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Peitzer LandEcho - Beilage: Amtsblatt für das Amt Peitz mit seinen Gemeinden
Ausgabe 11/2025
Nichtamtlicher Teil
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Firmengeschichte des Peitzer Fuhrunternehmens Neumann mit Details zum Firmensitz und zu Transportkunden

Briefkopf aus dem Jahr 1920

Mitglieder des Peitzer Männerchores auf dem Hof des Fuhrunternehmens Neumann zur Fastnacht 1955

„Mäxchen“ NEUMANN mit dem LANZ BULL­DOG Trak­tor auf dem Gelände der Drahtziegelfa­brik.

Auf nebenstehendem Foto vier Festorganisatoren: Heinz BÖHM, Gerhard NEUMANN, Erwin MARTIN und Kurt KNOB­LOCH (v.l.n.r.)

Freundeskreis Peitzer Regionalgeschichte

Max NEUMANN, geboren am 01. Juli 1904, gründete 1926 in der Drehnower Vorstadt 11 ein Fuhrunternehmen. Die Transporte erfolgten mittels Pferdefuhrwerk. Die Grundstücksbesitzerin Emma GUTHKNECHT ließ dafür ein Stallgebäude errichten. Für die Peitzer und die umliegenden Orte ergab sich durch die Transporte nicht unerheblicher Lärm auf den damaligen Kopfsteinpflasterstraßen.

Erster bedeutungsvoller Transportkunde wurde die unweit in der Drehnower Vorstadt 39 gelegene Drahtziegelfabrik Stauss & Ruff AG, in welcher der Putzmörtelträger Drahtziegelgewebe produziert wurde.

Es handelte sich dabei um ein gewebtes Drahtgitter, bei dem die Knotenpunkte mit kleinen, kreuzförmigen, aufgepressten und danach ziegelhart gebrannten Tonkörpern umhüllt sind. Dieses Verfahren wurde durch die Cottbuser Brüder Paul, Max und Otto STAUSS erfunden, 1898 patentrechtlich geschützt und revolutionierte weltweit das Bauwesen hinsichtlich seiner vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten.

Max NEUMANN führte anfänglich hauptsächlich Tontransporte für die STAUSS-Drahtziegelfabrik aus Gruben in der näheren Umgebung von Peitz durch. Ab Ende der 1920er Jahre wurde der für die Drahtziegelproduktion benötigte Ton von einem 30 km entfernten Tontagebau Nahe der Ortschaft Eichow bezogen. Darüber hinaus erledigte das Fuhrunternehmen Abholungen von durch die Reichsbahn angelieferten Drahtrollen/-ringen vom Bahnhof Peitz-Stadt zum nahegelegenem Fabrikgelände als auch Transporte von Drahtziegelgeweberollen zum Bahnhof für den Waggonversand oder gelegentlich zu Kunden in der näheren Umgebung.

Mit Beginn der täglichen Tontransporte von Eichow sah sich NEUMANN zu einer Kapazitätserweiterung genötigt. Auf dem Grundstück Drehnower Vorstadt 11 gab es dafür keine Möglichkeit.

Im gleichen Zeitraum ergab sich für ihn der Umstand, ein größeres Grundstück in der Cottbuser Straße 4 käuflich erwerben zu können. Dort befand sich zu diesem Zeitpunkt die Peitzer Flachsaufbereitungs-Anstalt WEHNCKE & BUCHHEISTER GmbH.

Nach zwei verheerenden Hochwassern 1926 sowie 1927 gaben beide Unternehmer den Betrieb der Flachsaufbereitung auf. Besonders die Schäden des katastrophalen und ruinösen Hochwassers vom Juli 1927, als in der Malxe das Wasser mehr als zwei Meter über dem normalen Stand anstieg, gaben dafür den Ausschlag. Das etwa einen Meter unter der Straße und direkt am Malxefluss liegende Grundstück stand vollständig unter Wasser. Riesige Mengen Flachs wurden vernichtet und die Maschinen beschädigt.

Im „Einwohnerbuch der Stadt Peitz und der Ortschaften des Krei ses Cottbus Land 1927“ ist Max NEUMANN, Fuhrunternehmen, als Bewohner der Drehnower Vorstadt 11 aufgeführt (nebenstehend).

Ende der 1920er Jahre erwarb er das Grundstück Cottbuser Straße 4, auf welchem ausreichend Stallungen für Pferde vorhanden waren.

Eine Kaufbestätigung lieferte ein „Alphabetisches Verzeichnis der Einwohner und Geschäftsunternehmen von Peitz (Stand Mai 1940)“, in welchem Max NEUMANN als Fuhrunternehmer und Eigentümer des Grundstückes Cottbuser Straße 4 aufgeführt wurde.

Ausschnitt aus einer Postkarte von 1907 mit Blick auf einen Teil des Grundstückes Cottbuser Straße 4 aus nördlicher Richtung. In der Bildmitte das 1859 vom Peitzer Baumeister DEUTSCHMANN errichtete dreietagige Hauptgebäude, welches bis 1927 Fabrik- und im zweiten Obergeschoss Wohnräume enthielt, mit einem Pappdach. Links daneben in flacher Bauweise das Fabrikgebäude mit den vier großen Oberlichtfenstern (Shedfenstern) auf dem Pappdach, einer Grundfläche von 490,00 m² sowie einem hohen Schornstein. Gegenüber rechts der große Kohle- und Lagerschuppen mit geteertem Pappdach. Mittig rechts die Cottbuser Straße und am oberen Bildrand der Teufelsteich (Karpfenzuchtteich).

Auf nachfolgender Postkarte des Verlages Reinhold RICHTER aus Peitz von 1910 ist links die Fassade des Gebäudes Cottbuser Straße 4 zu sehen. In diesem Zustand befand sich Ende der 1920er Jahre das Gebäude beim Grundstückskauf durch Max NEUMANN.

Der komplette Gebäudebestand auf dem Grundstück Cottbuser Straße 4 Ende der 1920er Jahre ist auf nachfolgendem Lageplan vom 20.November 1920 ersichtlich, der vom Peitzer Maurermeister und vereidigtem Bausachverständigen des Landgerichtsbezirks Cottbus Franz DAEHN für die baupolizeiliche Genehmigung eines Schuppenneubaus nebst Wagenremise (rot schraffiert) an der südlichen Grundstücksgrenze für die Bauherren Harry WEHNCKE und Otto BUCHHEISTER angefertigt wurde.

Die Bauprüfung erfolgte übrigens bereits am 13.Dezember 1920 durch den Peitzer Maurermeister Otto

JACOBITZ und das Vorhaben wurde 1921 in massiver Bauweise mit Ziegeldach realisiert.

Am 13.Juni 1938 stellte Max NEUMANN einen Bauantrag betreffs eines notwendig gewordenen Umbaues des ehemaligen Fabrikgebäudes in einen Pferdestall nebst Remise und einer Bedachung aus Eternitplatten (asbesthaltige Faserzementplatten). Der Baukörper wurde auf eine Fläche von 240,00 m² reduziert und der Umbau im Juni 1939 bereits abgeschlossen. Zu jener Zeit wurde die Cottbuser Straße von den Nationalsozia- listen auch als Reichsstraße 97 bezeichnet.

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde im Frühjahr 1945 bei einem sowjetischen Fliegerangriff durch einen Bombentreffer das Wohngebäude in der Cottbuser Straße 4 stark zerstört und geriet in Brand. Laut Recherchen galt dieser Angriff dem großen Schuppen, der zu dieser Zeit von der deutschen Wehrmacht als Nachschublager genutzt wurde. Es konnte nicht dokumentarisch belegt werden, ob NEUMANN dazu gezwungen wurde. Gelegentlich wurden ebenfalls Militärfahrzeuge auf der Hoffläche gesichtet.

Nach Kriegsende verschlechterte sich die Unternehmenssituation für Max NEUMANN. Bei seinem wichtigsten Transportkunden, der STAUSS-Drahtziegelfabrik, kam es zu totalen Auftragsausfällen. Die Produktion des Putzträgers Drahtziegelgewebe konnte wegen nachkriegsbedingtem Draht- und Kohlenmangel einige Jahre nicht erfolgen. Das bedeutete für NEUMANN ein existenzbedrohendes Problem.

NEUMANN besaß 1945 zwei Traktoren. Diese wurden von der Sowjetarmee beschlagnahmt und es gelang ihm, sie nach Kriegsende zurückzubekommen. Da er auf seinem Grundstück über ausreichend Fläche verfügte und Transportmittel besaß, entschloss er sich, neben dem bereits bestehendem Holz- und Kohlehandel von Carl MEYER ebenfalls für einige Jahre einen Kohlehandel zu betreiben. Dadurch konnte er sein Unternehmen erhalten. Kohlen konnten ab Anfang der 1940er Jahre ausschließlich mittels „Kohlenbezugskarten für Hausbrandbrennstoffe“ erworben werden. Kohlenbezugskarten waren bis in die Nachkriegszeit infolge der immensen Mangelerscheinungen eine notwendige Maßnahme, um Brennstoffe rationiert an die Bevölkerung abzugeben. Der Erhalt von Kohlen war aber nur möglich, wenn diese vorhanden waren.

Im Jahr 1951 begann sich die Situation in der Drahtziegelfabrik etwas zu verbessern, da STAUSS die Genehmigung erhielt, wegen des hohen Bedarfs von Baumaterial für den Wiederaufbau eine Fabrikation von Dachziegeln aus Zement aufnehmen zu können. Dafür notwendige Maschinen waren in der Fabrik vorhanden und NEUMANN erhielt wieder Transportaufträge. Das half beiden Betrieben bei der Erhaltung ihrer Existenz.

1952 erfolgten in Peitz Umbenennungen einiger Straßennamen und Neufestlegungen von Hausnummern. Das Grundstück von Max NEUMANN in der Cottbuser Straße erhielt die geänderte Hausnummer 14.

Der Wiederaufbau des 1945 zerstörten Wohngebäudes in der Cottbuser Straße 14 zog sich bis 1952 hin. Die zeitliche Verzögerung resultierte aus dem Mangel an benötigten Baustoffen nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus diesem Grund wurde der VEB Kreisbaubetrieb Cottbus mit der Errichtung einer schmucklosen Fassade und dem Abriss des obersten Stockwerkes beauftragt. Nach Erteilung einer Baugenehmigung musste damals beim Kreisbauamt ein gesonderter Antrag zwecks Zuteilung der benötigten Baustoffe gestellt werden. Bei vorhandenem Bestand an Baustoffen entschied das Kreisbauamt über eine entsprechende Zuteilung. Erst nach Sicherstellung sämtlichen Materialbedarfes konnte mit dem Bau begonnen werden.

Auf dem Foto von 1955 ist an der hofseitigen Fassade des Wohnhauses der erfolgte Wiederaufbau zu erkennen. Im Hintergrund links der Pferdestall. An der linken Seite vor einem zum Fuhrunternehmen gehörenden Pferdegespann stehend Gerhard NEUMANN, der 1927 geborene älteste der drei Söhne vom Firmengründer Max NEUMANN, mit seinem dreijährigen Sohn Roland auf dem Arm. Gerhard NEUMANN war viele Jahre ein aktives Mitglied des Peitzer Männerchores.

Nach dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 in über 700 Städten und Gemeinden der DDR ordnete die Regierung auch bei Klein- und Privatunternehmern Werkstatt- und Hausdurchsuchungen an und beschlagnahmte „Verdächtiges“. Diese Unternehmerkontrollen sollten dazu dienen, mögliche Hintermänner des Aufstandes zu finden. Derartiges geschah ebenfalls bei mehreren Peitzer Unternehmern, so auch bei Max NEUMANN, ohne bei ihm Verdächtiges gefunden zu haben.

Nach mehreren Verschrottungen von Maschinen und Anlagen sowie Reparaturen des restlichen Maschinenbestandes gelang es STAUSS, im Frühjahr 1954 die Produktion von Drahtziegelgewebe wieder in Gang zu bringen, zumal sich die Rohstofflage zu verbessern begann. Das Fuhrunternehmen NEUMANN konnte wiederum mit Transportaufträgen von dieser Fabrik betraut werden.

Mit Beginn des Jahres 1955 kam es infolge zwingend notwendiger sowie umfangreicher Umbau- und Modernisierungsarbeiten in der Drahtziegelgewebefabrik wiederholt zu einem vierteljährlichen Produktionsstopp, der das Fuhrunternehmenn NEUMANN erneut mit Transportverlusten traf. Danach normalisierte sich die Zusammenarbeit beider Unternehmen schrittweise. Besonders die Tonabholungen von Eichow bedeuteten für das Fuhrunternehmen kontinuierliche Transporte die ganze Woche inclusive samstags.

Max NEUMANN Junior, der 1930 geborene jüngste Sohn von Max NEUMANN (deshalb „Mäxchen“ genannt), führte ab Anfang der 1950er Jahre mit einem „LANZ BULLDOG“ Traktor, volkstümlich „Ackerschlepper“ genannt, Transporte für die Drahtziegelfabrik durch.

Dieser robuste Traktor besaß einen Einzylinder-Zweitakt-Glühkopfmotor, der als „Vielstoffmotor“ mit kostengünstigem Rohöl u.ä. betrieben werden konnte. Das runde Maschinenteil vor dem Motor unter dem Kennzeichenschild ist der Glühkopf zum Vorwärmen, der die Zündwilligkeit verbesserte. Von 1921 bis 1957 wurden diese Traktoren in Mannheim gebaut.

Das Fuhrunternehmen NEUMANN bot Waldbesitzern zur Unterstützung von Waldarbeit seine dafür trainierten Pferde auch als Rückepferde an. Dies wurde in vielen Fällen genutzt.

Als Rückepferd bezeichnet man ein im Wald zum Holzrücken eingesetztes Pferd zum schonenden Verbringen von gefällten und entasteten Baumstämmen zum nächsten Waldweg bzw. Sammelplatz zur späteren Abholung (Polterplatz). Mit dem Pferd wurden keine anderen Bäume verletzt, da es um sie herumlaufen kann. Das können waldzerstörende Forstmaschinen nicht, wobei es zur damaligen Zeit noch keine spezielle Forsttechnik gab.

Gerhard NEUMANN gehörte zu den Organisatoren des dritten Peitzer Fischerfestes, welches vom 14. bis 16. September 1956 stattfand.

Damals fanden die meisten Feierlichkeiten in der Alten Bahnhofstraße an der Jugendherberge „Nikolai Ostrowski“ am Hälterteich statt, so auch eine gelungene Kulturveranstaltung am Samstagnachmittag und am Abend. In den Sälen der Stadt wurde bis spät in die Nacht getanzt.

Im Hintergrund das Wohnhaus von Max NEUMANN in der Cottbuser Straße 14 sowie das Nebengebäude (Pferdestall).

Ab 1961 konnte Max NEUMANN einen weiteren Transportkunden vertraglich binden. Es handelte sich um einen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der Cottbuser Straße 3, neu gegründeten Großhandelsbetrieb.

Im zweiten Halbjahr 1960 erwarb der „Sozialistische Großhandelsbetrieb Möbel-Kulturwaren-Sportartikel Cottbus“ dieses Grundstück, um dort ab 1961 eines seiner sechs Großhandelslager zu errichten.

Von 1937 bis 1945 befand sich dort die Rüstungsfirma von Carl und Hans RASPE. Nach Kriegsende bis 1947 wurden auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) alle Betriebsanlagen demontiert und in die Sowjetunion transportiert. Außer dem Hauptgebäude an der Cottbuser Straße, einem kleinen, fensterlosen und bunkerähnlichen Lagergebäude an der Malxe sowie einem etwa 20 m hohen Schornstein wurden alle übrigen Fabrikgebäude der ehemaligen Rüstungsproduktion abgerissen. Bis 1960 erfolgten auf diesem Grundstück durch mehrere kurzzeitige Nutzer keinerlei Bauvorhaben.

In Ermangelung von Lagerkapazitäten musste die erste Leiterin des Großhandelslagers, Frau LEHMBERG, für einige Jahre Neben-/Außenlager in der näheren und entfernteren Umgebung anmieten. So in der ehemaligen Präsidentenmühle am nördlichen Ortsausgang, im Saal der Gaststätte SCHULZE in der Gubener Vorstadt (später „Stadt Berlin“ und heutiges griechisches Restaurant „Marathon Athen“), im ungenutzten Saal der Gaststätte „Stadt Frankfurt“, im nicht mehr im Betrieb befindlichen Sägewerk von Theodor JAKOB in der Dammzollstraße und sogar in einem Lager in Lübben.

Fortsetzung folgt

Christian Meinhardt