Abb. 29: Der Rohbau des Ambulatoriums in der Dammzollstraße, Winter 1982
Abb. 30: Kahnpartie im Spreewald im Juni 1982
Abb. 31: Foto: J.Kaffka, „Lausitzer Rundschau“ vom 11.12.1982
Der Bau des neuen Ambulatoriums in der Dammzollstraße 7 steigert spürbar die Hoffnung auf eine baldige Verbesserung der Arbeitsbedingungen und fördert Fleiß, Gemeinschaftssinn und Einsatzbereitschaft fast aller Kolleginnen und Kollegen. Der im Auftrag des Kraftwerks Jänschwalde von einer polnischen Baufirma aus Tourun errichtete Rohbau des neuen Ambulatoriums überwintert mit Polysterolplatten zwischen den braunen Fensterrahmen aus Aluminium. Auch bei den Patienten wird die allgemeine Stimmung bei nachgeregeltem lokalem Fleischangebot, endlich begonnenen Bezug von Neubauwohnungen, verschwundenen offenen Abwasserkanälen und der Nutzung eines Baggersees in der Garkoschke zum Baden, der ein Naherholungsgebiet werden wird, entspannter. Im Gegensatz zu anderen Regionen in der DDR kann die propagierte Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik nachvollzogen werden. Peitz erlangt mit dem Kraftwerk eine Sonderstellung.
1982 bringen die verordneten Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen einen weiteren traurigen Höhepunkt. Bereits geplante Investitionen werden weitgehend gestrichen. Das betrifft mit Ausnahme des Bezirkskrankenhaus Cottbus alle Kreise im Bezirk, drei von ihnen werden sogar auf Null gestellt. Auch das Landambulatorium Peitz ist aufgefordert alle Wirtschaftsverträge und sogar den Bezug der Zeitung des ZK der SED „Neues Deutschlands“ zu kündigen. Die vielen Wirtschaftsverträge für die Ausstattung des neuen Ambulatoriums in der Dammzollstraße waren glücklicherweise vom Investor Kraftwerk Jänschwalde abgeschlossen. Das Landambulatorium hatte die fachliche Aufgabenstellung formuliert und eine detaillierte Bestellliste eingereicht. So blieben die Verträge nicht nur in Kraft, sondern wurden sogar vorfristig erfüllt, weil die Lieferbetriebe in der Flut von Stornierungen froh waren, ihre Waren los zu werden. Mit den Karteischränken aus Eisenberg begannen im Februar die Lieferungen. Dem Kulturbund muss es ähnlich ergangen sein. Er hatte nun Wandbilder der Impressionisten für das Landambulatorium im Angebot. Als die Kassetten für die Patientenkartei am Lutherplatz eintrafen, regnete es. Alle verfügbaren Mitarbeiter bildeten eine Transportkette bis auf den Dachboden. Die schmerzhafte Streichung zusätzlicher finanzieller Mittel veranlasste die Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) des Gesundheitswesens von Cottbus-Land zu dem Vorschlag alle Gewerkschaftskassen zu vereinen. Dies konnte mit geballter Empörung zwar verhindert werden, aber der belasteten Stimmung und ungeklärten Finanzen fiel das jährlich organisierte Faschingstreiben zum Opfer.
Umgehend werden die bereits angedachten Bemühungen der Abteilungsgewerkschaftsgruppe des Landambulatoriums um eine eigene BGL aktiviert.
Jeden Dienstag steht Herr Dr. med. SÄGNER den werdenden Müttern in der Schwangerschaftsberatung zur Verfügung. Um das ungeborene Leben weit vor der Geburt zu schützen, erfolgt die fürsorgliche und medizinische Betreuung bereits ab der 12. Schwangerschaftswoche. Zusammen mit Gemeinde- und Betriebsschwestern und den eingeführten Hausbesuchen werden das soziale Umfeld, Arbeitsplatz und Wohnverhältnisse geprüft. Die Gespräche mit beiden Ehepartnern konzentrieren sich auf konkrete Empfehlungen für eine gesunde Ernährung, auf die Auswirkungen des Genussmittelmissbrauchs und auf einen schwangerschaftsgerechten Arbeitsplatz. Auch Hinweise auf gesetzliche Regelungen zum Schutz der Schwangerschaft oder Informationen zur „Vatergeburt“ werden bedarfsgerecht erteilt. Im Bezirkskrankenhaus waren die Voraussetzungen für die Anwesenheit des Vaters im Kreißsaal geschaffen worden.
In der jährlichen Objektbegehung im April wird zum wiederholten Male schriftlich festgehalten, dass das Objekt keine Klärgrube hat, die Schäden am Schornstein und Dach größer werden, die veraltete Heizung mit der angeschlossenen Kinderkrippe I überfordert ist und der Fuhrpark (2 Pkw für 5 operativ tätige Ärzte und die Versorgungsfahrten) in keiner Weise den Anforderungen gerecht wird. Man mag einwenden, welchen Sinn Objektbegehungen dann haben? Es ist das Protokoll an sich. Jedes Vorhaben hat kaum eine Chance die erste Planrunde, die findet regulär zwei Jahre vorher statt, zu überstehen, wenn die Notwendigkeit nicht im Protokoll der Objektbegehung ausgewiesen ist.
Da die Kreisärztin im September für ein Jahr die Bezirksparteischule besuchen wird, müssen Mitte April die Kaderpolitiker des Kreises Cottbus-Land einen Ersatz finden und verfallen auf den Leiter des Landambulatorium Peitz. Diesem war zum Jahreswechsel gerade bescheinigt worden, dass er wegen des Neubaus in der Dammzollstraße unabkömmlich ist und deshalb war seine Einberufung zum Reservistendienst ausgesetzt worden. Aber da die Neubaubegleitung auch als Kreisarzt wahrgenommen werden kann, folgen seiner klaren Ablehnung über Wochen Gespräche mit dem Vorsitzenden des Rates des Kreises und unangenehmer mit dem zuständigen Sekretär der SED-Kreisleitung. Mitte Juni waren mit Kompromissen alle Bedenken formell ausgeräumt. Der Arbeitsvertrag mit dem Landambulatorium Peitz blieb unangetastet und wenigstens der Donnerstag weitgehend seinen Sprechstunden in Peitz vorbehalten.
Auf dem Betriebsausflug an einem kühlen Tag Ende Juni im Spreewald bekräftigt der bedrängt gefragte Leiter nochmals, dass er sich nicht von seinem Peitzer Auftrag und Kollektiv trennen will. Als Kreisarzt gesammelte Erfahrungen sind sicher nützlich für die weitere Entwicklung im Ambulatorium Peitz. Im neuen Haus beginnen die Restarbeiten und die ersten Stockwerke sind tapeziert.
Die Fürsorge unserer Gemeindeschwestern gilt besonders den älteren Bürgern, die auf Hilfe angewiesen sind. Dieses eigentlich gesamtgesellschaftliche Anliegen ruht leider noch auf zu wenigen Schultern. Um so wichtiger ist es, diejenigen im Blick zu behalten, die ihre Hilfe bereits praktizieren. So hatte die Gewerkschaftsgruppe des Landambulatoriums die gute Idee, die fleißigen „Timurhelfer“ der 4. bis 6. Klasse beider Schulen zu einem Eisbecher einzuladen und Buchgeschenke zu verteilen. Die Kinder freuten sich über die Anerkennungen und versprachen auch im nächsten Jahr kleinere Besorgungen für gehbehinderte ältere Menschen in ihrer Nachbarschaft zu übernehmen.
Die Stomatologische Abteilung unter der Leitung von Herrn Dr. med. dent. Ulrich KRÖHER erhält mit der Zahnärztin Gabriele NOACK eine weitere Verstärkung. Ein Wasserschaden in der Stomatologie in der Hauptstraße 3 erinnert, dass die Umbauten im Lutherplatz 6 so bald wie möglich nach dem Umzug in die Dammzollstraße beginnen müssen.
Am 10. Dezember 1982 erfolgt die symbolische Schlüsselübergabe und eine erste Führung durch das neue Haus in der Dammzollstraße 7.
Die Leiterin der Physiotherapie Frau OLM bedankt sich im Raum der Unterwassermassage bei den Vertretern des Kraftwerks Jänschwalde und dem amtierenden Kreisarzt für die neuen Therapiemöglichkeiten und deutlich besseren Arbeitsbedingungen.
Die Mitarbeiter des Ambulatoriums und der Apotheke richten Tag um Tag mit Freude und großem Fleiß ihre neuen Arbeitsplätze ein. Am 22. Dezember versammelt sich das Kollektiv vom Lutherplatz zur ersten Arbeitsbesprechung im neuen Haus. Nach den Weihnachtsfeiertagen drängen besonders die Schwestern auf eine vorfristige Eröffnung. Die „Adlerapotheke“ eröffnet bereits am 27. Dezember 1982.