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Rosenthal-Bielataler Dorfblatt
Ausgabe 8/2024
Klatsche
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Vor 200 Jahren im August 1824: (Wieder)Entdeckung der „Benno-Höhle“ im oberen Bielatal

Die Darstellung der Inschrift in Carl Merkels „Bielatalführer“ von 1826

Die originale Inschrift in der „Benno-Höhle“

Der künstlich geschaffene Höhlen-Eingang von innen.

Der heutige Höhlen-Eingang von außen.

von Hans-Georg Hering

In unserem „Dorfblatt“ vom Juni 2024 konnten wir der Verleihung des Namens „Schweizermühle“ durch Carl Merkel für die alte „Oberhüttner“- oder „Grundmühle“ am 20. Juni 1824 gedenken – zwei Monate später gilt es schon wieder, sich eines weiteren 200. Jahrestages zu erinnern.

Und wieder steht Carl Merkel als Hauptperson im Mittelpunkt des damaligen Geschehens.

Der erste Rosenthaler Ortschronist, der beliebte und von seinen Schülern verehrte, nach Rosenthal 1934 versetzte Volksschullehrer Kurt Baumert, verfasste 1936 einen Artikel für den „Pirnaer Anzeiger“, in dem er die Geschichte der Wieder-Entdeckung der später so benannten „Benno-Höhle“, natürlich aus damaliger Sicht und Kenntnisstand, erzählte. Diese Darstellung wurde dann von ihm, etwas verändert, in seine entstehende Ortschronik übernommen.

Wollen wir hier an dieser Stelle aber erst einmal den vermeintlichen „Entdecker“, den Forschungsreisenden, Privatgelehrten und Bücherschreiber Carl Merkel selbst zu Wort kommen lassen und aus seinem 1826 erschienenen „Bielatal-Führer“ seiner eigenen Schilderung und Darstellung dieser damals aufsehenerregenden Auffindung lauschen – auf den Seiten 43 und 44 seines Führers nachzulesen (Zitat L. Merkel Beginn):

„Diese Höhle, welche ich im August 1824 in Gemeinschaft mit dem königl. Unterförster, Herrn Puttrich, entdeckte, hat gegen 22 Fuß seiger (?) Tiefe, wornach man auf einen ziemlich großen freyen Platz gelangt, von welchem an der Westseite erstlich eine ohngefähr 24 Fuß lange, 6 Fuß breite und 8 Fuß hohe Höhle gegen Westen bergan läuft, woselbst sich unter einem Steine ein schwammartiges Gewächs befindet, was durch das Herabtropfen des Wassers entstanden zu sein scheint, von dem aber leider der größte Theil entwendet worden zu sein scheint, und zweitens eine ohngefähr 46 bis 50 Fuß lange, 8 bis 9 Fuß breite und 12 bis 14 Fuß hohe Höhle bergab gegen Süden geht, und dann sich noch etwa 8 bis 10 Fuß gegen Westen zieht.

Sie scheint ehedem unten eine größere Tiefe gehabt zu haben, die aber durch die herabgerollten Steine etwas ausgefüllt worden ist.

Dass dieselbe in früheren Zeiten Menschen als Aufenthaltsort gedient hat, beweisen zwey darinnen vorgefundene Feuerungsplätze, auf und neben welchen viel verbrannte Holzasche und Kohlen, inngleichen Scherben von irdenen Gefäßen lagen.

Höchst merkwürdig ist eine unten befindliche, in den Stein gehauene Inschrift, die aus Folgendem besteht:

Vergleicht man diese Inschrift mit den kriegerischen Zeitereignissen des hier angegebenen Jahres, so findet man, daß in demselben der Burggraf Maul zu Dohna von den Truppen Markgraf des Einäugigen von Meißen, beim Hammerwerke Fichte, 1 Stunde von dieser Höhle erschlagen wurde.

Wer aber dieser Benno war, läßt sich schwer enträthseln. Wahrscheinlich war es ein Geistlicher.

In den Zerklüftungen des niederen Theiles der Höhle ist viel Tropfstein vorhanden.“ (Zitat C.Merkel Ende)

Bald nach dem Auffinden der Höhle sorgt Carl Merkel dafür, dass sie durch Anbringen einer stabilen, gut befestigten Leiter für jedermann zugänglich wurde.

In späteren Jahren schuf man den künstlichen seitlichen bequemeren Zugang, wie wir ihn heute vorfinden und nutzen.

Der damalige Rosenthaler Pfarrer Franz Eduard Weißbach schrieb in einem Beitrag für die 1838 erschienene „Sächsische Kirchen-Galerie“, vierter Band, auf S. 92 (Zitat Beginn):

„Währe auch die Inschrift in der ganz in der Nähe dieses Grundes (Glasergrund) befindlichen Bennohöhle wirklich aus der darin angegebenen Zeit, so möchte sie doch wohl für die frühe Bevölkerung dieser Gegend nichts beweisen, da diese Höhle wohl auch der Aufenthalt eines einsam lebenden Einsiedlers gewesen sein könnte…“ (Zitat Ende)

Noch vor der ersten Beschreibung der Höhle durch Carl Merkel in seinem „Biela“-Büchlein 1826 konnte man in der dritten Auflage der „Albina – Ein Taschenbuch für Wanderer in der Sächsischen Schweiz“, Pirna 1825, auf S. 235 lesen, dass damals neben der Bezeichnung „Bennohöhle“ auch der Name „Dona’s Gruft“ auftauchte.

Heute kennen wir auch die Vorgeschichte dieser damals als Sensation geltenden Entdeckung.

Die Höhle und das Jahr ihrer Auffindung sind real und belegbar – nur wurde sie nicht von Carl Merkel entdeckt, man ließ es ihn nur glauben – sondern schon vorher durch den erwähnten Unterförster Puttrich und den Müller Ehrlich, Besitzer der Ehrlich-Mühle, der alten „Schwarzmühle“ und späteren Worm-Mühle.

Auch die damals sensationelle und geheimnisvolle Inschrift in der Höhlenwand, welche weit über ein Jahrhundert als älteste Felsinschrift in der Sächsischen Schweiz galt (1401) war „getürkt“.

Auf Anregung des damaligen Rosenthaler Försters Friedrich Gotthold Auerswald, der für seine derben Späße bekannt war, wurde sie von Puttrich und seinem Mitentdecker Ehrlich in der Höhle angebracht, um Carl Merkel bei der inszinierten „Entdeckung“ zu einem unvergesslichen Erfolgserlebnis zu verhelfen – was ja dann auch wunderbar funktionierte und der Höhle bis heute zu ihrem namhaften Ruf verhalf.

Viele Legenden und Interpretationen rankten sich ab 1824 um dies Höhle und ihre namensgebende Inschrift – die Fälschung wurde erst ziemlich spät an der nicht aus der angegebenen Zeit stammenden modernen Schreibweise der Zahlen erkannt.

Ergänzende Informationen finden sich in den „Klatsche“-Beiträgen „Vom Benno-Stein im Biela-Grund“ im Dorfblatt Nr. 2/2000 und in der Ausgabe Nr. 9/2009: „Wiederentdecktes ... Vergessene Sagen um die Benno-Höhle“.

(Quellen im Text erwähnt)