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Rosenthal-Bielataler Dorfblatt
Ausgabe 2/2023
Klatsche
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Zum 250. Mal Orts- und Regionalgeschichtliches – Die Legende von einer Burg Brausenstein …

So oder ähnlich könnte es ausgesehen haben - das Felsenhaus im Raubloch

Überwachsene Mauerreste auf einem Raublochfelsen

von Hans-Georg Hering

Noch bis weit in das 20. Jahrhundert hielt sich in der älteren Einwohnerschaft von Bielatal, vor allem aber bei den Bewohnern von Brausenstein und Raum, die Mär von einer früheren befestigten Burg Brausenstein auf einem Felsen im „Raubloch“. Fanden sich doch dort einige Mauerreste, die der Volksglaube als letzte sichtbare Zeugen einer einst angeblich das Bielatal an dieser Stelle überragenden Burganlage, ja sogar als „Raubburg“ bezeichnete.

So ragten tatsächlich bis in die 1890er-Jahre dort oben noch massive Mauern empor, in die Fenster eingelassen waren, die oben mit einem Rundbogen abschlossen. Die Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende rege Bautätigkeit lenkte die Aufmerksamkeit des damaligen Hermsdorfer Rittergutsbesitzers von Burchardi und der Brausensteiner Anwohner auf diese noch vorhandenen wuchtigen Mauerreste auf dem Raublochfelsen.

Ziemlich rasch wurden dann diese Mauern aus kantigen Sandsteinblöcken bis fast zu ebenem Felsuntergrund abgetragen.

So wurde auch erzählt, dass der Türbogen am Hauseingang zum damaligen Grundstück in Brausenstein Nr. 4 aus dem abgebrochenen Gemäuer stammen sollte.

Zum Bau der großen langen Rittergutsscheune in Hermsdorf, welche mit ihrer Längsseite zum Biela-Tal und nach Reichstein zeigt, wurden fuhrenweise Steine von der alten „Raubburg“ Brausenstein verbaut.

Was mag einst für ein Gebäude auf dem „Raubloch“-Felsen gestanden haben und welchem Zweck diente es? Für den Volksglauben galt lange die feste Überzeugung: Dort oben kann nur eine Burg gestanden haben! Der letzte „Raubritter“ von dort oben, so erzählten alte Leute, trieb noch bis in die Zeit der napoleonischen Kriege hier sein Unwesen – am „Doktorberg“ in der Nähe des Neidberges soll ihn dann sein verdientes Schicksal ereilt haben.

Wie steht es mit diesen Erzählungen über einen angeblichen Brausensteiner Raubgesellen?

Vielleicht liegt hier ein Stück echten alten Volkssagengutes vom „Wilden Jäger“ oder dem „Reiter ohne Kopf“ zu Grunde?

Der auf von Burchardi folgende Rittergutsbesitzer Lessing ließ noch vor dem Ersten Weltkrieg den meterhohen Mauerschutt am Fuße des Felsens abgraben. Es wurde erzählt, man habe dabei Teile von alten Handwaffen gefunden, deren Verbleib aber unbekannt ist. Ein altes Beil und eine Lanzenspitze wollten Brausenstseiner Anwohner damals aber gesichert gesehen haben.

Auch ist durchaus möglich, dass sich mit dem Verfall des nicht mehr bewohnten Felsenhauses lichtscheues Gesindel oder sogar Straßenräuber dort zeitweise eingenistet hatten ...

Nun zur Frage – was bedeuteten diese Mauerreste? Dass dort auf dem Felsen ein Gebäude stand, ist natürlich unbestritten. Die lange noch erkennbare Form des Grundrisses der Außenmauern mutete recht merkwürdig an. Der Zugang lag in Richtung der Siedlung Brausenstein. Zweifellos war dieses Gebäude ein Wohnhaus und diente vielleicht einst den Familien der Hammermeister oder ihren Verwaltern vom Eisenhammerwerk Brausenstein als Wohnstätte – zum Wohnen wohl besser geeignet als der dauerhafte Aufenthalt in dem feuchten und vom Gepoch des Hammers durchdröhnten Tal der Biela.

Kann das Gebäude aber nicht auch als „Vogtshaus“ für das einstige Vorwerk Brausenstein gedient haben?

Die letzte Bewohnerin im 19. Jahrhundert soll die einstige Besitzerin des Rittergutes Hermsdorf, Frau Marianne Wilhelmine Zeiß, gewesen sein, wird vermutet.

Nachdem das Rittergut 1819 in den Besitz der Familie Bernhard überging, sichert sich die Frau Zeiß mit zwei Töchtern das Recht der freien Wohnung und ließ 1820 (Jahreszahl in einer Felswand im sog. „Prinzessinnen-Garten“ oberhalb des Hochofens Brausenstein) einen kleinen parkähnlichen Garten anlegen. (oder wiederherstellen?)

Was aber wollte die einstige Gutshofherrin mit einem Garten bei Brausenstein? Sie kann vermutlich nur einige Jahre vielleicht ihre letzten? - in diesem Felsenhaus gewohnt haben. Das Gebäude verfiel danach leerstehend rasant und soll später sogar teilweise ausgebrannt sein. Verbürgt ist, dass die Felsspalten unterhalb der einstigen Wohnstätte als Unterstellmöglichkeit für die Pferde der Fuhrleute dienten, die auf der „Eisenstraße“ zwischen dem Gottleubatal und dem Bielatal Eisenerz zum Pochen in die Hammerwerke des Bielatales transportierten.

Es spricht auch nichts gegen die Annahme, dass zu Zeiten dieser Transporte bis Anfang des 18. Jahrhunderts die Fuhrleute selbst in dem einstigen geräumigen Wohnhaus auf dem Felskegel zeitweilig Unterkunft fanden.

Die vorangegangenen Darlegungen müssen die Überlieferungen über das Vorhandensein einer befestigten Burg Brausenstein in das Reich der Sage verweisen.

Auch Prof. Dr. Alfred Meiche, wohl einer der besten Kenner der Geschichte unserer engeren Heimat, sprach sich mit aller Entschiedenheit gegen das Vorhandensein einer Wehranlage oder gar Burg Brausenstein aus, weil dafür einfach elemantarste Voraussetzungen fehlten.

Darüber mehr in einem weiteren Beitrag.

(Quelle: Nach einem Artikel des Bielataler Lehrers Arthur Paul in „Über Berg und Thal“, Juli/August 1940)