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Rodewischer Bote
Ausgabe 11/2023
Kirchen
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Festgottesdienst

Altarbibel aus dem Jahr 1893

Rückblick auf einen sehr besonderen Festgottesdienst

zur Erinnerung an die Weihe der ehemaligen Anstaltskirche im Sächsischen Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Rodewisch.

Nur die Altarbibel aus dem Jahr 1893 ist erhalten geblieben. Auf die erste Seite wurde anlässlich der Kirchweihe mit feiner Handschrift, gut lutherisch zum 31. Oktober geschrieben: „Das Wort sie sollen lassen stahn!“ Und darunter steht in klaren hebräischen Buchstaben:

Jes. 40,1 „‘Tröstet, tröstet mein Volk!‘, spricht euer Gott.“ sowie der hoffnungsvolle Satz: „Das Wort Gottes richtet die Welt auf.“

Diese Inschrift berührt mich immer wieder tief. Wohin geraten wir mit unserem ehemals christlich geprägten Abendland, wenn wir unsere geistlichen Wurzeln nicht mehr kennen? Wenn sie verschüttet, abgebrochen, vertrocknet sind?

Als am 31. Oktober ab 14.30 Uhr Vertreter der umliegenden Posaunenchöre vom Balkon des Festsaales im SKHRO aus die bunte Mischung von PatientenInnen und vor allem ehemaligen MitarbeiterInnen, von Gemeindegliedern und Gästen begrüßten, breitete sich eine festliche Stimmung aus. Die Bestuhlung musste erweitert werden. Im Festsaal waren über eine Leinwand Fotos zu sehen, welche die Kirche und Zeugnisse ihrer wechselhaften Geschichte zeigten. Um 15 Uhr wurde das Geläut der Glocke eingespielt. Diese war bis 1966 im Gelände regelmäßig zu hören. Dann wurde die Kirche entweiht und der Turm abgerissen. Sie läutet heute im Vogtländischen Neustadt.

Die musikalische Begleitung durch die Notenläufer – einer Gruppe junger MusikerInnen und SängerInnen, die unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Ulrich Meier in Auerbach regelmäßig proben – füllte den Raum mit frischen Rhythmen und tiefen geistlichen Impulsen gemäß des Anliegens des Reformationstages: Tradition muss zeitgemäße Wege finden, wenn sie lebendig bleiben will. So wurde dieser Tag auch ökumenisch durch die katholische und evangelische Krankenhausseelsorgerin gemeinsam vorbereitet und gefeiert. Mit ihrem Grußwort würdigte unsere Bürgermeisterin Kerstin Schöniger die offene und tolerant geprägte Verbundenheit der Krankenhäuser mit der Stadt Rodewisch.

In der Predigt über den Zöllner Matthäus, den Jesus von einem Baum herunter geholt hat, um mit ihm zu essen und sein Herz zu berühren, wurde deutlich, was über der Einladung zu diesem Tag stand: „Weil Kirche nicht nur ein Gebäude ist…“.

Immer und überall sucht uns Menschen dieser liebende Blick Gottes. Er kann und will uns verändern hin zu Gerechtigkeit und Nächstenliebe. Wie dringend wir das brauchen wurde auch im Dank- und Fürbittgebet deutlich. Tröstet einander, denn das Wort Gottes will uns aufrichten, damit unsere Seelen frische Luft atmen können, damit Hoffnung und Zuversicht stärker sein können als alles, was uns zu schaffen macht. Dieser Festgottesdienst war für mich wie für viele ein Zeichen solcher Hoffnung. Und er war ein würdiger Abschluss der Festveranstaltungen zu 130 Jahre SKHRO und 60 Jahre Rodewischer Thesen.

Pfarrerin D. Frölich-Mestars, Krankenhausseelsorge