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Gemeinde Osternienburger Land – Amts- und Mitteilungsblatt
Ausgabe 1/2025
Nichtamtlicher Teil
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Erinnerungen an Weihnachten 1947

Die Heimatstube Kleinpaschleben wünscht allen Einwohnern ein gesundes neues Jahr. Wir hoffen das alle ein schönes und gesundes Weihnachtsfest hatten. Ein Weihnachtsfest, wie wir alle das kennen, war nicht immer selbstverständlich, wie ein Zeitzeugenbericht aus 1947 zeigt.

(Eine wahre Geschichte von Alfred Wanza)

Die geflüchtete Familie Wanza wohnte zu der Zeit „Im Bauerndorf“ in Kleinpaschleben. Dieses kleine Gebäude steht nicht mehr. „Vor Weihnachten fiel viel Schnee und es wurde bitter kalt. Der berüchtigte kalte Hungerwinter 1946/1947 nahm so seinen Anfang. In den nächsten Tagen kümmerten sich Fredis Eltern um den Hausstand. In der leeren Wohnung stand nur ein alter Kohleherd. Sie besorgten Brennholz und etwas zu Essen. Wenn sie weg waren, schaute Fredi durch die Eisblumen am Fenster verträumt den Schneeflocken nach und konnte seiner kindlichen Fantasie folgen.

Fredis drei ältere Schwestern befanden sich bereits in Westdeutschland. Hier hatte die älteste ihren Mann wieder gefunden. Weihnachten wollten sie die Familie besuchen. Ihnen stand eine schwierige Reise bevor. Die von Grenzsoldaten bewachte und von Räubern belagerte Grenze war nur schwer zu überwinden.

Eines Morgens machte sich sein Vater auf den Weg einen Baum aus dem Wald zu holen. Am nächsten Tag brachte er eine kleine schiefe Fichte in die Wohnung. Als Ständer diente ein Brett mit einem langen Nagel, der von unten in den Baum geschlagen wurde. Der Baum blieb aber nicht darauf stehen. Das machte Fredi sehr traurig. Da hatte seine Mutter eine Idee: „Wir binden eine Schnur an die Baumspitze und befestigen sie an die Decke.“ Gesagt - getan, so funktionierte es auch. Sein Vater sagte: „So nun könnt ihr den Baum schmücken“. Seine Mutter holte Kartons mit Kleinigkeiten hervor. Selbstgebackene Kekse, Nüsse in Silberpapier und Äpfel. „ Dann hole ich noch meinen Papierengel“, rief aufgeregt Fredi. Seine Mutter klemmte noch vier rote Kerzen an die dicksten Zweige. „Wann darf ich die Kerzen anzünden?“, fragte der Dreikäsehoch. „Am Heiligen Abend“, antwortete seine Mutter. In der Zwischenzeit versuchte sein Vater den Volksempfänger zu reparieren. Für den Empfang von Weihnachtsliedern, wie er sagte.

Als es am Heiligen Abend dunkel wurde und die Gäste immer noch nicht eingetroffen waren, nervte Fredi seine Eltern mit der Frage: “Wann kommen sie endlich?“. Irgendwann stellte er fest, dass sie still geworden waren und sich Sorgen um seine Geschwister machten. Die Glocken läuteten den Heiligen Abend ein, als sie immer noch warteten. Sie gingen nicht in die Kirche um die Ankunft der Gäste nicht zu verpassen. Inzwischen hatte die Mutter in grauem Papier eingepackte Geschenke unter den Weihnachtsbaum gelegt. Sie warteten immer noch weiter auf das Eintreffen der Geschwister. Irgendwann durfte Fredi dann seine Päckchen aufmachen. „Oh seht mal, ein Hemd und eine Strickjacke mit bunten Knöpfen“, zeigte Fredi seine Freude. Aus der gleichen aufgerödelten Wolle hatte seine Mutter für seinen Vater einen Pullover gestrickt. Seine Mutter packte die Kaffeemühle aus, die sein Vater unter den Baum gelegt hatte. Irgendwann stellte Fredi fest, dass er ein Päckchen übersehen hatte. Beim Öffnen sprudelte es aus ihm heraus: „Guckt was das ist, sowas habe ich noch nie gesehen“. Seine Freude war groß, weil es das einzige Spielzeug war. Ein Steckenpferd, an dem an einigen Stellen bereits die Farbe fehlte. Es störte Fredi auch nicht, dass er mit dem Spielzeug noch nichts anzufangen wusste.

Endlich kamen seine Geschwister, kurz vor dem Abendessen am Heiligen Abend. Nun konnte man doch noch Weihnachten gemeinsam feiern. Aber zunächst musste Fredi erst einmal ins Bett, welches mit zwei heißen Ziegelsteinen vorgewärmt war. Denn im Schlafzimmer war es eisig kalt.

Gekürzt von Christine Marschall