von Hans-Georg Hering
Wanderfreunden, welche in diesem Frühjahr den Cunnersdorfer Naturlehrpfad erwandern wollen, wird seit kurzem eine neu gestaltete Info-Tafel am Aufstieg zum sogenannten „Signal“, dem nördlichsten Vorsprung des „Katzsteines“ auffallen. Diese seit vielen Jahrzehnten an dieser Stelle platzierte Tafel zur Historie dieses Waldgebietes wurde nun von unserer Rosenthaler Kunstmalerin Katharina Mergen für Cunnersdorf neugestaltet und gemalt:
Statt der bisherigen Portraitdarstellung eines Wildschützen wählte die Künstlerin für die neue Tafel eine Darstellung aus dem „dunklen Gewerbe“ des Karl Joseph Focke, die der Wilddieberei.
In dem Büchlein „Grenzvolk-Bilder aus dem Leben im sächsisch-böhmischen Felsengebirge“ von Hans Rinke, erschienen 1933, erfahren wir (Zitat Beginn): „Bis vor wenigen Jahren hat an der Unglücksstelle eine Tafel von dem jähen Ende, dieses Wilddiebes Kenntnis gegeben – heute ist sie leider zerfallen.“ (Zitat Ende). Erst in den 1960er Jahren wurde von dem vielseitig begabten Cunnersdorfer Lehrer und Volkskünstler Gerd Neumann eine Nachfolgetafel neu gestaltet, auf der der „letzte Wilderer“, den Finger am Abzug seiner Flinte im „typischen Outfit des wind- und wettergegerbten Waldgängers seinen Blick durch‘s Revier schweifen lässt.
Sie diente wieder viele Jahrzehnte zur Information der Wanderfreunde bei einem Besuch des Katzsteines als Teil des in den 70er Jahren geschaffenen Cunnersdorfer Lehrpfades.
1994 wurde diese nun auch mittlerweile unansehnlich gewordene Tafel in der „Regionalen Entwicklungsgesellschaft Sächsische Schweiz“ (RES) am Rosenthaler Neidberg von dem dort beschäftigten Hans-Georg Hering im Auftrag der Gemeinde Cunnersdorf neue gemalt und erinnert wieder in frischen Farben an diese Episode unserer Forst- und Grenzgeschichte.
Doch auch diese Tafel kam natürlich „in die Jahre“ und erhielt eine neue Bemalung des Portraitteiles, welche aber nicht sehr gelungen war.
Deshalb beauftragte man wahrscheinlich unsere Rosenthaler Künstlerin mit der Neugestaltung dieser Episode.
Nun noch einige Überlieferungen zum geschichtlichen Hintergrund dieses Ereignisses von 1887:
Noch bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts wurde das Felsen- und Waldgebiet rund um den „Katzstein“ ob seiner fast unzugänglichen wilden Zerklüftung und damaligen unheimlichen Verschwiegenheit in manchem Reiseführer noch als ein „Terra incognita“ (unbekanntes Land) beschrieben. Deshalb nimmt es kein Wunder, dass auch böhmische Wilddiebe hier eines ihrer bevorzugten Reviere hatten.
An ein dort tödlich endendes Treffen zwischen Raubschützen und Forstleuten erinnert deshalb diese liebevoll gestaltete Tafel am „Signal“.
Die Beschriftung teilt uns mit: „Am 18.10.1887 wurde der letzte Wilderer unseres Waldgebietes namens Karl Joseph Focke aus Schneeberg erschossen“.
Hans Rinke schrieb dazu in seinem Büchlein (Teilzitat Beginn): „In Cunnersdorf waren damals zwei Jäger von einem der zwei militärischen sächsischen Jägerbataillone zum Forstschutz abkommandiert.
Diese bemerkten auf einem Dienstgange in größerer Entfernung einen verdächtigen Kerl, der eben eine niedrige Schonung querte. Durch ihr Fernglas erkennen sie Einzelheiten. Er trägt eine Maske vor dem Gesicht, reißt seine Waffe an die Schulter und feuert, glücklicherweise ohne zu treffen. Die Jäger aber waren auch nicht faul – ruck-zuck war das Militärgewehr im Anschlag und der Schuss fuhr heraus. Der gegenüber wirft beide Arme in die Höhe und fällt auf sein Gesicht – Kopfschuss!
Bei der Leichenaufhebung wird der Erschossene als Arbeiter der Samtfabrik im böhmischen Dorf Schneeberg festgestellt.
Bei den Wilddieben stand damals ein Menschenleben nicht sehr hoch im Kurs – meist waren es landfremde Gesellen – hatten sie etwas „ausgefressen“, verschwanden sie einfach wieder aus der Gegend.“ (Teilzitat Hans Rinke Ende)
Die Ansichtskarte zeigt die „Katzsteinbaude“ und Ansichten des Aussichtspunktes „Signal“ mit den vom Chronisten H.-G. Hering gestalteten Info-Tafeln (um 1998).