Schon von Weitem ist die Johanneskirche in Kirschau mit ihrer Rundkuppel sichtbar. Sie hebt sich in ihrer Bauart deutlich von anderen Kirchen der Region ab und verdankt ihr Entstehen dem Aufschwung des Ortes zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Erbaut wurde sie 1924 vom Architekten Bohlig aus Dresden. Zur gleichen Zeit wurde auch das Ortszentrum in Kirschau gestaltet.
Bedingt durch die rasche Zunahme der Bevölkerung gab es bereits um 1900 erste Ideen für eine eigene Kirche in Kirschau. Es war zunächst vorgesehen, die Kirche in der Mitte des Dorfplatzes, wo später die Post und Girokasse entstanden, zu erbauen.
Vor 110 Jahren begann der erste Weltkrieg (1914-1918), 17 Millionen Menschen verloren ihr Leben. Auch 63 junge Männer Kirschaus büßten als Soldaten in diesem mörderischen Krieg ihr Leben ein. Ihre Namen finden sich auf zwei Tafeln am Aufgang zur Kirche. Einer von ihnen ist der am 26. Juli 1897 in Kirschau geborene Oberjäger Johannes Friese – gefallen am 31. Juli 1917, wenige Tage nach seinem 20. Geburtstag. Er war der einzige Sohn des Kirschauer Textilfabrikanten und Rittergutsbesitzers Adolf Friese (21. O3. 1869 – 24. 02. 1949).
Deshalb beschloss sein Vater, zur bleibenden Erinnerung eine würdige evangelische Kirche mit einem Pfarrhaus in Kirschau erbauen zu lassen und stiftete 1918 dafür 300 000 Mark. Das Grundstück für die Kirche, das Pfarrhaus und den bereits 1920 angelegten kommunalen Friedhof stellten die Wirtschaftsbesitzer Ritscher und Brösel zur Verfügung. Dem Bauausschuss und Kirchenvorstand gehörten neben Adolf Friese der Färbereiinhaber Hermann Paul, der Gutsbesitzer Adolf Schmeiß und der Kaufmann Ernst Bergmann an. Der Dresdner Architekt J.A. Bohlig, der auch das Kriegerdenkmal am Fuße der Kirche gestaltete, entwarf in Anlehnung an die Kirche in Moritzburg einen Rundbau mit Kuppeldach, der etwa 500 Personen einen Sitzplatz bietet.
In wirtschaftlich schwerer Zeit mit ständiger Geldentwertung (Inflation bis Ende 1923) musste der Bau dreimal neu veranschlagt werden. Die Grundsteinlegung erfolgte am 31. Juli 1922, dem fünften Todestag von Johannes Friese. Vorwiegend Kirschauer Firmen und Handwerker erhielten Aufträge zum Bau der Kirche.
So tätigten die Bauarbeiten das Baugeschäft Mietsch, die Zimmereiarbeiten die Firma Paul Pech, die Klempnereiarbeiten die Firma Schuster und die Tischlerarbeiten die Tischlereien Walde, Hensel, Weikert und Winter. Die Dachdeckerarbeiten führte die Firma Harig aus Sohland und den Turmuhreinbau die Firma Fischer aus Meißen aus. Bei der Betrachtung der Einrichtung erkennt man an den angebrachten Insignien, dass es sich um eine reine Stifterkirche handelt. Die im April 1923 in der Glockenstube angebrachten drei Bronzeglocken wurden vom Kirschauer Privatmann C.W. Paul gestiftet.
Die Orgel, 1923/24 von der Firma Gebr. Jehmlich aus Dresden geschaffen und eingebaut, war ein Geschenk der Firma Gebr. Friese, der Altar aus rötlichem Stein und das Altarbild des Malers Bernhard Müller aus Dresden wurde von Fabrikant Max Pelz und die Kanzel von Fabrikant C. Otto Engert gestiftet.
Den Taufstein spendete Gutsbesitzer Adolf Schmeiß und die farbigen Kirchenfenster, die die Apostel zeigen, wurden von Färbereibesitzer Paul, den Fabrikanten Richard und Gustav Wagner, Ziegeleibesitzer Ufer und von den Angestellten der Firmen Friese, Pelz und Engert gestiftet. Eine umfangreiche Spendenliste Kirschauer Bürger wird zudem im Pfarramt aufbewahrt. Die katholischen Einwohner beteiligten sich mit an der Finanzierung des Altarkreuzes. Ein katholischer Schlossermeister bezahlte das Kreuz auf der Laterne der Kuppel.
Der erste Kirchenneubau nach dem Ersten Weltkrieg in Sachsen wurde am 20. Oktober 1924 nach 27-monatiger Bauzeit unter großer Anteilnahme der Bevölkerung feierlich geweiht. Den Namen erhielt die Kirche nach dem Evangelisten Johannes, dessen Standbild das Kirchenportal schmückt. Dieses und die trauernde Gestalt am Kriegerdenkmal schuf der Dresdner Bildhauer Türcke.
In der damaligen Presse ist u.a. unter der Überschrift „Kirchweihfest in Kirschau“ zu lesen, dass im Ort eine festliche Atmosphäre herrschte. Gegen 10 Uhr setzte sich vom Rathaus aus, ein stattlicher Festzug von fast 1000 Menschen, begleitet vom Glockenklang und Musik mit den Vertretern des Kirchenbezirkes, den Geistlichen der Nachbargemeinden, der Amtshauptmannschaft und dem Stifter der Kirche an der Spitze in Bewegung.
Am Kirchenportal überreichte Architekt Bohlig dem Stifter Adolf Friese den Kirchenschlüssel.
Die Weihe nahm Superintendent Dr. Heber aus Radeberg vor, der auch bei der Grundsteinlegung am 31. Juli 1922 anwesend war. Die Predigt hielt der Landesbischof D. Ihmels. Um 17 Uhr folgte ein Abendgottesdienst, dessen Predigt Pfarrer Rentsch aus Wilthen hielt. Er hatte die „Kirchentochter“ Kirschau tags zuvor aus der „Mutterkirche“ in Wilthen, zu der sie seit 1834 gehörte, verabschiedet.
Das Pfarramt mit Gemeindesaal, Büro und Wohnung wurde zur gleichen Zeit erbaut.
Erster Pfarrer in Kirschau wurde von 53 Bewerbern Pfarrer Hammerschmitt aus Meißen, und erster langjähriger Kantor war der Lehrer und Chorleiter Johannes Franz. Bis 2024 nahmen zehn weitere Geistliche ihre Tätigkeit in Kirschau auf, wobei sie ab 2001 für die drei evangelischen Kirchen in Crostau, Schirgiswalde und Kirschau zuständig waren und sind.
Gegenwärtig ist Pfr. Karl-Friedrich Kottmeier als verantwortlicher Pfarrer angestellt und die Kirschauer Kirchgemeinde ist seit 2021 eine der sechs zum „Ev. – Luth. Kirchgemeindebund Bautzener Oberland“ gehörenden Gemeinden.
Eine sehr umfangreiche Außensanierung mit Dach und Fassade machte sich 2008 erforderlich und ließ die Kirche in neuem Glanz erstrahlen.
Die Jehmlich Orgel von 1924 wurde nach 90 Jahren für 48 000 Euro überholt. In den Folgejahren wurden das Glockengeläut sowie im Innenraum die Heizung, elektrische Anlagen und die Beleuchtung erneuert sowie auch einige gestalterische Details verbessert. Von außen wird die Johanneskirche seit 2012 in den Abendstunden angestrahlt und ist so in der dunklen Zeit von Weitem sichtbar.
Geplant ist im Folgenden eine Sanierung des Innenraumes der Kirche, wobei gegenwärtig die ehemalige Gestaltung des Altarbogens mit einer Sichtachse herausgearbeitet wird. Die Gemeinde wird dann entscheiden, wie unsere 100-Jährige in Zukunft aussehen wird.
Das 100. Kirchweihjubiläum feiert die Kirchgemeinde Kirschau mit einem Festwochenende vom 18. – 20.10.2024 und lädt recht herzlich dazu ein. Gesangesfreudige sind aufgerufen, den Festgottesdienst am 20.10.2024 mitzugestalten. Die Predigt wird vom Superintendenten Herrn Popp gehalten.