Titel Logo
Amtsnachrichten – Amtsblatt für das Amt Schlieben und die amtsangehörigen Gemeinden
Ausgabe 10/2025
Schliebener Land
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Die Bedeutung der Seife für Wohlbefinden und Gesundheit

Kernseife, Länge 8 cm

Waschbottich mit Waschbrett, Sammlung E. Kirchner, Hohenbucko

Dringender Aufruf zur Einsparung von Seife

Die Geschichte der Seife

Früheste Aufzeichnungen über die Herstellung seifenartiger Substanzen stammen aus Babylon in Mesopotamien aus der Zeit um 2800 v. Chr. Die Keilschrift einer sumerischen Tontafel aus der Zeit um 2500 v. Chr. beschreibt die Herstellung dieser "Seife" durch Erhitzen einer Mischung aus ÖL und Holzasche und deren Verwendung zum Waschen von Wollkleidung. Im vorchristlichen Ägypten dienten Kombinationen von tierischen Fetten oder pflanzlichen Ölen mit sodahaltigem Material aus ehemaligen Seen sowohl der Körperpflege wie auch dem Wäschewaschen.

In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten haben die Römer Verfahren zur Herstellung von "Seife" u.a. von den Germanen (Ziegentalg und Buchenholzasche) und den Galliern (tierische Fette und Seetangasche) übernommen. Die Araber ersetzten im 7. Jahrhundert n. Chr. Pottasche durch Alkalisalze und kochten diese zusammen mit Pflanzenölen so lange, bis diese Mischungen fest wurden. Ihre Erfindung führte zu Seifenstücken, wie wir sie heute kennen. Durch die Eroberungen der Araber kam dieses Wissen der Seifenherstellung nach Spanien und von dort nach Italien und Mitteleuropa. Darüber hinaus brachten Kreuzritter Seifenproben aus dem Orient zurück in ihre Heimatländer. Der Aufwand für die Seifenherstellung war aber hoch. So blieb die Nutzung von Seife wohlhabenden Bürgern und insbesondere dem Adel vorbehalten.

Chemische Zusammensetzung und Wirkungsweise klassischer Seifen

Zur Herstellung von Seife werden Pflanzenöle oder tierische Fette zusammen mit Alkalilaugen durch Erhitzen zur Reaktion gebracht. Bei diesem Prozess der Verseifung erfolgt eine Spaltung der organischen Substanzen, die mit der Abscheidung von Glyzerin und der Bildung von Alkalisalzen der Ölsäuren (der Seifen) verbunden ist. Beim Kochen von Öl oder Tierfett mit Natronlauge (NaOH) und Wasser bildet sich die bekannte Kernseife, die sich zu festen Stücken formen lässt. Kernseife erwies sich auf Grund ihrer Reinigungskraft und ihrer antiseptischen Wirkung von alters her als wichtiges Haushaltsmittel. Zugleich diente und dient Kernseife durch die Zuführung von rückfettenden Substanzen sowie Duft- und Farbstoffen auch als Basis für Toilettenseife und andere Seifenarten.

Wenn Kalilauge (KOH) anstelle von Natronlauge für die Verseifung verwendet wird, dann bildet sich die dickflüssige, pastöse Schmierseife. Sie eignet sich als Fettlöser ebenfalls ausgezeichnet für Reinigungszwecke. Daneben nutzte man sie früher auch bevorzugt zum Waschen von Wäsche, als dies vor der Einführung von Waschmaschinen in den 1960-er Jahren noch mit der Hand erfolgte. Das geschah damals in einem auf einem Untergestell befindlichen hölzernen Waschbottich. Auf dem gewellten Zinkblech des Waschbretts wurden die Textilien nach Zugabe von Seife gerieben, gerubbelt oder gar gebürstet. Der dabei entstehende Schaum half beim Abtransport des Schmutzes. Natürlich waren auch das nachfolgende Spülen und Auswringen alles Handarbeit. Kernseife und Schmierseife sind biologisch vollkommen abbaubar.

Die langgestreckten Moleküle der Seife haben an einem Ende atomare Bausteine, die sich gern an Wasser anlagern bzw. Wasser lieben (hydrophil sind) und sich am anderen Ende jedoch wasserabweisend (hydrophob) verhalten und sich lieber mit Fett verbinden. Diese Eigenschaft ist die Ursache dafür, dass Seife, wenn sie mit Wasser zusammengebracht wird, die Oberflächenspannung des Wassers reduziert. Seife ist damit eine oberflächenaktive Substanz, ein sogenanntes Tensid. Wenn man zum Reinigen bzw. Waschen Seife zum Wasser gibt, dann benetzt dieses Tensid die Oberfläche des Materials und bindet mit dem fettliebenden Teil fettlöslichen Schmutz und mit dem wasserliebenden Teil den wasserlöslichen Schmutz. Überschüssiges Wasser sorgt dafür, dass die Verunreinigungen weggespült werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Wasserhärte nicht zu groß ist, weil dann die Seife z.T. mit Kalzium reagiert und sich wasserunlösliche Kalkseifen bilden und ablagern.

Seife wird Massenprodukt

Im 19. Jahrhundert ermöglichten neue chemische Verfahren die preisgünstige Herstellung von u.a. Soda (Na2CO3) und damit von Natronlauge (NaOH). Zugleich führten bedingt durch die industrielle Entwicklung in dieser Zeit immer bessere technische Ausrüstungen zu einer enormen Ausdehnung der Seifenproduktion. Bei diesem Prozess überlebten jedoch nur größere Fabriken. So verblieb von den kleineren Seifensiedereien in Finsterwalde nur die Seifenfabrik A. Thierack übrig, die bis zur Verstaatlichung in den 1970-er Jahren Seife produzierte.

In Döbeln gab es die bekannte Seifenfabrik von H.O. Schmidt. Eine besonders große Seifenfabrik wurde 1909 von der "Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine (GEG)" in Riesa gegründet. Sie war der größte Seifenproduzent der DDR, der neben einem hohen Exportanteil 80 % des Seifenbedarfs des Landes herstellte. Inzwischen existieren diese drei nahen Fabriken nicht mehr.

Der Übergang zur großtechnischen Produktion machte Seife erschwinglich für Jedermann. Das führte zu besserer Pflege der Wäsche und größerer Sauberkeit im Haushalt. Gleichzeitig haben die damit verbundenen neuen hygienischen Bedingungen auch bei der ärmeren Bevölkerung zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation beigetragen.

In Kriegszeiten fehlen Öle und Fette

Bis zum Sommer 1914 importierte Deutschland für die Seifenproduktion in großen Mengen Rinder- und Hammeltalg aus Russland und Amerika sowie Australien und Südafrika. Darüber hinaus lieferten für den gleichen Zweck die USA Schweineschmalz und Knochenfett. Tran kam aus nordischen Ländern. Zu den Einfuhren gehörten ferner Oliven-, Sesam-, Hanf- und Sonnenblumenöl. Aus Tropenländern sind Kokos- und Palmöl bezogen worden. Infolge der Seeblockade der Entente standen seit Kriegsbeginn diese für die Seifenherstellung aus dem Ausland benötigten Importe nicht mehr zur Verfügung. Deutschland und Österreich mussten sich mit Rohstoffen behelfen, die es im eigenen Land gab. Genau diese Naturprodukte wurden aber auch benötigt in der Rüstungsindustrie, zur Versorgung der Truppen sowie zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung. Aus diesem Grund konnte nur ein sehr kleines Kontingent an Ölen und Fetten für die Seifenproduktion freigegeben werden.

In dieser Krisensituation rief man die Bevölkerung zu äußerster Sparsamkeit auf, wie der folgende Appell zeigt.

Eine weitere Maßnahme war die Einführung sogenannter Kriegsseife, die nur zu 20 % aus Fett hergestellt wurde. Für die restlichen 80 % dienten diverse Füllstoffe, wozu insbesondere Tonmineralien gehörten. Die Mittel zum Wäschewaschen enthielten sogar nur 5 % Seife und 95 % andere Stoffe. Im Laufe des Krieges ist der Anteil der Strecksubstanzen dann noch weiter erhöht worden. Parallel dazu wurden in den Zeitungen die hervorragenden Eigenschaften vielfältiger Ersatzstoffe gepriesen. So gab es sogar Reklame für "Ölfreie Tonseife". Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus dem Schliebener Stadt- und Landboten vom 9. Februar 1918, in dem man einen Sud aus Holzasche zum Wäschewaschen vorschlug.

Im Schliebener Stadt- und Landboten vom 9. 2. 1918

Um ungleiche Bezugsmöglichkeiten, Spekulationen und Schwarzmarkt zu unterbinden, sind 1916 in Deutschland Karten für Seife und Seifenpulver eingeführt worden, bei denen die Abgabemengen im weiteren Kriegsverlauf aber reduziert werden mussten. Im Hinblick auf den Nahrungsmittelmangel war es per Gefängnisstrafe verboten, Seife aus essbaren Fetten selbst herzustellen.

Bis in die 1930-er Jahre dienten nachwachsende Öle und Fette zur Seifenherstellung, die zur Hälfte aus dem Ausland importiert werden mussten. Um Devisen zu sparen und um möglichst autark zu sein, drängte die NS-Regierung die Industrie, auf Basis heimischer Kohle synthetische Seifen und Waschmittel zu entwickeln. Tatsächlich gelang es Chemikern der I.G. Farben AG, ein künstliches Waschmittel zu synthetisieren und dafür im Jahr 1940 eine großtechnische Anlage in Leuna in Betrieb zu nehmen. Das Produkt bezeichnet man "Mersol" (Merseburg und Oleo). Zusammen mit dem Neubau einer weiteren großtechnischen Anlage in Wolfen, konnte zum Kriegsende hin nahezu die Hälfte des Bedarfs an künstlichem Waschmittel gedeckt werden. Allerdings gab es doch Qualitätsprobleme im Vergleich zu traditionellen Waschmitteln. Daher wurden im Einheits-Ersatzwaschmittel dieser Zeit dem Mersol anfangs noch 20 % Anteile natürlicher Fettsäuren hinzugefügt, die jedoch später auf 10 %, 7 % und schließlich 5 % reduziert werden mussten. Seine Waschkraft nahm entsprechend ab. Wegen Mangel an Materialien erfolgte wie bei den meisten Produkten in dieser Zeit der Vertrieb der Ersatzwaschmittel in sogenannten Behelfsverpackungen.

Zur Körperreinigung wurde wie im 1. Weltkrieg wieder Tonseife empfohlen. Der Verkauf von "Einheitsfeinseife" und von "Waschpulver" erfolgte mit Hilfe der Reichsseifenkarte. Als es direkt nach dem Krieg weder Waschmittel noch Seife gab, hat man hier auf dem Lande gelegentlich unter Nutzung von minderwertigem Öl oder von Schlachtabfällen und Natronlauge selbst Seife gekocht. Anleitungen hierfür bietet inzwischen das Internet an.

Heutige Seifen und Waschmittel

Neben fester Seife gibt es inzwischen auch flüssige Seife im Angebot, deren Anwendung insbesondere in Hotels und öffentlichen Räumen von Vorteil ist, deren Spenderflaschen aber zu zusätzlichem Müll führen. Durch die Verwendung geeigneter synthetischer Tenside und einer Reihe anderer Stoffe unterscheiden sich flüssige Seife wie auch moderne Seifenstücke stark von der klassischen, aus natürlichen Rohstoffen hergestellten Seife. Bei den Naturseifen sind besonders bekannt französische Seifen aus Marseille und die unter Hinzunahme von Lorbeeröl produzierte Aleppo-Seife aus Syrien, die 2024 von der UNESCO in die Liste des immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen wurde. Ein Stück guter Seife, einst eine Kostbarkeit, liegt jetzt z.B. bei Rossmann meist ganz unten in den Regalen und wird zu niedrigen Preisen angeboten.

Bei den Waschmitteln hat die Forschung zu erhöhter Waschkraft und zur Verbesserung vieler Eigenschaften geführt. So sorgen inzwischen Enzyme für einen schnelleren Abbau von Eiweiß, Fett und Stärke in den Textilien. Biologisch leicht abbaubare Tenside und der Verzicht auf Phosphate erhöhten die Umweltverträglichkeit. Waschmaschinen und die daran angepassten modernen Waschmittel haben ganz wesentlich zu verbesserten Lebensbedingungen beigetragen.

Freundeskreis Zliuuini