Die Kriegsjahre in Dornbock
Mit dem Überfall von Nazideutschland auf Polen am 1. September 1939 begann mit dem 2. Weltkrieg das düsterste Kapitel in der Geschichte Deutschlands, dass auch Auswirkungen auf die damalige Gemeinde Dornbock hatte.
Der Ortschronist Gerhard Bringezu (1927-2002) beschrieb diese u. a. wie folgt:
„Mit Beginn des Krieges wurden auch an die Einwohner unserer Gemeinde Lebensmittelkarten für Fleisch, Fett, Nährmittel und Zucker ausgegeben. Kleidungsstücke waren nur auf „Punkten der Reichskleiderkarte“ erhältlich…auch Bezugsscheine für Fahrräder, Schuhe usw. wurden an die Bevölkerung ausgegeben.
Es wurde auf peinliche Einhaltung der Verdunkelung geachtet. Die Straßen lagen nachts in völliger Dunkelheit. Die Menschen steckten sich Leuchtplaketten an, um Zusammenstöße zu vermeiden. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, wegen der kriegsbedingten Überlastung der Transportmittel Reisen an den Feiertagen zu unterlassen.
Bereits zu Beginn des Krieges kamen die ersten Evakuierten aus dem Saarland nach Dornbock.“
Später kamen diese noch,“... aus Duisburg, Wesel und Magdeburg in unserer Gemeinde. Diese blieben bis zum Kriegsende hier. Es bestanden Ablieferungspflicht für landwirtschaftliche Produkte. Bei Hausschlachtungen erfolgte eine Anrechnung, wie es die Fleischkarten vorsahen.“ Ende des Zitats
Aber noch viel schlimmer als diese Tatsachen, war es das dieser Krieg in jede Familie in Dornbock und Bobbe hinein griff und ihre Väter und Söhne – also „ihre Ernährer“, auf die Schlachtfelder in ganz Europa ziehen mussten. Bis zum Jahre 1945 sollen es 85 von ihnen gewesen sein (die genaue Anzahl sind den vorhandenen Unterlagen nicht zu entnehmen, N. Krg.), von denen 28 von ihnen ihr Heimatdorf nie wieder lebend sahen. An sie erinnert auf dem Friedhofsvorplatz in Dornbock ein Gedenkstein.
Die Hauptlast für die Arbeiten in den landwirtschaftlichen Betrieben in beiden Orten – so auch in denen von Fritz und Paul Lampe - auf der Domäne in Bobbe lagen nun in diesen Jahren auf den Schultern der Frauen. Nicht vergessen werden darf aber niemals auch die Tatsache, dass laut einer Meldung an den Landrat in Calbe/Saale vom 3. März 1941, „...dass es in Dornbock, 14 Kriegsgefangene aus Frankreich, ein Schweizer Bürger, 17 Polen und fünf Staatenlose...“ gab, die hier zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden. Dazu kamen nach dem Überfall von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion nach dem 22. Juni 1941 noch junge Mädchen aus der Ukraine. Sie mussten an ihrer Kleidung ein Abzeichen mit der Aufschrift „Ost“ tragen. Die polnischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter deren Anzahl sich im Laufe der Kriegsjahre weiter erhöhte, waren ebenfalls zum tragen eines solchen Abzeichens mit der Aufschrift „P“ verpflichtet wurden.
Sie alle hielten trotzdem - sozusagen die Landschaftsbetriebe im Ort Dornbock und auf der Domäne in Bobbe am „Laufen“. Die ausländischen Zwangsarbeiter wurden nach dem Kriegsende ohne „besondere Vorkommnisse“- wie es sie in anderen Orten unserer Region gab, im Monat Mai 1945 an die Landkreisverwaltung in Calbe an der Saale überstellt, von aus sie in ihre Heimländer zurück kehren konnten, wie es dem Autor von den damals noch lebenden Zeitzeugen des Ortes berichtet wurde. Diese wiederum waren es auch, die in der Mitte der 90ziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit ihren „Bestätigungen“ über die Tätigkeit der Zwangsarbeiter in Dornbock und Bobbe ein „klein wenig“ mit dazu beitrugen, dass sie dafür in ihren Heimatländer wenigstens einen Anspruch auf eine „Entschädigung“ dafür erhielten.
Das Ende des 2. Weltkrieges in Dornbock
Am 18. April 1945 wird um die Mittagszeit mit dem Einmarsch von Panzern und Truppen der amerikanischen Armee in Dornbock, das Ende des 2. Weltkrieges und der Naziherrschaft in dem Dorf eingeläutet. Dabei kam es zu keinen direkten Kampfhandlungen, dies hatte seine Ursache u. a. darin, dass nicht – wie es “...der Offizier der in Dornbock anwesenden deutschen Truppen“ befohlen hatte, die vorbereiteten Panzersperren geschlossen wurden. Die Anweisung dazu gab der bisherige Bürgermeister und Ortsgruppenführer der Nazipartei, Albert Buhlmann. Er wiederum erschoss sich am 16. April 1945 auf dem Dornbocker Friedhof.
Fritz Lampe wurde der erste Bürgermeister von Dornbock nach dem 2. Weltkrieg
Vor der nun im Ort stationierten amerikanischen Armeeeinheit stand u. a. die Aufgabe, einen Bürgermeister ein zu setzen. Ihre Wahl fiel dabei auf Fritz Lampe, weil er u. a. in der Zeit der Nazi-Herrschaft kein aktiver Verfechter der damals vor herrschenden Politik war und nicht nur - weil auf seinen Gutssitz im heutigen „Großen Hof Nr. 12“ amerikanische Soldaten einquartiert wurden. Beigetragen bei dieser Entscheidung hatte sicherlich auch, dass Lampe durch seine wirtschaftliche Kompetenz und die Ortskenntnis wohl in dieser „Umbruchzeit“ in der Lage war, „Ruhe und Ordnung“ aufrecht zu erhalten.
Fritz Lampe übte dieses Amt aber nur bis zum Wechsel der Besatzungsmacht hin zur sowjetischen Armee am Ende des Monats Juni 1945 aus.
Dornbock und Bobbe zu Beginn der Zeit der Zugehörigkeit zur sowjetischen Besatzungszone Zu den danach dort stattfindenden politischen Veränderungen gehörte die im Herbst des gleichen Jahres eingeleitete demokratische Bodenreform. Damit sollten in dieser Zone u. a. diejenigen Großgrundbesitzer bestraft werden, die die Herrschaft der Faschisten in Deutschland mitgetragen hatten. Damit war aber auch die Hoffnung verbunden, dass dort so u. a. ein besserer Beitrag zur Versorgung der Menschen und der Wohnraumsituation geleistet werden kann. Deshalb verkündete am 3. September 1945 die Verwaltung der Provinz Sachsen in Halle ihre Verordnung zur Durchführung dieser Reform auf ihrem Territorium. In dem Punkt 3 hieß es darin, dass “... der Großgrundbesitz über 100 Hektar (ha)... enteignet“, wird.
Diese Festlegung traf dann in Dornbock auf den Gutsbesitzer Fritz Lampe zu, der 290 ha an Grundbesitz besaß und damit über die in diesen Festlegungen gezogenen Grenze lag. Davon wurden aber zuerst nur 192 ha enteignet und Lampe behielt 98 ha. Gleichfalls musste er aber sein Gutshaus räumen und wohnte danach im „Petershof Nr. 46“ in der heutigen Dornbocker Lindenstraße Nr. 46. In Bobbe wurden die landwirtschaftlichen Flächen und die Wirtschaftsgebäude der Domäne in ein Provinzialgut umgewandelt und ab 1946/47 einzelne Teile davon in Neubauernstellen um gewandelt. Unter den Vorwand, dass Fritz Lampe wieder „neues Eigentum“ u. a. das Grundstück Nr. 35 in der jetzigen Zuchauer Straße erwerben wollte, wurden aber im Frühjahr 1946 alle seine weiteren landwirtschaftlichen Flächen und Grundstücke enteignet.
Unklar ist bis heute, ob dies der Wahrheit entsprach und welche weiteren Gründe dafür sprachen. Sicherlich haben dabei auch einige persönliche Interesse einzelner Bürger aus Dornbock keine unwesentliche Rolle gespielt, wie es immer wieder mal in internen Diskussionen „hinter vorgehaltener Hand“ geäußert wurde. Fritz Lampe und seine Familie musste nun den Landkreis Calbe verlassen und verzog in die Stadt Köthen und so endete das Kapitel der Gebrüder Lampe in der Geschichte von Dornbock und Bobbe.
Epilog
Am Ende der 90er Jahre des 20.Jahrhunderts verkaufte die Gemeinde Dornbock, dass ihr im Zuge der „Vermögenszuordnung“ übertragene Grundstück „Große Hof Nr. 12“, dem früheren Gutshaus der Familie Lampe in Dornbock - an einen Bauunternehmer aus Petersroda im damaligen Altkreis Bitterfeld. Dieser verpachtete dann ein Teil davon, an Frau Viola Heßler aus Köthen, die dann dort mit einem „Gesindehaus mit Dorfladen“ die „Erlebnisgastronomie“ mit dem dörflichen Leben verbinden wollte. Leider scheiterte dies schon nach knapp 11 Monate. Die Ursachen dafür waren vielfältig. Oder einfacher ausgedrückt: Die Bedingungen für eine solche Gastronomie waren dafür dieser zu Zeit noch nicht vorhanden.
Da half auch nicht die Tatsache, dass dieses „einstige Gutshaus“, das früher Fritz Lampe gehörte, der Großvater, des ersten Landrates des Alt-Kreises Köthen nach der „Wende“, Ulf Schindler war. Dieser war natürlich privat mit seiner Gattin als Gast bei der offiziellen Einweihung am 9. August 2001 anwesend. Gegenwärtig steht das ganze Grundstück auf dem „Großen Hof Nr. 12“- also dem schon genannten Haus, dass in Teilen saniert ist, ohne einen sichtbaren Eigentümer und ohne Mieter für die dortigen Wohnungen da.
Norbert Krieg verwendete Literatur: Gerhard Bringezu, Chronik der Gemeinde Dornbock, - Auszüge- Heft 2, S. 5-30 und Heft 3, S. 3-9, Unterlagen der vormaligen Gemeinde Dornbock