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Rosenthal-Bielataler Dorfblatt
Ausgabe 8/2025
Klatsche
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1875 – Vor 150 Jahren: Ein seltenes Handwerk etabliert sich im Bielatal

Gartenmöbel-Musterausstellung Firma W.Gnauke

Naturholz-Gartenhaus der Firma Wilhelm Gnauke, auf der „Deutschen Bauausstellung“ 1900 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Preis: 760,- Goldmark.

Naturholzmöbelbauer Max Gnauke vor seiner Werkstatt 1958/59

Max Gnauke beim Firnissen seiner Astmöbel, um 1958/59

Firmengründer Wilhelm Gnauke (Bildmitte) an seinem 85. Geburtstag 1929.

von Hans-Georg Hering

Im Jahre 1865 kam ein junger Mann von 21 Jahren aus Steinigtwolmsdorf in der Lausitz nach Rosenthal, wo er sich bald heimisch fühlte und daher beschloss, hier sesshaft zu werden.

Er erwarb zu diesem Zweck von der Gemeinde Hermsdorf ein Stück Land auf der Flur Brausenstein im Tal der Biela und ließ sich darauf unweit der Hochofenruine ein Haus bauen. (Die heutige „Villa Georgenfels“, Talstraße Nr. 36) Sein Name: Wilhelm Gnauke.

Zum Broterwerb betrieb er mit einem oder auch zwei Gehilfen ein Handwerk, welches bis dato im Bielatal noch nicht vertreten war – die Herstellung von Naturholzmöbeln vieler Art aus besonders dafür geeigneten und ausgesuchten oft gewundenen und verdreht gewachsenen Ästen und Wurzelholz von Kiefer, Birke und sogar Eiche. Steigende Nachfrage und allgemeine Anerkennung seiner Produkte führten im Jahre 1875 zur Gründung der Firma „Naturmöbel Steglich & Gnauke in Rosenthal bei Königstein“.

Rosenthal deshalb, weil damals die ersten Möbel im Grundstück Nr. 36 gefertigt wurden – heute Königsteiner Straße Nr. 3, Haus der Familie Lumpe.

Der Erfolg und die Nachfrage nach solchen stabilen und sicher auch preiswerten Naturholzmöbeln veranlasste noch andere, sich deren Produktion anzunehmen. So fand 1878/79 in der Literatur eine „Natur-Garten-Möbel“-Produktion durch einen Carl Lehnert in Rosenthal Erwähnung, im gleichen Zeitraum erfolgten immer öfter Forderungen nach Einrichtung von Musterlagern seiner Produkte in Königstein, Schandau und sogar in der Residenzstadt Dresden.

Besonders forciert wurden diese Forderungen durch den 1878 gegründeten „Gebirgsverein für die Sächsisch-Böhmische Schweiz“.

1881 vermerkte man dort, dass sich die Vereinsindustrie der Ortsgruppe

„Schweizermühle und Umgebung“ des Gebirgsvereines (Zitat): „... hauptsächlich mit der Verfertigung von Naturholz-Meublement“ befasse, der Umsatz sei stetig steigend!

Aber auch noch andere Produkte aus Naturmaterialien wurden von Mitgliedern der Sektion, dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend hergestellt – so standen z.B. die Erzeugnisse des Mühlenbesitzers Otto Worm unweit der „Ottomühle“ aus Ästen, Moosen, Gräsern und getrockneten Waldfrüchten hoch im Kurs – man erwähnte diese auf Ausstellungen mehrmals lobend.

1881 trat auch Wilhelm Gnauke dem Gebirgsverein bei und hielt diesem reichlich 50 Jahre die Treue, verschiedene verantwortungsvolle Ämter bekleident.

Natürlich belieferte er seine Ortsgruppe mit neuen Ruhebänken aus seiner Werkstatt und stattete schwer zugängliche Aussichtspunkte wie z.B. den „Nachbar“, den „Friedrich-August-Stein“ („Sachsenstein“) und die „Johanniswacht“ mit stabilen Leitern, Treppen, Brücken und Geländern aus.

Auch Naturholzpavillons, Tempelchen und Pergolen für die Heilanstalt Bad Schweizermühle entstanden in einem weiteren Haus am Beginn des „Raubloches“, heute Talstraße Nr. 35.

Übrigens konnte man sich dort von Meister W.Gnauke auch in’s rechte Licht setzten und fotografieren lassen – er betrieb nebenbei auch ein Fotoatelier.

1880 gründete sich im OT Schweizermühle eine weitere Naturholzmöbelfirma – die Firma Otto Jänke, deren Werkstätten am Schweizermühlberg links Richtung Rosenthal am Ende des Waldes hinter einem sich dort einst befindlichen turmartigen Transformatorenhaus standen. Gegenüber die „Villa Höhenluft“, der damalige Firmensitz der Firma Jänke.

Unter der Leitung des Sohnes Kurt Jänke produzierte diese Firma bis Ende der 1940er / Anfang 1950er Jahre. In den 1960er Jahren riss man die ungenutzten hölzernen Gebäude ab, die Natur eroberte sich den einstigen Standort zurück und heute erinnert nichts mehr an diesen einstigen Handwerksbetrieb.

Nun zurück zur Firma Gnauke:

1931 übernahm Max Gnauke die Firma seines Vaters, der im selben Jahr verstarb und führt sie mit Erfolg bis 1968 fort, viele erhaltene Dankschreiben belegen dies.

1938 übernahm Max Gnauke den Vorsitz der „Ortsgruppe Schweizermühle und Umgebung“ des Gebirgsvereines bis Mai 1945, danach Verbot des Vereines durch die russische Besatzungsmacht.

Der Langenhennersdorfer „Dorfpoet“, Lehrer Hans Wunderlich, widmete Max Gnauke und seinem Handwerk 1941 sogar einige Reime (Zitat):

„Es kam aus diesem dunkeln Tor,

so manches Möbel schon hervor.

Doch dieses Handwerksmannes Kunst

ist nicht für dumpfen Stubendunst.

Das wahre Handwerk ist schlicht –

es braucht Maschinenhilfe nicht.

So war der Vater, sein Sohn schlug ein

im Handwerk und Gebirgsverein.“

Nach dem Ableben von Max Gnauke 1968 führt ein ehemaliger Mitarbeiter, Herr Willi Krämer, die Gnauk’sche Traditon für kurze Zeit fort.

Erst in der Werkstatt am Beginn des „Raubloches“, später, nach dem Erwerb des Gnauk’schen Grundstückes durch Frau Recknagel im eigenen Grundstück gegenüber (heute Uwe Heydt).

Abnehmende Nachfrage und wahrscheinlich auch zum Erlöschen dieses einst weithin bekannten und mit dem Namen Gnauke verbundenen und von dieser Firma über 90 Jahre erfolgreich betriebenen rustikalen Handwerkes.

(Quellen: „Über Berg und Thal“, Alte Reiseführer, Informationen von Frau L. Trinks, geb. Gnauke)

Noch erwähnenswert: Die ehemalige Naturholzmöbel-Werkstatt von Meister Gnauke am Beginn des „Raubloches“ diente in dem Fernsehfilm „Die Stunde des Wolfes“ 2010 als Filmkulisse (Försterwohnhaus)