Liebe Ermlitzer,
die kommenden Worte sind mir ein sehr persönliches Anliegen und resultieren aus verschiedenen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen, die wir in den letzten Wochen gemacht haben. Für mich ist es wichtig, diese Worte auch zu schreiben und nochmals auf eine besonders sensible Thematik hinzuweisen…
Laut WHO ist jährlich am 10.09. der „Welttag der Suizidprävention“. Auch wenn wir alle diese Thematik oft sehr weit von uns wegschieben, wissen wir insbesondere seit Robert Enke und Andreas Biermann, dass Depressionen und Suizid auch im sportlichen Bereich anzutreffen sind. Stetiger Leistungsdruck und Versagensängste sind hier im Wesentlichen Faktoren, die (insbesondere in sportlichen Wettbewerben) die Anfälligkeit für jene psychischen Erkrankungen langfristig begünstigen können.
Wir als Vorstand, Trainer, Eltern oder Zuschauer haben es jetzt schon mehrfach erlebt, dass Kinder in Turnieren ihr Bestes geben. Und auch wenn sie sich wirklich bemühen und ihr Wissen und Können auf dem Spielfeld abzurufen versuchen, steht manchmal am Ende aber doch ein sehr niederschmetterndes Ergebnis auf der Anzeigetafel. Niemand von uns verliert gerne – erst recht nicht unsere Jüngsten, die mit deutlich mehr unbefangener Motivation jedes Spiel und Turnier bestreiten. Dennoch haben wir auch die Erfahrung machen müssen, dass zu einigen Auswärtsveranstaltungen Kindern ihr Können abgesprochen oder die erwachsene Enttäuschung über die dennoch erbrachte Leistung der Kids gestellt worden ist…
Unsere Kinder erleben im Alltag genug Ellenbogengesellschaft – in der Kita, in der Schule, in der Freizeit, in den Medien, manchmal auch Zuhause. Die Anbindung an einen Verein soll zwar einerseits den sportlichen Ehrgeiz der Kinder fördern, aber ihnen zugleich auch einen „Safespace“ bieten, in dem sie sich und ihre Fähigkeiten ausprobieren und erproben können. Die oben genannten sportlichen Begünstigungen kann jeder Einzelne von uns, als Vereinsmitglieder – Mitspieler, Trainer, Vorstand – von unseren SCHÜTZLINGEN abwenden. Erfolge dürfen gelobt werden und Niederlagen sollten als Erfahrung dienen. Es ist mir – persönlich! – nicht begreiflich, wieso man nach einem verlorenen Spiel noch weiter in die bereits verunsicherte Kinderseele sticht…
Ich bin als Vorstand wahnsinnig stolz auf unser gesamtes Trainer- und Fußballteam! Nach all den Jahren ist es keine leichte Aufgabe, nahezu komplett bei Null anzufangen und Kids – die früher nur im Garten mit Mama und Papa gekickt haben – ihr Wissen und Können zu vermitteln. Was in den letzten Monaten passiert ist, ist einfach unglaublich! Und trotz der vielen Niederlagen, die wir als Mannschaften der SG Ermlitz erlebt haben – und sicherlich auch noch erleben werden -, ist jedes Team als ein solches fest zusammengewachsen. „Fehler“ werden verziehen, man schlägt sich ab und agiert wieder gemeinsam. Insbesondere unsere Trainer haben hierfür genau das richtige Feingefühl, indem sie verlorene Spiele nicht konsequent weiter klein reden, sondern stets bemüht darum sind, diese als Erfahrungswerte zu verbuchen und daraus zu erleben. Sie trocknen Tränen, reichen Taschentücher und bauen unseren Nachwuchs immer wieder auf…
In diesem Sinne, fördert Eure Kinder, aber überfordert sie nicht. Passt auf sie auf und hört genau hin. Sie tun garantiert stets ihr Bestes, auch wenn es für die Erwachsenenwelt manchmal nicht so aussehen mag…
R. Wuerden
Vorstandsvorsitzende der SG Ermlitz