Politisches Zeugnis für Josef Ritschel und Gewerbegenehmigung
Vorbehalte und Misstrauen prägten in der Nachkriegszeit das Verhältnis der neuen Machthaber in der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR zu den Heimatvertriebenen, welche verharmlosend offiziell nur als „Umsiedler“ bezeichnet werden durften.
Vor allem die Vertriebenen aus dem Sudetenland hatten oft einen schweren Stand – galten sie doch im Verständnis der neuen Herren als Unterstützer des NS-Regimes und damit als Mitverantwortliche für den II. Weltkrieg.
Propagandaplakat der sowjetischen Besatzungszone – die Wirklichkeit sah leider oft anders aus!
In vielen Fällen mag das zugetroffen haben, aber auch Ablehner und Verfolgte des Naziregimes wurden oft pauschal in diese „Ecke“ gedrängt.
Nicht nur, dass diese Menschen von der hießigen einheimischen Bevölkerung als Fremdlinge und „Habenichtse“, Wohnungs- und Nahrungskonkurrenten angesehen und beschimpft wurden, auch ein beruflicher Neubeginn und damit Existenzgründungen erschwerten ihnen staatliche Institutionen unter „fadenscheinigsten“ Gründen.
Am Beispiel eines damals in Rosenthal ansässig gewordenen Fabrikanten aus dem grenznahen Sudetenland soll dies‘ hier geschildert werden:
Herr Joseph Ritschel, geb. am 20.9.1899 in Eiland, später wohnhaft in Königswald Nr. 316, kam nach seiner Vertreibung 1945 zuerst in der damals zu Rosenthal gehörenden ehemaligen „Scherber-Villa“ am Neidberg unter, zog dann Anfang der 1950er Jahre in das ehemalige Ritterguts-Fabrikgebäude Nr. 1 F an der Talstraße in Bielatal.
Schon 1946 erhielt er eine Erlaubnis zur Produktion von Kleinmetallerzeugnissen – 1947 wurde ihm diese Genehmigung auf Grund konstruierter Gründe wieder entzogen.
Mehrere Schreiben, in welchen er beim damaligen Rat der Gemeinde Bielatal, beim Rat des Kreises Pirna, Abt. Gewerbelenkung und bei der Abt. Industrie beim Kreisrat des Landkreises Pirna um Gewerbeerlaubnis nachsuchte und abgelehnt wurde, sind erhalten. Ein handschriftlich verfasstes „Politisches Zeugnis“, ausgestellt in Pirna, Alt-Neundorf am 26. April 1947 bescheinigt, dass (Zitat) „... Herr Joseph Ritschel zwar Mitglied der NSDAP war, aber sonst ein sehr anständiger Mensch gewesen ist. Daher nur als nominelles Mitglied betrachtet werden kann. Von den Unterzeichnern wird er als politisch unbedenklich beurteilt“. (Zitat Ende)
Unterzeichnet ist dieses Zeugnis von mehreren ehemaligen Mitgliedern der Sozialisten aus Königswald / ČSR und bestätigt durch einen Kommunisten aus Pirna.
In einem letzten Ersuchen vom 3. Dezember 1953 an die Abt. Gewerbelenkung beim Rat des Kreises Pirna stellte er erneut einen Antrag auf Genehmigung eines Gewerbes zur Erzeugung von Metallkurzwaren in Bielatal: (Zitat Beginn)
Laut Eintrag in die Gewerbeerlaubnis-Akten Hermsdorf/Bielatal wurde Herrn Ritschel am 14. Juni 1954 dann doch die ersehnte Gewerbeerlaubnis erteilt – „Gewerbe zur Herstellung von Reißzwecken, Rohrklammern und Nägeln“ in Bielatal A Nr. 1 F (ehemalige Rittergutsfabrik)
Am 17. Mai 1966 erlosch mit dem Tod von Herrn Ritschel diese Gewerbeerlaubnis, die kleine Produktionsstätte wurde geschlossen. Andere Quellen nennen schon 1963 als Schließungstermin? dieser Firma.
Briefkopf der Knopffabrik Wilhelm Ritschel in der Rosenthaler Parisiusmühle“ – vor der Vertreibung 1945 Eiland Nr. 39 (Knopffabrik).
Halten wir uns daher an die amtlichen Löschungseinträge im Gewerberegister von Bielatal.