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Rosenthal-Bielataler Dorfblatt
Ausgabe 2/2025
Klatsche
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Das letzte "O"

Wegsäule von 1836 auf Abzweig „O-Weg“ von der „Winterleithe“ (Aufnahme 1965)

(Daneben noch eine zweite Inschrift von 1885).

Älteste bekannte Darstellung von Rosenthal auf der Öder/Zimmermann’schen Karte von 1592/93 mit dem gekennzeichneten O-Weg

von Hans-Georg Hering

Wandert man von Cunnersdorf auf die „Winterleite“ in Richtung Rosenthal, kann der aufmerksame Fußgänger unterhalb des sich zur Rechten erhebenden Katzsteinmassives direkt neben der Straße noch eine in einen Felsblock gemeißelte Inschrift, welche die Namen der Verantwortlichen oder Beteiligten am Neubau der „Winterleite“ im Jahre 1816 verewigt, entdecken.

Das Wichtigste, was uns in diesem Beitrag interessiert, aber befindet sich neben der ausgespitzten Schriftfläche links oben – nämlich ein „O“ (keine Null) mit der Nummerierung 156. Es ist dies‘ die letzte von einst vielen solcher Markierungen entlang eines sehr alten Fern- und Verbindungsweges, welcher, für jedermann benutzbar, einst von Cunnersdorf über Rosenthal nach Markersbach führte. Belegbar schon auf dem berühmten Kartenwerk von Mathias Oeder aus den Jahren 1592/93, dort schon mit dem Buchstaben O gekennzeichnet. (O = Oeder)

Zur allgemeinen und sicheren Orientierung der Benutzer was dieser Buchstabe an vielen relevanten Punkten des Weges, vor allem an Abzweigen und Kreuzungen, in Baumstämme eingeschnitten oder, wie oben erwähnt, in Felsbrocken eingeritzt, oft sogar farbig ausgelegt.

So kann diese Kennzeichnung durchaus als erste durchgehende Wegemarkierung im Gebiet um Rosenthal angesehen werden. Über viele Jahrhunderte hatten sich diese Markierungen erhalten, dennoch 1812 erwähnt sie Magister Wilhelm Leberecht Götzinger in seinem Reiseführer „Schandau und seine Umgebungen oder Beschreibung der Sächsischen Schweiz“, um den Weg von Cunnersdorf nach Rosenthal, damals schon „Winterleite“ genannt, sicher zu erkennen.

Diese „Alte Winterleite“ war aber damals von ihrem Ausgangsort Cunnersdorf nicht mit dem heutigen Verlauf identisch. Auch mündete dieser Weg – von einer Straße konnte man ja sicher noch nicht sprechen – damals noch nicht wie heute bei der Gehrisch-Schmiede in die Dorfstraße von Rosenthal ein – dies‘ geschah erst bei ihrem Neubau 1816.

Vorher führte sie von der Wegsäule im Walde (erst 1836 aufgestellt) rechts ab durch den Wald, dann ein kleines Stück auf dem späteren „Brandweg“ verlaufend, die Feldflur schräg querend, hinunter zum späteren Rosenthaler Dorfplatz (erst 1926 gebaut). Von diesem ein Stück auf der mittelalterlichen Dorfstraße, der heutigen „Kirchgasse“, dann links den steilen „Pfarrberg“ hinauf zum damaligen mittleren „Mühlweg“, etwa der späteren, 1864/65 gebauten „Schweizermühlestraße“ entsprechend, diese hinab in den Bielagrund und den „Oberhüttschen Berg“ hinauf hinüber nach Markersbach.

Dieses Wegstück wurde vom „Kammerhof“ in Markersbach zur „Oberhütte“ im Bielagrund als „Eisenstraße“ zum Transport des Berggießhübler Eisenerzes genutzt (bis etwa 1726).

Auf den berühmten „Cursächsischen Meilenblättern“, erstellt von 1780 – 1825, ist auf dem Aufnahmeblatt Nr. 6/I – Rosenthal, Meilenblatt 351, 1782 aufgenommen, zu lesen (Zitat): „Der Weg oder Forstflügel O kommet von Cunnersdorff, travesiret die Tetzschner Straße, gehet bey dem Rosenthaler-Gerichte vorbey, und ist bis daher und über die Felder gut, den Biel-Grunde rechts hinunter, und auf der linken Seite bey der Ober-Hütten den Berg hinauf, sehr böse und steinigt, von da aber gehet solcher etwas beßer durch den Wald nach Markersbach pp.“ (Zitat Ende)

Beim Rosenthaler „Erbgericht“ führte also der alte „O-Weg“ zwischen diesem und der Kirche hindurch. Noch um 1850 war auf der nördlichen Giebelseite des alten „Erbgerichtes“ ein großes schwarzes O zu sehen. Diese Markierung verschwand dann beim Umbau des „Erbgerichtes“ 1869/79 und wurde nie wieder angebracht.

Versuche, diese O-Markierung in unsere heutige Zeit zu transferieren, sind falsch und nur als bewusste Irreführung zu betrachten („Robie‘s Dorfgeschichten“, Nr. 3/2011, S.24).

Von mir vor vielen Jahren durchgeführte Befragungen schon damals hochbetagter Rosenthaler Einwohner ergaben, dass sich keiner erinnern konnte (manche bestritten es sogar heftig!), dass im 20. Jahrhundert jemals am „Erbgericht“ oder seinem Nebengebäude, eine solche aufgemalte O-Markierung vorhanden gewesen wäre.

Als historische Reminiszenz und Erinnerung an diesen einst wichtigen viel genutzten Fernverbindungsweg von Cunnersdorf nach Markersbach wäre heute das Anbringen dieser alten Wegemarkierung an ausgewählten Stellen mit erklärendem Text eine durchaus überlegenswerte Idee …

Noch heute werden Teile eines alten Weges zwischen Markersbach und Berggießhübel auf neueren Karten als „O-Weg“ ausgewießen.