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Amtsblatt Stadt Pegau und Gemeinde Elstertrebnitz
Ausgabe 9/2025
Heimatkundliches
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Der Pegauer Reiterstein

Vierseitenansicht des Großstorkwitzer Reitersteins [Abb. aus Felix und Näbe, Die Beziehung von Steindenkmalen und erratischen Blöcken zum Kultus und Volksgebräuchen, in: Sitzungsberichte der naturforschenden Gesellschaft Leipzig, 42, 1915 Tafel II]

von Fritz Irmscher, Pegauer Heimatblätter Nr. 59 1939

Im Altertumsmuseum im Großen Garten in Dresden steht ein Stein, der eigentlich im Pegauer Heimatmuseum stehen müsste. Mit ihm hat es folgende Bewandtnis:“

Um 1840 war in Pegau ein Gendarm Oehme angestellt, der als „altertumsforschender Gens d’arme“ noch lange im Gedächnis der Pegauer lebte. Oehme sammelte alle irgendwie aufzutreibenden Altertümer und – schickte sie nach Dresden an den Königl. Sächs. Verein zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer. So gelangen unter anderem nach Dresden einige Pegauer Urkunden, Steingeräte und Urnen, Brakteaten. Oehmes Sammelwut scheint auch der „Reiterstein“ zum Opfer gefallen sein, von dem unser Pegauer Chronist, der Kirchner und Mägdeleinschulmeister Kühn in seinen Beiträgen zur Heimatkunde Pegaus (I,33.) schreibt:

„Ein altes, merkwürdiges Denkmal von Sandstein, 6 Fuß hoch und 3 Fuß breit (1 Fuß ca. 30 cm), gefunden auf dem Felde zwischen Pegau und Merseburg (Eine andere Quelle sagt: zwischen Maschwitz und Werben) und mit Recht als das Grabmal eines in früherer Zeit dort gefallenen Helden betrachtet. So sehr der Stein verwittert ist, so lassen sich doch noch Reste von Reliefbildwerken an demselben erkennen, die unter die wenigen noch vorhandenen Steinskulpturen vor Beginn des 12. Jahrhunderts zu rechnen sein dürften.

Auf der einen der breiten Seite erkennt man zwei kämpfende Reiter, auf der anderen, einen Mann zur Seites des Rosses stehend. Auf einer der schmalen Seite scheint die größere Figur eines Kriegers ausgehauen gewesen zu sein, auf den anderen finden sich Spuren eines Drachens, der mit einem vierfüßigen Tiere kämpft.“

Der Stein war unter dem Namen „Melkstein“ bekannt und stand in der Nähe von Großstorkwitz nach Werben zu. Über den Namen „Melkstein“ weiß Kühn an anderer Stelle zu berichten: „Ein Hirt habe oft die ihm anvertrauten Kühe abgemolken, sei darüber einst von einem Bauer ertappt und von dessen Verwünschungen in den Stein verwandelt worden.“

Dieser Stein, so berichtet Kühn weiter, sei eines Tages plötzlich verschwunden gewesen, müsse also während der Nacht entfernt worden sein (1847).

Was wissen wir heute noch von dem alten Stein? Der bekannte Geschichtsforscher O. E. Schmidt beschäftigt sich mit ihm in den „Mitteilungen“ des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz (Band XIII, Seite 305) und hält ihn für den ältesten, künstlerisch behandelten Stein in Sachsen. Es handelt sich nach Schmidt um einen unter Kaiser Heinrich I. (919- 936) errichteten Grenzstein, der die Grenze zwischen Slaven und Deutschen bezeichnen sollte. Darauf weisen die Bilder des Steines hin, die Schmidt wie folgt beschreibt: Der Pegauer Stein zeigt auf den einen Breitseite einen rossführenden deutschen Jüngling, eine Hinweis auf die durch Kaiser Heinrich geschaffene Volksreiterei; auf der Schmalseite sehen wir einen Schleuderer mit der Tartsche, der seinen tödlichen Stein soeben auf einen an der gegenüberliegenden Wange dargestellten Drachen, das Symbol des Heidentums, abgeschnellt hat; die Vorderseite aber zeigt die Grenzlinie von der links ein deutscher und rechts ein slavischer Reiter sein Roß pariert.

Es ist müßig, sich drüber Gedanken zu machen, was wohl mit dem Stein geschehen wäre, wenn ihn Oehme nicht nach Dresden gebracht hätte. (Wie hat er das wohl gemacht in eine Zeit ohne Eisenbahn?) Vielleicht wäre dieser steinerne Zeuge der deutschen Rückwanderung längst zerstört. Danken wir dem braven Altertumsfreude, dass er und den Stein gerettet hat, auch wenn er nicht unser Heimatmuseum ziert.

(Der Stein wurde im 2. Weltkrieg bei einem Bombenangriff auf Dresden zerstört.)