“, erklärt und beschreibt Hans Klecker kurzweilig und unterhaltsam Sitten, Bräuche unserer Oberlausitzer Heimat, auch zur Hausweberei (S. 168 – 170).
Information:
Der nächste Treff zum 7. „Historiker-Stammtisch“ findet am Mittwoch, dem 13. September 2023, 18.30 Uhr im Rathaus statt. Wir wollen u.a. das Trauma des 1. Weltkrieges und dessen Einfluss in die Region thematisieren.