„Der Bayer vom Bielatal sagt Servus“ (Sächsische Zeitung 4.1.2024)
Die traurige Nachricht hat schnell die Runde gemacht: Peter Simon, der gebürtige Münchner, der seit vielen Jahren mit seiner Frau Rosemarie in der Paresiusmühle lebte, ist in der Silvesternacht im Alter von 84 Jahren in seinem Haus, in den Armen seiner Frau, verstorben. Unser aufrichtiges Beileid gilt ihr und den Angehörigen.
Es ist nur schwer fassbar, dass dieser ewig unverwüstliche, sich selbst als „positiver Mensch“ bezeichnende Peter Simon, nicht mehr unter uns weilt. Viele kannten ihn vor allem in seiner bayrischen Lederhose, mit seinem Schäferhund Mako, in seinem Lada-Niva, zu Einsätzen des Kriseninterventionsteams ausrückend. Nur wenige wussten um die schillernde Biographie des Ur-Rotkreuzlers. Dem Reporter der Sächsischen Zeitung Jörg Stock ist es zu verdanken, dass Peter Simon 2022 mit einer spannenden Reportage über sein Leben ein Denkmal gesetzt wurde. Entsprechend widmete die SZ auch seinem Ableben einen ausführlichen Beitrag, der die oben genannte Überschrift trug.
Das prägendste Ereignis des gelernten Diakons Peter Simon war sein Einsatz als Befehlsstellenleiter Sanitätsdienst während der Olympischen Spiele 1972 in München. Bei der Terroraktion und dem Geiseldrama bot er sich mit anderen als Austausch-Geisel an, was die Bundesregierung jedoch ablehnte. Die Befreiungsaktion der Polizei misslang - alle Geiseln und auch die Attentäter starben. Er habe dieses verheerende Erlebnis in einer Art Selbstheilung verarbeitet, wobei ihm seine diakonische Ausbildung maßgeblich half. „Sonst wäre ich in der Psychiatrie gelandet“, berichtete er der SZ.
Nach der Wende zogen die Simons ins Bielatal. Peter Simon engagierte sich in der Projektgruppe „Kinder von Tschernobyl“. Als 2015 zunehmend Geflüchtete ins Land kam, krempelten die Simons die Ärmel hoch und halfen. Mit seinem Fachwissen erkannte Peter Simon sehr schnell, dass die afghanische Familie, die in der alten Rosenthaler Schule einzog, zutiefst traumatisiert war. Er wurde niemals müde, bei Behörden, Wohnungsvermietern oder medizinischen Einrichtungen vorstellig zu werden, zu korrespondieren, zu organisieren. Die Familie hat es geschafft, hier gut anzukommen, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Als sie wegzog und den Simons sowie der Kirchgemeinde überschwänglich dankte, wartete die nächste Herausforderung: Kontingentsgeflüchtete aus Syrien. Jedes Familienmitglied anders schwer traumatisiert und versehrt. Es war wieder Peter Simon, der loslegte. Keine Hürde schien zu groß. Nicht Mitleid und Abnahme von Verantwortung für deren eigene Integration lebte er gegenüber seinen Schützlingen, die ihn bald liebevoll „Baba“ oder "Opa" nannten. Er förderte und forderte sie, trieb sie an, motivierte sie, hier anzukommen. Er hat er vorgelebt, dass unmöglich Geglaubtes möglich ist. Dies alles mit einer Durchsetzungskraft und Unerschrockenheit, die ihresgleichen suchten. Rosenthal-Bielatal hat den Simons viel zu verdanken. Wir werden den Bayer aus dem Bielatal in guter Erinnerung behalten.