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Rosenthal-Bielataler Dorfblatt
Ausgabe 7/2024
Klatsche
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Ein unvergesslicher Abend – die „Vier Brummers“ im Gasthof Reichstein

von Hans-Georg Hering

Dieser Abend im Sommer 1961 ist mir und sicher allen, die ihn miterleben durften, in unvergesslicher Erinnerung geblieben! An diesem Sommerabend traten im Rahmen der sogenannten „Anrechtskonzerte“ der damaligen Pirnaer „Konzert- und Gastspieldirektion“, einer beliebten kulturellen Veranstaltungsreihe, die in der DDR bekannten und beliebten „Vier Brummers“ aus Dresden im Bielataler Kulturzentrum Gasthof Reichstein auf.

Es waren damals zwei Veranstaltungen, an einer durfte ich mit meiner Familie und vielen Rosenthalern und Bielatalern teilnehmen. Für mich als damals 12-Jährigen, der ein begeisterter „Fan“ der „Brummers“ war, natürlich eine besondere Freude, sie persönlich zu erleben.

Denn außer den wöchentlichen Vorführungen des Landfilmes im Erbgericht gab es ja damals für uns Kinder und Jugendliche kaum kulturelle Höhepunkte im Dorfalltag.

Bei den Auftritten der Dresdner singenden Humoristen, meist in ihren typischen kleinkarierten Sakkos, war natürlich der Saal im Gasthof Reichstein jedes Mal „brechend voll“. Die Eintrittskarten im Rahmen eines sogenannten Anrechtes – garantierte Teilnahme an den Veranstaltungen eines Jahres – waren für Bezieher ja gesichert.

An der Abendkasse konnten noch zusätzliche „freie“ Eintrittskarten erworben werden – diese gingen weg wie die sprichwörtlichen „heißen Semmeln“!

Zusammen mit den „Vier Brummers“ trat auch die damalige „Jodelkönigin“ der DDR, Susi Schuster, mit in Bielatal auf. Diese Verbindung war ein Garant für Genuss, Humor und stimmungsvolle guten Laune.

Die sozial- und wirtschaftskritischen Texte der Lieder der „Brummers“, mit sächsischem Humor gekonnt dargeboten, trafen voll den Nerv und Geschmack ihres Publikums in der DDR, welches die mehr oder weniger versteckten Anspielungen auf Alltags- und Versorgungsprobleme, auch „zwischen den Zeilen“ verstanden und mit viel Beifall honorierten.

Das „Lied von den Babies“, ihre „Handwerkerhymne“ oder die humorvolle Interpretation der „Siebentausend Rinder“ zusammen mit Susi Schuster lösten oft wahre Begeisterungsstürme des Publikums aus. So natürlich auch bei ihren Auftritten im Gasthof Reichstein. Nicht endend wollender Beifall und stehende Ovationen waren der Lohn des Rosenthaler und Bielataler Publikums, welches damit auch noch einige Zugaben erzwang!

Ich sehe die „Brummers“ noch heute in ihren langen weißen Nachthemden als Engel auf der Reichsteiner Bühne stehen!

Vielen im begeisterten Publikum trieb es die Lachtränen in die Augen, spontane Lachanfälle waren die Folge!

Von den Stars des Abends mit den ihnen eigenen Humor quittiert und kommentiert.

Hier nun noch einige Daten und Angaben zu den „Vier Brummers“: Im Januar 1951 erfolgte der erste gemeinsame Auftritt von Wolfgang Roeder, Eberhard Keyn, Johannes Frenzel und Erich Weber in Dresden – der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Ihr erster großer Erfolgstitel war das „Lied von der Stromsperre“ – damals ja noch hochaktuell.

Schon sehr bald gehörten sie ob ihrer hervorragenden stimmlichen Qualitäten, ihres humorvollen Vortrages und damit unverwechselbaren Auftrittes zu den gefragtesten und beliebtesten Künstlern in der DDR.

Kaum eine große Fernsehshow wie „Da lacht der Bär“ oder ihr Nachfolger „ein Kessel Buntes“ sowie „Da liegt Musike drin“, wo sie nicht präsent waren.

Nur bei den „Staats- und Parteioberen“ waren sie nicht sonderlich beliebt ob ihrer kritischen Liedtexte, die die kleinen und auch großen Unzulänglichkeiten des sozialistischen DDR-Alltags fröhlich kritisierend „auf die Schippe“ nahmen. Doch man ließ sie gewähren – ihre große Popularität und Beliebtheit beim Publikum republikweit schützten sie vor staatlicher Maßregelung oder gar Verbot. Aber während ihrer aktiven Zeit 1951–1977 durfte keine Schallplatte mit ihrem kritischen Repertoire erscheinen! Erst kurz vor der sogenannten „Wende“ wurde diese Diskriminierung gelockert – 1989 konnten ihre vielen Verehrer, darunter natürlich auch ich – endlich eine LP mit einigen ihrer bekannten Erfolge aus den frühen Jahren erwerben. Diese Platte war rasch vergriffen – wahrscheinlich war auch ihre Auflagenhöhe und Anzahl recht gering …

Leider kam mit dem frühen Ableben von Eberhard Keyn – er verstarb nur 46-jährig an Krebs – schon 1977 das „Aus“ für das Gesangsquartett. So hatten sie es schon bei ihrer Gründung 1951 beschlossen: „Fällt einer von uns dauerhaft aus, löst sich die Truppe auf!“

Johannes Frenzel, der „Kleene“ mit der frechen sächsischen „Gusche“ starb 1992 an Herzversagen.

Unvergessen seine sächsische Definition: „Der Apfel heest Äppel, der Topf is ä Döppel, der Tropfen ä Dröppel“.

Brummer-Chef Wolfgang Roeder startete eine Solo-Karriere als Conferencier. Beliebt seine gemeinsamen Auftritte mit der Kinderstimmen-Initiatorin und Ulknudel Leni Statz.

Leider beendete der Lungenkrebs früh auch sein Leben – er verstarb 1993 mit nur 67 Jahren.

Letzter noch lebender „Brummer“ war danach der Opernsänger Erich Weber.

Mit ihm nahm ich Kontakt auf, um eine genaue Datierung der Reichsteiner Auftritte zu erfragen.

Leider konnte oder wollte auch der letzte „Brummer“ da nicht weiterhelfen, obwohl sie alle ihre gemeinsamen Auftritte, 6673-mal, penibel in Büchern festgehalten hatten, wie mir versichert wurde.

Doch eine Auswertung aller Protokollbände stand wohl noch aus, auch hatte er zunehmend private Sorgen. Der letzte der „Vier Brummers“ verstarb am 3. Oktober 2016 im Alter von 89 Jahren.

Übrigens – der Name „Brummers“ soll auf eine Idee von Wolfgang Roeders Frau zurückgehen – als die vier Herren einmal spätabends beschwipst Einlass begehrten, rief sie ihnen zu: „Nun aber rein mit euch, ihr Brummer!“

Dieser Name verhalf dem Quartett als „Vier Brummers“ zum Durchbruch und wurde zu einem Qualitätsbegriff in der damaligen DDR.