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Peitzer LandEcho - Beilage: Amtsblatt für das Amt Peitz mit seinen Gemeinden
Ausgabe 12/2024
Redaktioneller Teil
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Jazzwerkstatt special in Leipzig: Störenfriede: Jazz, Protest + Revolution

Podiumsdiskussion im historischen Bibliotheksfoyer

Jazzgottesdienst in der Philippuskirche Leipzig

Das Archiv der Jazzwerkstatt ist in die Sammlung der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig übergeben worden. Aus diesem Anlass wurde vom 20. bis 22. September 2024 ein „jazzwerkstatt spezial“ veranstaltet – im Kontext zum 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution 1989. Der Jahrestag war Gelegenheit, die Geschichte der Jazzwerkstatt mit den Werten der Ereignisse von 1989 zu verknüpfen. Eingespielt wurde die Rede des Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier, in der er die Bedeutung der Jazzszene in der DDR würdigte (www.dnb.de/DE/Kulturell/Jazzfestival/jazzfestival).

Als Gedächtnis der Nation sammelt die Deutsche Nationalbibliothek nicht nur seit 112 Jahren Publikationen, die auf dem deutschen Markt erschienen sind. Im Deutschen Buch- und Schriftmuseum in Leipzig wird auch mediengeschichtlich bedeutsames Kulturgut von nationaler Bedeutung gesammelt und bewahrt. Das Konvolut, das von der Jazzwerkstatt übernommen wurde und noch ergänzt werden soll, wird dauerhaft und sichtbar eingelagert und der Forschung zur Verfügung gestellt – darauf verwies Stephanie Jacobs, Leiterin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek. „Das revolutionäre Potenzial von Musik ist ein Forschungsthema“, sagte sie. Und sie betonte, dass das Aus-der-Hand-geben der Materialien ein Loslassen bedeute – wie auch die Verpflichtung, mit diesem zu arbeiten. „Die historischen Dokumente wechseln den Aggregatzustand“, betonte sie. Die Museumsleiterin dankte Herbert Weisrock für die selbstständige Arbeit am Online-Katalog, dafür, dass er Ordnung in die Sammlung gebracht hat. Und sie dankte Ulli Blobel, der finanzielle Mittel dafür akquirieren konnte. „Das ist nicht selbstverständlich“, so Stephanie Jacobs.

Die Schirmherrschaft für das Jazzfestival „Störenfriede: Jazz, Protest und Revolution“, das Ulli Blobel in Kooperation mit der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte und der Bundeszentrale für politische Bildung kuratiert hatte, war vom Ostbeauftragten der Bundesregierung Carsten Schneider übernommen worden. Er begleitete das Festival vor Ort. Zwei gesellschaftspolitische Podien, die die Bedeutung der Musik als Mittel des Widerstands thematisierten, fanden statt. Zum einen das Podium „Herkunft und Freiheit“, geleitet von Stephanie Jacobs mit Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Musikkritiker und Jazz-Festivalleiter Bert Noglik, Ulli Blobel sowie Historiker und Autor Ilko-Sascha Kowalczuk. Das zweite Podium stand unter dem Motto „Demokratie – Das Zukunftsthema“, moderiert von Kai Michael Sprenger. Zu den Gesprächspartnern gehörten neben Carsten Schneider der Journalist und Autor Christoph Dieckmann sowie Schauspielerin Anica Happich.

Rund um dieses Programm gab es viele freie Töne – Jazz mit Musikern, die auch in Peitz in den vergangenen Jahrzehnten ihre Spuren hinterlassen haben. Ob Wolfgang Schmidtke mit seinem Orchester, der Pianist Kit Downs oder Helga Plankensteiner und Band mit dem Projekt „Jelly Roll plays Morton“ oder Conny Bauer mit „Das Bassposaunen“ und Joe Sachse mit seinem musikalischen Projekt zum 75. Geburtstag – es war ein Jazzwerkstatt-Programm, wie es das Peitzer Publikum begeisterte. Viele bekannte Gesichter waren zu entdecken – und nicht nur auf den Podien wurde Zeitgeschichte besprochen. Manche Anekdote aus den Anfängen in den 1970er Jahren bis zum Verbot 1982 machte im Publikum die Runde. Mit der Pianistin Myra Melford, der Band Punkt.Vrt.Plastik um Schlagzeuger Christian Lillinger oder Matthias Schriefl mit seinem Projekt „Allgäu meets India“ gab es spannenden zeitgenössischen Jazz.

Wie in Peitz Tradition, gab es am Sonntag einen Jazzgottesdienst für die Demokratie in der Philippuskirche Leipzig mit Pfarrer Kurt Malk. Volker Jaekel (Kirchenorgel und Portativ) und Gert Anklam (Saxophone und Sheng) gestalteten die musikalischen Parts. Anschließend gab das Inside Colour Trio mit Julie Sassoon, Lothar Ohlmeier und Mia Ohlmeier ein Konzert, in dem sie ihr erstes gemeinsames musikalisches Projekt als Familie vorstellten.

Ulli Blobel veranstaltet mit der Jazzwerkstatt in diesem Herbst eine Reihe von Konzerten. Das Festival der 62. Jazzwerkstatt Peitz wird vom 15. bis 17. August 2025 stattfinden, kuratiert von Marie Blobel.

Ingrid Hoberg