Als mit Einzug der Reformation 1539 das Pegauer Kloster überflüssig geworden war und es 1556 abgerissen wurde, hat man die 2,3 Meter große und etwa 0,85 Meter breite Reliefplatte Wiprechts in die Pegauer Sankt-Laurentius-Kirche gebracht und dort in einem Gewölbe des Turmes abgelegt. Bei dem Transport war zwar das Fußstück abgebrochen, aber ansonsten hat Wiprecht den Umzug gut überstanden. Da die Besucher Wiprechts zu keiner Zeit nur Leute mit Kunstverstand gewesen sind, verschwanden Stück für Stück die vielen bunten Steine, mit denen die Platte besetzt gewesen ist. Und auch sonst bot das Kunstwerk um die Mitte des 19. Jahrhunderts einen traurigen Anblick. Man hatte es aus seinem dunklen Verlies herausgeholt, senkrecht an einer Kirchenwand aufgerichtet und mit Kalk weiß übertüncht!
Um in Erfahrung zu bringen, warum Wiprecht ein Teil seiner Nase abhandengekommen ist, müssen wir in die Chronik von K. A. Kühn nachblättern: „1853 nahm man zwar eine umfassende Restauration im Inneren der Kirche vor, aber des Wiprechtschen Grabmal gedachte man nur insofern, als man es, um wenigstens den gänzlichen Ruin desselben noch ein wenig aufzuhalten, von neuem in sein früheres Behältnis, das dunkele, dumpfe Gewölbe, das bis dahin nur zur Ansammlung alter Steine und sonstiger Baumaterialien gedient, zurück stellte, wo es nach wie vor beim Öffnen und Lüften der Kirche den kleinen Kindern als Schreckgestalt erschien, der heldenhaft von den Burschen mit Steinen beworfen werden musste.“
Bei einer solchen „Steinigung“ hat Wiprecht seine Nase eingebüßt.
Für eine Restaurierung des lädierten Kunstwerkes fehlte es Stadt- und Kirchenvätern damals am nötigen Geld. Gesuche an den Dresdener Altertumsverein schließlich brachte der Amtshauptmann Dr. Platzmann den Stein ins Rollen. Von dem enthusiastischen Stadtchronisten und Kirchner Kühn auf die Notwendigkeit einer baldigen Restaurierung aufmerksam gemacht, äußerte sich jener:
„Nun das Denkmal ists allerdings wert! Wollen sehn. Vielleicht lässt sich etwas tun!“
Und plötzlich öffneten sich bislang verschlossene Schatullen. Der Dresdener Altertumsverein überwies 100 Taler und das Kultusministerium sagte weitere 150 zu!
Der Leipziger Baurat Dr. Mothes und der von ihm zu den Arbeiten hinzugezogene Portraitmaler Zucchi restaurierten 1871 den Wiprecht. Dabei wurde ihm auch eine neue Nase aus „Zement“ anmodelliert, das ganze Bildwerk erhielt eine farbige Fassung, die sich an unter der entfernten Tünche gefundenen Farbspuren orientierte und auch die fehlenden „Steine“ wurden ergänzt. Das weckte Begehrlichkeiten. Der Kirchner Kühn berichtet:
„... da stupide Rohheit und niedrige, kindische Habsucht sogar an solchem Kunstwerke sich vergreifen vermag, werde schließlich noch eines kleinen, aber höchst ärgerlichen Vorfalles gedacht:
Um dem Publikum bequeme Gelegenheit zum Beschauen vor und nach dem Gottesdienste zu geben, ließ ich die Thür der Wiprechtkapelle eine Zeit lang unverschlossen. Da war eines Tages das von mir geradezu für unmöglich Gehaltene geschehen: Mehrere der größeren und kleineren Glasflüsse, die an sich ja völlig wertlos sind, waren ausgebrochen und entwendet!“
Die Restauratoren hatten sich eines Tricks bedient!
Durch, unter die Glascabochons gelegtes, farbig marmoriertes Papier täuschten sie „Edelsteine“ vor.
Seine von den Restauratoren nach geformte Nasenspitze hatte Wiprecht noch bis in jüngere Zeit, wie beispielsweise auf den Steches „Beschreibender Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreich Sachsens“ 1891 beigegebenen exzellenten Fotografien, sowie auf jenen, die der Leipziger Kunsthistoriker Herbert Küas in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat anfertigen lassen und die er in seinem Buch über die „Rundkapellen des Wiprecht von Groitzsch“ 1977 veröffentlichte, zu sehen ist.
Die Nase ist Wiprecht wieder durch einen Jugendstreich vor sechzig Jahren abhandengekommen.
Aus der Chronik von Hans Brumme erfahren wir von einem Kircheneinbruch im Jahre 1964:„In der Nacht vom Sonnabend, dem 6. Juli zu Sonntag, dem 7. Juli wurde das kleine Fenster, wo Wiprecht liegt, eingeschlagen und eingestiegen. Die Nase von Wiprecht wurde abgetreten. Die Täter konnten von der Polizei nicht ermittelt werden.“
Schicksal, dass Wiprechts Kopf ausgerechnet direkt unter jenem Fenster liegt und die Nase der erste feste Halt unter den Füßen der Eindringlinge war, aber nicht fest genug, denn Zement und Sandstein gehen keine richtige Verbindung ein. Und so kam es, dass Wiprecht heute wieder mit entstelltem Gesicht in seinem Gewölbe liegt.