von Hans-Georg Hering
Ein besonderes historisches Dokument soll in diesem Beitrag im Mittelpunkt stehen. Es ist auch deshalb besonders und selten, weil nicht viele dieser Belege diese Schreckenszeit mit ihren damaligen traurigen Geschehnissen überdauert haben.
Es handelt sich um einen sogenannten „Evakuierungs-“, treffender wäre „Vertreibungsbefehl“ für unsere Nachbarorte Schneeberg und Eiland, datiert 24. Juli 1945.
Wie das Datum auf diesem seltenen Dokument verrät, mussten die deutschstämmigen Einwohner von Schneeberg, 92,1 % der damaligen Einwohnerschaft und aus Eiland, 89,1 % sich am frühen Morgen des 25. Juli 1945 an den befohlenen Sammelpunkten, bei der Schneeberger Schule im Vorderdorf und in Eiland bei der sogenannten „Meder-Baude“ (Hotel „Meder“ am südlichen Ortsausgang von Eiland) einfinden, um dann für immer ihre angestammte bisherige Heimat verlassen zu müssen.
In einem sehr emotionalen Gespräch, welches ich Mitte der 1990er Jahre mit einer damals in Rosenthal wohnenden, inzwischen verstorbenen, ehemaligen Schneeberger Einwohnerin führte, schilderte mir diese die noch in ihrer Erinnerung unauslöschlich verankerten damaligen schlimmen Vorgänge aus ihrem persönlichen Erleben.
Hier eine kurze Zusammenfassung ihrer Erinnerungen:
Am 25. Juli 1945, früh gegen 3 Uhr, wurden die gefürchteten amtlichen Vertreibungsbefehle durch tschechisches Militär auf rüde Arte und Weise „zugestellt“.
Binnen kürzester Zeit mussten daraufhin alle Deutschen ihr Zuhause verlassen, mitnehmen „durften“ sie 30 kg Gepäck und Verpflegung für fünf Tage pro Person.
Alle Wertsachen mussten in Beuteln verpackt zusammen mit allen Schlüsseln und mit Name und Hausnummer versehen, abgeliefert werden.
Auf den befohlenen Sammelplätzen mussten die unglücklichen verängstigten Menschen stundenlang in sengender Sonne ausharren, wurden immer wieder „gefilzt“, dabei wieder privater Gegenstände beraubt und anderweitig schikaniert.
Im Dorf Schneeberg wurde ein 70-jähriger Mann schwer misshandelt, weil dessen Frau ihr Haus nicht aufgeben wollte und es in Brand gesteckt hatte, anschließend erhängte sie sich.
Gegen Mittag des 25. Juli wurden dann die Deutschen von tschechischen Soldaten über Tyssa, Raiza und Peterswald nach Sachsen hinausgetrieben.
Einige ausgewählte Einwohner, wie z.B. Bauern, mussten vorerst in der CSR verbleiben, um unter anderem noch die Ernten einzubringen.
Am 4. Juli 1946 mussten dann auch diese restlichen deutschen Einwohner von Schneeberg und Eiland die CSR verlassen, nachdem sie Anfang 1946 nach Bodenbach und in das Konzentrationslager Rabstein zwangsumgesiedelt und interniert worden waren (Mündliche Auskünfte von Franz Güttler, ehemaliger letzter Besitzer des Gasthauses „Zur Grenze“ in Eiland, welcher er in einem Telefonat Anfang der 1990er Jahre mit dem Chronisten Hans-Georg Hering tätigte.
Die nunmehr leerstehenden Häuser und Wirtschaften der Vertriebenen deutschen Bewohner in unmittelbarer Grenznähe wurden, wenn nicht schon während der Vertreibung 1945/46, dann aber im Zuge einer umfassenden Grenzsicherung 1955 abgerissen oder gesprengt. Dazu gehörten das „Waldhaus“ mit dem Zollhaus kurz hinter der Grenze an der Schneeberger Straße und in Eiland das schon erwähnte Gasthaus Güttler, dahinter die „Villa Wolf“ und unterhalb „Weigend’s Mühle“, um nur einige zu nennen.
Viele der vertriebenen einstigen Bewohner der grenznahen Dörfer und Städte im Süden Rosenthals fanden vorerst Aufnahme auch in Rosenthal und Bielatal. Andere wurden durch eine Odyssee verschiedener Sammel- und Durchgangslager geschleust, bis auch sie endlich eine erste feste Bleibe fanden.
Der bis zum Kriegsende 1945 bekannte und beliebte Erholungsort Eiland wurde zu Jahresbeginn 1946 völlig entvölkert.
Die einstigen deutschen Bewohner waren vertrieben, ein Neuzuzug tschechischer Zivilisten wurde vorerst nicht gestattet, dafür aber tschechische Grenzpolizei im Ort stationiert. Diese waren dann bis Anfang der 1960er Jahre die einzigen Bewohner von Eiland – jetzt Ostrov – geblieben.
In dieser Zeit wurden weitere Häuser ehemaliger deutscher Eiländer abgerissen oder verfielen – und so blieb von der einst weithin bekannten und beliebten einstigen „Sommerfische“ Eiland der Vorkriegszeit nicht mehr viel übrig.
(Quellen im Text benannt)