Anders als die Stadtmühle sowie die Mühlen in Oberreichenau und Unterreichenau gehörte die bei Wallengrün gelegene Mühle früher nicht zum kurfürstlichen Amt Pausa, sondern unterstand ebenso wie das Dorf selbst bis ins 19. Jahrhundert der adligen Herrschaft Mühltroff. Deren Hoheit erstreckte sich zudem auf einige umliegende Orte, von denen hier stellvertretend Ranspach, Dröswein und Thierbach genannt seien. Auch für die Mühltroffer Untertanen war es üblich, private Rechtsgeschäfte wie Vererbung, Verkauf oder Verpachtung ihrer Güter rechtskräftig bestätigen und protokollieren zu lassen. Die Überlieferung der hieraus entstandenen, sogenannten Gerichts- oder Handelsbücher setzt für die Herrschaft Mühltroff bereits Mitte des 16. Jahrhunderts ein. Damit sind sie deutlich älter als diejenigen des Amtes Pausa, älter auch als die Gerichtsbücher der Stadtgemeinde Pausa. Für die Suche nach Hinweisen zur Geschichte der Wallengrüner Mühle sind allerdings gerade die frühen Bände leider wenig ergiebig, denn in diesen steht die Regelung von Erbschaftsangelegenheiten im Vordergrund. Besitzveränderungen bei Grundstücken, Häusern und Bauernhöfen wurden hingegen anfangs nur selten zu Protokoll gegeben. Jobst Undeutsch, der aufgrund seiner Nennung in einer Türkensteuerliste von 1542 als erster namentlich bekannter Müller zu Wallengrün gilt, erscheint zwar des Öfteren in den Gerichtsbüchern, doch erfahren wir nichts über seine Mühle. Dem Landsteuerregister von 1551 ist immerhin zu entnehmen, dass sein Mühlengut („sein Müll“) mit 90 Schock Groschen veranschlagt wurde. 1576 belief sich der geschätzte Wert des Gutes dagegen nur auf 33 Schock. Wenige Jahre später, 1583, sei Jobst Undeutsch verstorben, berichtet Günter Steiniger im Anschluss an das Thierbacher Kirchenbuch. Hierzu passt, dass das im gleichen Jahr angelegte Steuerregister die Brüder Gallus und Jacob Undeutsch als Besitzer der Mühle nennt.
Zu Beginn des Jahres 1619 starb Gall Undeutsch. Seine vier Töchter waren zu diesem Zeitpunkt verheiratet und sein älterer Sohn, der ebenfalls Gall hieß, bewirtschaftete die Mühle in Unterreichenau. Den jüngeren Sohn Thomas nennen die Quellen „einen armen stummen tauben Menschen“. Wegen seiner fehlenden sprachlichen Entwicklung infolge der Gehörlosigkeit wird Thomas Undeutsch in den zeitgenössischen Dokumenten wiederholt als „der Stumme“ oder „der Sprachlose“ bezeichnet. Entgegen dieser Charakterisierung scheint er aber gleichwohl imstande gewesen zu sein, sich mittels Gebärden verständlich zu machen. Auch führte Thomas Undeutsch nicht etwa ein Leben am Rande der frühneuzeitlichen Gesellschaft, sondern war vielmehr fest in diese integriert, denn er heiratete und gründete eine Familie. Günter Steiniger erwähnt die Familienverhältnisse zwar, handelt die Geschehnisse im Übrigen aber recht kurz ab. Ein näherer Blick gibt dabei viele interessante Einzelheiten preis.
Da Gall Undeutsch anscheinend weder ein Testament hinterlassen noch sonstige Regelungen bezüglich seines Nachlasses getroffen hatte, mussten die Erben auf Vermittlung der Gerichtsherrschaft zu einer Einigung finden. Der ältere Müllerssohn erklärte sich zur käuflichen Übernahme der Mühle bereit, „aber der jüngste Sohn welcher sprachlos vndt stum, solches nicht nachgeben, vndt zulaßen wollen, sondern durch seine Zeichen so viel zu vorstehen geben, das er die Mühle anzunehmen bedacht were“. Thomas Undeutsch besaß als jüngster Sohn ein Anrecht auf die Nachfolge, noch dazu gehörte seinem Bruder schon die Unterreichenauer Mühle. Andererseits bestanden „in Erwegung seiner Vngelegenheit, das er weder reden noch hören kann“, seitens der adligen Herrschaft wohl Bedenken, ob Thomas Undeutsch in der Lage sei, sowohl das ererbte Gut zu führen wie auch die geforderten Frondienste abzuleisten. Die sechs Geschwister und ihre Vormünder verständigten sich zu einer Kompromisslösung: Das Erbe wurde aufgeteilt, jeder der beiden Brüder erhielt eine Hälfte der Mühle zur eigenen Bewirtschaftung. Gall Undeutsch gewährte seinem Bruder 200 Gulden, dem überdies die bei verschiedenen Schuldnern einzufordernden Geldbeträge zugutekommen sollten. Aus dem Viehbestand erhielt Thomas Undeutsch zwei Kühe und einen jungen Ochsen, zwei weitere „Öchßlein“ waren gemeinsamer Besitz der Brüder. Was Gallus und Thomas Undeutsch darüber hinaus gemeinschaftlich zu nutzen hatten, geht aus einer Auflistung hervor, die uns einen wertvollen Eindruck von der Ausstattung der Wallengrüner Mühle zu Beginn des 17. Jahrhunderts vermittelt. Demnach arbeitete die Mühle mit drei Mahlgängen und war zusätzlich mit Schlaggang und einer Schneidemühle versehen. Zum häuslichen Inventar (das hier nicht vollständig wiedergegeben werden kann) zählten etwa „1. alter kupferner Haußkeßel, 2. alte angenagelte Schrängklein, […] 1. alter Töpffschrangk, 1. Tisch in der Wohnstuben mit ein Kasten, 1. Tischblat ohne Gestell, 1. Heng Tischlein, […] 1. Schnitzbangk, […] 1. Bradtröhr im Kacheloffen, 1. kupffern Ofenblaß“. Dass neben weiteren Gerätschaften auch „1. neuer Breubottich vndt 1. gar alter nichts werht“ in der Mühle vorhanden waren und an anderer Stelle ein „Maltzhaus“ erwähnt wird, sind eindeutige Hinweise auf die Tätigkeit des Bierbrauens. (Wird fortgesetzt)