Titel Logo
Rosenthal-Bielataler Dorfblatt
Ausgabe 11/2023
Klatsche
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Sagen und Mythen aus dem mittleren und oberen Bielatal – ihre Erfassung und Publizierung von Hans-Georg Hering

In einigen Ausgaben unseres „Rosenthal-Bielataler Dorfblattes“ vergangener Jahre stellte ich in mehreren Beiträgen Sagen und mystische Vorkommnisse aus unserem Bielatal vor. Natürlich auch in unserer Ende 2013 erschienenen gedruckten Ortschronik, wenn in ihr auch nur in einer Auflistung der Namen und Titel.

Und so soll hier der Frage nachgegangen werden, wie und wann diese volksmündlichen Überlieferungen einem breiten Publikum bekannt wurden und erstmals in gedruckter Form erschienen. Die wohl ältesten überlieferten Sagen aus dem oberen Bielatal sollen bereits im frühen 16. Jahrhundert entstanden und von Generation zu Generation weitererzählt worden sein – dabei aber wohl einiges an ihrer Originalität eingebüßt haben. Es wurden, wie einst üblich, bei den Erzählungen Fakten und Tatsachen hinzugefügt, weggelassen oder interpretiert.

In der Sammlung „Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen“, 1854 von Dr. Johann Georg Theodor Grässe in der Schönfeld’schen Verlagsbuchhandlung in Dresden herausgegeben (zweite Auflage 1874), fanden sich auf dessen 430 Seiten in der 2. Auflage zwar schon einige Sagen aus dem Gebiet der Sächsischen Schweiz, aber noch keine aus unserem mittleren und oberen Bielatal.

In diesem umfangreichen „Wälzer“, 1980 vom Zentralantiquariat der DDR in Leipzig als Reprint-Ausgabe herausgegeben, suchte man also das Bielatal noch vergebens. (Foto)

Auch in einem 1894 verlegten ersten „Sagenbuch der Sächsischen Schweiz“, zusammengestellt vom Sebnitzer Heimatvorscher Dr. Alfred Meiche, kam das Bielatal noch nicht vor. Meiche konnte es auch nicht erwähnen, da die „Sagen aus der Umgebung der Schweizermühle im Bielathale“ erst 6 Jahre später – und nun lüften wir das Geheimnis um das erstmalige Bekanntwerden, in gedruckter Form – erschienen.

Und zwar in der Zeitschrift „Über Berg und Thal“ des Gebirgsvereines für die Sächsische Schweiz Jahrgang 1900, Nr. 1 vom 15. Januar 1900.

In dieser Ausgabe konnte man auf den fortlaufenden Seiten 216 und 217 erstmals die uns heute bekannten Sagen aus dem oberen und mittleren Bielatal lesen. Dazu die Notiz (Zitat): „Gesammelt im Herbste 1897 von Dr. phil. A. Linke“

Schon am 26. Juni 1897 verfasste Dr. Linke in der „Villa Brausenstein,“, wo er sich zur Erholung aufhielt, einen Brief an Prof. Alfred Meiche zur Absicht Sagenforschung im Gebiet Schweizermühle.

Dazu schrieb Prof. Meiche (Zitat): „Dieser Aufsatz wurde mir von dem leider so früh verstorbenen Verfasser, einem begeisterten Freunde unseres Vereinsgebietes und besonders des oberen Bielatales mit seiner idyllischen Schweizermühle für die Neuauflage meines „Sagenbuches der Sächsischen Schweiz“ freundlichst zur Verfügung gestellt. Da sich das Erscheinen jenes geplanten Werkchens etwas verzögern muss, handelte ich wohl im Sinne des Herrn Dr. Linke, wenn ich sein schätzbares Material einstweilen an dieser Stelle veröffentliche. An dem Texte Dr. Linkes glaube ich, obwohl derselbe nur einen ersten Entwurf darstellt, keine erheblichen Änderungen vornehmen zu dürfen.

Die in diesem Sagen eine Rolle spielenden Personen werden hier nur mit ihren Anfangsbuchstaben genannt. Die Hauptquelle des Verfassers war Herr Carl Süßmilch in Rosenthal“ (Zitat Meiche Ende)

Auch Dr. Meiche gab übrigens 1903 ein großes „Sagenbuch des Königreiches Sachsen“ (ähnlicher Titel wie bei Th. Grässe 1854 und 74) heraus – auch dieses noch ohne Linkes Bielatal-Sagen.

Erst die zweite, 1929 erschienene Auflage seines „Sagenbuches der Sächsischen Schweiz“ mit dem Zusatz „… und ihrer Randgebiete“ enthielt nun auch die Sagen des oberen Bielatales – für einen breiten Leserkreis verfügbar. (Foto)

Nicht in diesem „Sagenschatz“ finden sich die verschiedenen Deutungen der damals noch geheimnisvollen Inschrift in der 1824 entdeckten „Bennohöhle“ über der damaligen Ehrlich-, späteren Worrm-Mühle.

Die erstmalige Veröffentlichung in „Über Berg und Thal“ 1900 wurde sicher nur von einem elitären kleinen Leserkreis wahrgenommen – das „einfache Volk hatte damals andere Probleme und Prioritäten des harten Alltagslebens zu bewältigen. Die zweite „wesentlich vermehrte“ Ausgabe dieses „Sagenbuches der Sächsischen Schweiz und ihrer Randgebiete“ wurde 1991 von der Altis-Verlags GmbH Berlin als repräsentative Reprint-Ausgabe herausgegeben – ergänzt durch Bildbeigaben historischer Ansichten aus der Sächsischen Schweiz nach Originalen vom Anfang des 19. Jahrhunderts aus dem Kupferstichkabinett Dresden und dem Heimatmuseum „Prof. Alfred Meiche“ Sebnitz. (Foto)

Vielleicht ist dieser Artikel Anlass wieder einmal im Sagenschatz unserer Heimat zu „schmökern“ ...

(Quellen im Text erwähnt)

Die Abbildungen zeigen eine Originalausgabe von Meiches Sagenbuch von 1929 und den Nachdruck von 1991., sowie das Titel-Cover der DDR-Reprintausgabe von 1980 von Grässe.