Die beiden Autoren Matthias Schildbach und Marco Schröder
Eine Dienstmagd aus Markersbach bringt ihr Kind um und wird dafür 1852 mit dem Schwert enthauptet. Der Buchautor und exzellente Heimatkenner Matthias Schildbach schaffte es, mit dieser wahren Geschichte in Bielatal einen ganzen Saal zu fesseln.
Die Buchlesungen und Vernissagen von der Interessengemeinschaft „Wandern und literarische Spurensuche“ haben sich seit vielen Jahren etabliert. Meist zweimal jährlich laden die Frauen um Ingrid Morgenroth in die „Kleine Galerie Bielatal“ ein. Im neu gestalteten Raum trafen sich am 11. März wieder so viele Gäste, dass immer neue Stühle hereingetragen werden mussten. Ingrid Morgenroth erinnerte in ihrer Begrüßung noch einmal an den ehemaligen Bielataler Lehrer Gerhard Müller und den Maler Richard Dörner, von denen die sehenswerten Bilder in der Galerie stammen. 105 Jahre wäre Gerhard Müller heute – wo ist die Zeit hin?
Dann stellte sie den Gast des Abends vor: Matthias Schildbach. Der aus Kreischa stammende Autor widmet seine Geschichten, mit denen er sehr erfolgreich ist, den Menschen hier. Gemeinsam mit dem Markersbacher Ortschronisten Marco Schröder schrieb er das spannende Büchlein „Der Fall Rehn“ und las nun daraus. Was war diese Dienstmagd Henriette Rehn für ein stumpfes, gewissenloses Geschöpf! So würde man es auf Anhieb einordnen. Vom Autor erfuhren die Zuhörer: Schon damals wurde eine „Schutzschrift“ verfasst, heute würde man es psychiatrisches Gutachten nennen. Es zeigte auf, wie schwierig die Dinge lagen. Die Kindheit des Mädchens endete mit dem Tod des Vaters, da war sie 7 Jahre alt. Der Wegfall des Ernährers bedeutete Absturz in die Armut. Die drei Taler für die Beerdigung des Vaters konnte die Familie kaum aufbringen. Geborgenheit und körperliche Nähe gab es nicht. Wir können uns kaum vorstellen, wie so ein kleines Mädchen schwere körperliche Arbeit verrichten musste und als Jugendliche „Freiwild“ für ihre Herren oder deren Knechte wurde. Die Väter solcher Kinder leugneten üblicherweise die Vaterschaft und ließen die jungen Frauen im Stich. Eine ledige Mutter war zu dieser Zeit eine Ausgestoßene. Markersbach ist unser Nachbarort. So verlief das Leben einfacher Menschen damals dort und auch hier! Nur in der Ehe mit einem Soldaten sah Henriette Rehn ihre Rettung. Ihr drittes, uneheliches Kind stand dem im Wege. Sie ertränkte die Zweijährige im Abort. Schnell wurde sie der Straftat überführt und zum Tode verurteilt. Enorme 60 Taler kostete der Bau des Schafotts, 40 Taler der Scharfrichter. Da die Enthauptung mehrfach misslang, war sie die letzte mit dem Schwert enthauptete Mörderin. Der gefertigte Abdruck ihres Kopfes überrascht: ihr Antlitz zeigt schöne, fein geschnittene und friedvolle Züge.
Der akribischen Arbeit der beiden Autoren ist es zu verdanken, dass wir mit dieser und vielen anderen Geschichten in das Leben unserer Vorfahren eintauchen dürfen. Man ist gefesselt von der bildhaften Sprache. Und man wird demütig, wie müselig das Leben einfacher Leute früher sein konnte, wie unerbittlich und unentrinnbar Armut war. Die Heftform, in der die Autoren ihre Geschichten publizieren, ist hervorragend und für jeden erschwinglich.
Ein großes Dankeschön geht an Matthias Schildbach und Frau Morgenroth und „ihre“ Frauen für den wieder sehr gelungenen Abend in Bielatal.