Anlässlich unseres 100-jährigen Jubiläums als Stadt gibt es in der ehemaligen Buchhandlung Unger in der Rodewischer Schiller- Ecke Schulstraße ein besonderes Schaufenster zu bestaunen. Gestaltet von Jürgen Unger, zeigt es alte Postkarten von Rodewisch und gibt interessante Einblicke in die Vergangenheit unserer Stadt. Es ist faszinierend zu sehen, wie Rodewisch früher aussah, welche Gebäude es gab und wie sich vieles verändert hat.
Das Haus, in dem sich die Buchhandlung befand, wurde 1908 von Paul Unger, dem Großvater von Jürgen Unger, erbaut. 1911 meldete Paul Unger in Rodewisch das Gewerbe für eine Bilderwerkstatt und Buchhandlung an, die er bis 1945 führte. Nach seinem Tod übernahm 1946 sein Sohn Herbert Unger die Buchhandlung, während sein Bruder Erhardt die Rahmenwerkstatt weiterführte.
1981 stellte sich die Frage, wie es mit der Buchhandlung weitergehen sollte. Jürgen Unger, der sich ursprünglich für die KFZ-Branche entschieden hatte, willigte ein, den Familienbetrieb weiterzuführen. Er absolvierte eine Buchhändlerlehre in Leipzig und übernahm anschließend das Geschäft von seinem Vater. Die Zeiten für private Buchhändler in der DDR waren schwierig. Von den rund 6000 jährlichen Neuerscheinungen wurden den privaten Buchhändlern keine der 2000 besten Titel zugeteilt. Ein Rettungsanker waren die Aufträge für Schulbücher für die damaligen Grundschulen und Polytechnischen Oberschulen.
Nach der Wende war der Start ebenfalls nicht einfach. Zwar konnte man nun alles bestellen, doch das Geld war knapp. Auch hier halfen die Aufträge für Schulbücher. Die Buchhandlung Unger belieferte nun alle Schulen, was mit viel Aufwand und körperlicher Arbeit verbunden war – jährlich wurden 6 bis 10 Tonnen Schulbücher ausgeliefert. Sogar Vater Herbert half noch im hohen Alter von 90 Jahren bei der Auslieferung mit.
Vor fünf Jahren schloss Jürgen Unger die Buchhandlung, da es in der heutigen digitalen Zeit schwierig wäre, sie weiterzubetreiben. Die alten Postkarten, die es zu allen Zeiten in der Buchhandlung gab, hat Jürgen Unger noch im Bestand und präsentiert sie stolz im Schaufenster. Viele Rodewischer bleiben stehen und betrachten die Ausstellung – eine Freude für Jürgen Unger. Überhaupt sind die Schaufenster immer sehenswert. Zu jeder Jahreszeit oder zu besonderen Anlässen dekoriert er sie um und macht sie zu einem Hingucker.
Wir danken Jürgen Unger für sein Engagement und den besondernen Anblick in der Schiller- Ecke Schulstraße.